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Endymion - Pforten der Zeit & Die Auferstehung

Titel: Endymion - Pforten der Zeit & Die Auferstehung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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gelegenen giftigen Wolken hin abfiel. Während bestimmter Wochen im Frühling ließen Gezeiten und Launen von Ozean und Wolken die giftigen Dämpfe so weit absinken, dass der Grat wieder zum Vorschein kam und es Nachschubkarawanen, Pilgern, Mönchen, Händlern und Neugierigen ermöglichte, vom Mittleren Königreich ostwärts zum T’ai Shan zu reisen, dem hohen Gipfel des Mittleren Königreiches, der unzugänglichsten bewohnbaren Gegend des Planeten. Die Mönche, die auf dem T’ai Shan lebten, sagte man, kehrten niemals ins Mittlere Königreich oder in den Rest der Berge des Himmels zurück – seit ungezählten Generationen hatten sie ihr Leben den geheimnisvollen Gräbern, Gompas, Zeremonien und Tempeln auf diesem heiligsten aller Berge gewidmet. Nun, da das Wetter für uns immer schlechter wurde, wurde mir bewusst, dass wir nach Beginn des Abstiegs erst merken würden, dass wir von den brodelnden Monsunwolken in die brodelnden Giftwolken gerieten, wenn die vergiftete Luft uns tötete.
    Wir stiegen nicht ab. Nach mehreren Stunden weitgehend stummer Wanderschaft erreichten wir die Klippe an der Ostgrenze des Mittleren Königreichs. Der Berg T’ai Shan war natürlich nicht zu sehen – obwohl sich die Wolken ein klein wenig gelichtet hatten, konnte man kaum etwas erkennen, abgesehen von der nassen Felswand vor uns und den wallenden Nebel- und Wolkenschwaden rings um uns.
    Hier, am östlichen Rand der Welt, war der Sims breit, und wir setzten uns dankbar darauf, als wir kalte Konserven aus den Rucksäcken holten und aus unseren Wasserflaschen tranken. Die kleinen sukkulenten Pflanzen, die dieses steile Flechtenfeld überzogen, schwollen an, als sie sich mit der ersten Feuchtigkeit der Monsunmonate voll sogen.
    Als wir gegessen und getrunken hatten, öffneten Lhomo und A. Bettik unsere drei schweren Bündel. Aenea öffnete ihren eigenen Rucksack, der schwerer aussah als diejenigen, die wir Männer getragen hatten. Mich überraschte nicht, was in diesen drei Paketen eingeschlagen war – Nylon, Streben und Gestänge aus einer Legierung, Seile und Schnüre; und in Aeneas Rucksack noch mehr davon, aber darüber hinaus zwei Hautanzüge und Atemgeräte, die ich vom Schiff mitgebracht und fast vergessen hatte.
    Ich seufzte und sah nach Osten. »Also werden wir versuchen, zum T’ai Shan vorzustoßen«, sagte ich.
    »Ja«, sagte Aenea. Sie begann sich auszuziehen.
    A. Bettik und Lhomo wandten sich ab, aber mein Herz pochte vor Wut bei dem Gedanken, dass andere Männer meine Geliebte nackt sahen. Ich riss mich zusammen, legte den anderen Hautanzug bereit und schälte mich aus meiner eigenen Kleidung, die ich Schicht für Schicht zusammenlegte und im Rucksack verstaute. Die Luft war kalt, der Nebel klamm auf meiner Haut.
    Lhomo und A. Bettik setzten die Paragleiter zusammen, während Aenea und ich uns anzogen – die Hautanzüge nicht mehr als das, fast buchstäblich eine zweite Haut, aber Harnisch und Schnüre der Atemgeräte ermöglichten uns ein Mindestmaß an züchtiger Bedeckung. Die Kapuze schmiegte sich enger als eine Tauchermaske an meinen Kopf und drückte mir die Ohren flach an den Schädel. Nur die Filter ließen Schall durch: Sie würden Kom-Faser-Übertragungen empfangen, sobald wir uns tatsächlich außerhalb der Atmosphäre befanden.
    Lhomo und A. Bettik hatten aus den Teilen, die wir transportiert hatten, vier Paragleiter zusammengebaut. Als wollte er meine unausgesprochene Frage beantworten, sagte Lhomo: »Ich kann euch nur die Thermik zeigen und gewährleisten, dass ihr die Strahlströmung erreicht. Ich kann in dieser Höhe nicht überleben. Und ich möchte nicht zum T’ai Shan, wenn kaum eine Chance besteht, wieder zurückzukehren.«
    Aenea berührte den kräftigen Mann am Arm. »Wir sind dankbarer, als Worte ausdrücken können, dass du uns zur Strahlströmung führst.«
    Der kühne Flieger errötete wahrhaftig.
    »Was ist mit A. Bettik?«, fragte ich, dann wurde mir klar, dass ich über unseren Freund sprach, als wäre er nicht da; ich drehte mich zu dem Androiden um und sagte: »Was ist mit Ihnen? Wir haben keinen Hautanzug und keine Atemmaske für Sie.«
    A. Bettik lächelte. Ich war stets der Meinung gewesen, dass sein seltenes Lächeln den weisesten Gesichtsausdruck darstellte, den ein menschliches Antlitz zustande brachte – auch wenn der Mann mit der blauen Haut streng genommen kein Mensch war.
    »Sie vergessen, M. Endymion«, sagte er, »dass ich entwickelt wurde, um etwas mehr Missbrauch zu

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