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Endymion - Pforten der Zeit & Die Auferstehung

Titel: Endymion - Pforten der Zeit & Die Auferstehung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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und neigte mich vorwärts, bis ich bäuchlings in dem Harnisch hing. Ich hatte A. Bettiks blaues Segel schon aus den Augen verloren. Die wabernden Wolken verwirrten mich und raubten mir die Orientierung. Ich zog am Steuerknüppel, neigte den Hanggleiter, wie ich es beigebracht bekommen hatte, und starrte angestrengt in den Nebel, um eine Spur der anderen Drachen zu sehen.
    Nichts. Zu spät wurde mir klar, dass ich den Knüppel zu lange gehalten hatte. Oder hatte ich ihn zu früh losgelassen? Ich nivellierte die Tragfläche und spürte, wie Aufwinde den Stoff über mir bauschten, konnte aber nicht sagen, ob ich tatsächlich höher stieg, weil ich blind war. Der Nebel war wie eine schreckliche Schneeblindheit. Ohne nachzudenken, rief ich und hoffte, einer der anderen würde den Ruf erwidern, damit ich mich orientieren konnte. Ein Mann beantwortete meinen Ruf aus einer Entfernung von wenigen Metern. Es war meine eigene Stimme, die von der vertikalen Felswand hallte, gegen die ich jeden Moment prallen würde.
    Nemes, Scylla und Briareus gehen von der Pax-Enklave auf dem Phallus des Schiwa zu Fuß nach Süden. Die Sonne steht hoch, dichte Wolken haben sich im Osten zusammengeballt. Damit man von der Pax-Enklave zum Winterpalast in Potala reisen konnte, war die alte Hochstraße nach Südwesten auf dem Koko-Nor-Grat repariert und verbreitert worden, und außerdem war eine spezielle Kabelplattform gebaut worden, wo das zehn Klicks lange Stahlseil vom Koko Nor nach Südwesten zum Palast führte.
    Eine eigens für die Diplomaten des Pax eingerichtete Gondel hängt nun an Flaschenzügen über der neuen Plattform. Nemes drängt sich als Erste in die Schlange und steigt ein, ohne den Blicken der kleinen Leute in dicken Chubas Beachtung zu schenken, die sich auf den Treppen und der Plattform drängen. Als ihre Klongeschwister die Kabine betreten haben, löst sie die beiden Bremsen und lässt die Gondel über den Abgrund rasen.
    Dunkle Wolken brauen sich über dem Berg des Palastes zusammen.
    Ein Trupp von zwanzig Palastwachen mit Hellebarden und primitiven Energielanzen begrüßt sie auf den Stufen der Großen Terrasse an der Westseite des Grats Gelber Hut, wo sich der Palast mehrere Kilometer vertikal an der Ostwand hinab in die Tiefe erstreckt. Der Captain der Garde ist unterwürfig. »Sie müssen hier warten, bis wir eine Ehrengarde zusammengestellt haben, die Sie in den Palast geleitet, hochverehrte Gäste«, sagt er und verbeugt sich.
    »Wir ziehen es vor, allein hineinzugehen«, sagt Nemes.
    Die zwanzig Wachen ducken sich mit präsentierten Lanzen. Sie bilden eine solide Wand aus Eisen, Zygeißenfell, Seide und kunstvollen Helmen.
    Der Kapitän der Garde verbeugt sich noch tiefer. »Ich entschuldige mich für meine Unwürdigkeit, hochverehrte Gäste, aber es ist nicht möglich, den Winterpalast ohne Einladung und eine Ehrengarde zu betreten. Beide werden in einer Minute hier sein. Wenn Sie so freundlich sein würden, im Schatten unter dem Dach jener Pagode dort zu warten, verehrte Gäste, eine Person angemessenen Ranges wird in wenigen Minuten eintreffen, um Sie zu begrüßen.«
    Nemes nickt. »Tötet sie«, sagt sie zu Scylla und Briareus und nähert sich dem Palast, während sich ihre Geschwister phasenverändern.
    Für den langen Marsch durch den Palast kommen sie aus der veränderten Phase herunter und phasen nur hoch, um Wachen und Diener zu töten. Als sie die Haupttreppe hinunterkommen und sich dem Pargo Kaling nähern, dem Großen Westportal auf dieser Seite der Kyi-Chu-Brücke, versperrt ihnen Regent Reting Tokra mit fünfhundert der besten Männer seiner Palastwache den Weg. Einige dieser Elitekämpfer haben Schwerter und Speere dabei, aber die meisten halten Armbrüste, Projektilgewehre und primitive Energiewaffen in der Hand.
    »Commander Nemes«, sagt Tokra und neigt den Kopf ein wenig, verbeugt sich aber nicht so weit, dass er Blickkontakt mit der Frau vor ihm verlieren würde. »Wir haben gehört, was Sie auf dem Schiwling getan haben. Sie können nicht weitergehen.« Tokra nickt jemandem hoch droben in den glänzenden Augen des Pargo-Kaling-Turms zu, worauf die schwarze Chrombrücke lautlos in den Berg gleitet. Nur die starken Haltetaue weit oben bleiben, und die sind mit Stacheldraht und reibungsfreiem Gel gesichert.
    Nemes lächelt. »Was machen Sie da, Tokra?«
    »Seine Heiligkeit ist zum Hsuan-k’ung Ssu gegangen«, sagt der Regent mit dem schmalen Gesicht. »Ich weiß, warum Sie dorthin unterwegs

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