Endymion - Pforten der Zeit & Die Auferstehung

Titel: Endymion - Pforten der Zeit & Die Auferstehung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons

Vom Netzwerk:

die Wolke, die schwärzer als eine Nacht ohne Mondschein war, und sein lippenloser Mund schloss sich und verschwand in dem nahtlosen Fleisch; das Kajak und sein Segel und ich waren nichts weiter als ein Schatten in der Flüssigkeit seines Verdauungstrakts.

13

    Kenzo Isozaki war nicht überrascht, als ihm die Schweizergarde einen Besuch abstattete.
    Der Oberst des Corps Helvetica und acht Soldaten mit in Orange und Blau gehaltenen Paradeuniformen, Energielanzen und Todesstrahlen trafen unangemeldet auf dem Torus Merkantilus ein, verlangten Präsident Isozaki in seinem privaten Büro zu sprechen und überreichten ihm einen verschlüsselten Diskey, durch den er aufgefordert wurde, sich formelle Kleidung anzulegen und vor Seiner Heiligkeit Papst Urban XVI. zu erscheinen. Unverzüglich.
    Der Oberst ließ Isozaki nicht aus den Augen, als er sein Privatgemach betrat, rasch duschte und seine förmlichste Kleidung anlegte, weißes Hemd, graue Weste, rote Krawatte, den zweireihigen schwarzen Anzug mit goldenen Knöpfen an den Seiten und ein Cape aus schwarzem Samt.
    »Darf ich meine Mitarbeiter anrufen und ihnen Anweisungen geben, falls ich geschäftliche Termine, die heute noch anberaumt sind, nicht einhalten kann?«, fragte er den Oberst, als sie aus dem Lift in die Empfangshalle traten, wo die Soldaten eine Art von goldenem und blauem Korridor zwischen den Arbeitsplätzen bildeten.
    »Nein«, sagte der Offizier der Schweizergarde.
    Ein Ramscout der Pax-Flotte war angedockt, wo normalerweise Isozakis persönliches Schiff lag. Die Pax-Besatzung schenkte dem Präsidenten des Merkantilus ein fast unmerkliches Nicken, wies ihn an, sich auf der Beschleunigungscouch festzuschnallen, und dann düsten sie durch das System, während zwei Kriegsschiffe auf dem taktischen Holo zu sehen waren, die Geleitschutzpositionen einnahmen.
    Sie behandeln mich wie einen Gefangenen, nicht wie einen Ehrengast, dachte Isozaki. Sein Gesichtsausdruck verriet natürlich nichts, aber die Woge einer Empfindung wie Erleichterung folgte dem Pulsschlag von Angst und Grauen in ihm. Er hatte seit seinem gesetzwidrigen Treffen mit Ratgeber Albedo damit gerechnet. Und seit jener schmerzlichen und traumatischen Begegnung hatte er so gut wie nicht geschlafen. Isozaki wusste, Albedo hatte keinen Grund, die Tatsache zu verheimlichen, dass der Merkantilus versucht hatte, mit dem TechnoCore in Verbindung zu treten, aber er hoffte, sie würden glauben, dass es sein Versuch war, seiner allein. Stumm dankte Isozaki allen Göttern, die möglicherweise zuhörten, dass seine Freundin und Stellvertreterin Anna Pelli Cognani sich nicht im Pacem-System aufhielt, sondern eine bedeutende Handelsausstellung auf Renaissance Vector besuchte.
    Von seiner Couch zwischen dem Oberst der Schweizergarde und einem der Soldaten konnte Isozaki das taktische Holo vor dem Pilotensitz sehen.
    Die Sphäre huschender Lichter und Farben mit ihren soliden Strichkodes war im höchsten Maße technisch, aber Isozaki war schon Pilot gewesen, bevor diese Jungs geboren worden waren. Er konnte sehen, dass sie nicht in Richtung der Welt Pacem beschleunigten, sondern einen Bestimmungsort nahe dem Trojanischen Punkt ansteuerten, direkt in der Mitte des Schwarms von Asteroidenstützpunkten und Systemverteidigungsforts der Pax-Flotte.
    Ein Orbitalgefängnis des Heiligen Offiziums, dachte Isozaki. Schlimmer als Castel Sant’ Angelo, wo die virtuellen Schmerzmaschinen angeblich rund um die Uhr liefen. In den Orbitalkerkern hörte niemand dein Schreien.
    Er war überzeugt, dass es sich bei der Anordnung, an einer Papstaudienz teilzunehmen, um reine Ironie handelte, ein Mittel zum Zweck, um ihn ohne Widerstand aus dem Pax Merkantilus zu bringen. Isozaki wäre jede Wette eingegangen, dass innerhalb von Tagen – möglicherweise Stunden – seine formelle Kleidung aus blutigen, schweißgetränkten Fetzen bestehen würde.
    Er irrte sich in jeder Hinsicht. Der Ramscout bremste über der Ebene der Ekliptik, und da wurde ihm klar, welches Ziel sie hatten: Castel Gandolfo, die »Sommerresidenz« des Papstes. Der Diskeymonitor an der Couch des Präsidenten funktionierte, und Isozaki rief eine Außenansicht auf, als der Ramscout die Eskorte der Kriegsschiffe hinter sich ließ und dem massiven, kartoffelförmigen Asteroiden entgegensank. Castel Gandolfo war mit mehr als vierzig Klicks Länge und einem Durchmesser von fünfundzwanzig eine eigene kleine Welt; ihr blauer Himmel und die sauerstoffreiche Luft wurden von