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Endymion - Pforten der Zeit & Die Auferstehung

Titel: Endymion - Pforten der Zeit & Die Auferstehung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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große, lodernde Trümmer zerbrach, die alle erloschen, noch ehe sie den Horizont erreichten. Dieses letzte brennende Bruchstück eines Raumschiffs schien sich im letzten Augenblick in seinem Absturz aufzubäumen, während gelbe Lichtpünktchen ihm vorausschossen und es ausbremsten, bevor es außer Sicht verschwand.
    Wir warteten noch eine halbe Stunde auf der oberen Plattform, aber abgesehen von Dutzenden Bahnen von Fusionsflammen in den ersten paar Minuten – Sternenschiffe, die beschleunigten und sich von T’ien Shan entfernten, wie ich wusste – gab es nichts mehr zu sehen. Schließlich waren die Sterne wieder die hellsten Pünktchen am Himmel, und alle Anwesenden zogen sich zurück – der Dalai Lama schlief in den hiesigen Quartieren der Mönche, andere bezogen dauerhafte oder vorübergehende Unterkünfte auf den tiefer gelegenen Plattformen.
    Aenea bat einige von uns zu bleiben – Rachel und Theo, A. Bettik, Lhomo Dondrub und mich.
    »Das ist das Zeichen, auf das ich gewartet habe«, sagte sie sehr leise, als alle anderen die Plattform verlassen hatten. »Wir müssen morgen aufbrechen.«
    »Aufbrechen?«, sagte ich. »Wohin? Warum?«
    Aenea berührte mich am Unterarm. Ich interpretierte es als: Werde ich später erklären. Ich verstummte, während die anderen das Wort ergriffen.
    »Die Flügel sind bereit, Lehrende«, sagte Lhomo.
    »Ich habe mir die Freiheit genommen, die Hautanzüge und Atemgeräte in M. Endymions Quartier zu überprüfen, während Sie alle weg gewesen sind«, sagte A. Bettik. »Alle sind funktionstüchtig.«
    »Wir beenden die Arbeit und organisieren die Feier morgen«, sagte Theo.
    »Ich wünschte, ich könnte mitkommen«, sagte Rachel.
    »Wohin?«, fragte ich trotz meiner Bemühungen, den Mund zu halten und zuzuhören.
    »Du bist eingeladen«, sagte Aenea, die immer noch meinen Arm be-rührte. Das beantwortete meine Frage eigentlich nicht. »Lhomo und A.
    Bettik... wenn ihr beide noch bereit seid.«
    Lhomo Dondrub ließ sein breites Grinsen sehen. Der Androide nickte.
    Mir drängte sich der Verdacht auf, dass ich der Einzige im ganzen Tempelkomplex war, der keine Ahnung hatte, was eigentlich vor sich ging.
    »Gute Nacht alle zusammen«, sagte Aenea. »Wir brechen bei Morgengrauen auf. Ihr müsst nicht kommen, um uns zu verabschieden.«
    »Von wegen«, sagte Rachel. Theo nickte zustimmend. »Wir werden hier sein, um Auf Wiedersehen zu sagen«, fuhr Rachel fort.
    Aenea nickte und berührte sie an den Armen. Alle kletterten Leitern hinunter oder rutschten Kabel hinab.
    Aenea und ich waren allein auf der Plattform. Nach der Schlacht wirkte der Himmel um so dunkler. Ich sah, dass Wolken sich über den Berg-kuppen zusammenbrauten und die Sterne wegwischten wie ein nasses Handtuch, das über eine Schiefertafel gerieben wird. Aenea machte die Tür unseres Schlafgemachs auf, ging hinein, zündete die Laterne an, kehrte zurück und blieb am Eingang stehen. »Kommst du, Raul?«
    Wir unterhielten uns. Aber nicht gleich.
    Der Geschlechtsverkehr wirkt immer absurd, wenn man ihn beschreibt –
    selbst der Zeitpunkt unseres Geschlechtsverkehrs wirkt in dieser Schilderung absurd, da der Himmel buchstäblich einstürzte und meine Geliebte an jenem Abend eine Art letztes Abendmahl durchgeführt hatte –, aber der Geschlechtsverkehr ist niemals absurd, wenn man ihn mit dem Menschen betreibt, den man wahrhaftig liebt. Und das traf auf mich zu.
    Wenn mir das vor der Nacht nach dem letzten Abendmahl nicht klar gewesen war, da wurde es mir klar – vollkommen, durch und durch und ohne Rückhalt.
    Etwa zwei Stunden später zog Aenea einen Kimono an, und ich warf ein Yukata über, und dann gingen wir von der Schlafmatte zu der offenen Shoji-Wand hinüber. Aenea machte Tee mit dem kleinen Kocher, der in die Tatami eingelassen war, und dann nahmen wir unsere Tassen und lehnten uns mit dem Rücken an die gegenüberliegenden Shoji-Rahmen, sodass sich unsere nackten Zehen und Beine berührten und meine rechte Seite und ihr linkes Knie über den kilometertiefen Abgrund ragten. Die Luft war kühl und roch nach Regen, aber der Sturm war nördlich von uns vorbeigezogen.
    Der Gipfel des Heng Shan verbarg sich hinter Wolken, aber die tieferen Hänge wurden von konstanten Blitzschlägen erleuchtet.
    »Ist Rachel wirklich die Rachel aus den Cantos?«, fragte ich. Es war nicht die Frage, die ich am meisten stellen wollte, aber ich hatte Angst davor, sie zu stellen.
    »Ja«, sagte Aenea. »Sie ist die Tochter von Sol

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