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Endymion - Pforten der Zeit & Die Auferstehung

Titel: Endymion - Pforten der Zeit & Die Auferstehung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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sausenden Blase ruhiger Luft festhielt, hatte ich schon lange die Thermojacke und meine Handschuhe angezogen.
    Jenseits der Berge sah ich, im raschen Sturzflug begriffen, damit ich mich stets dicht über dem zerklüfteten Gelände hielt, wie die Tundra in Marschland überging, das Marschland in Felder mit verkrüppeltem Immerblau und Triaspen, und dann verschwanden diese Hochgebirgsbäume, und das Leuchten der Tesla-Flammenwälder wurde im Osten sichtbar wie eine falsche Dämmerung.
    Ich verstaute die Nachtsichtbrille in meinem Rucksack. Der Anblick vor mir war wunderschön und irgendwie Furcht einflößend – der gesamte östliche Horizont knisterte und prasselte vor Elektrizität, Kugelblitze sprangen zwischen den hundert Meter hohen Teslabäumen hin und her, Kettenblitze zuckten zwischen Tesla- und explodierenden Prometheusbäumen durch die Luft, Phönixgestrüpp und vereinzelte Bodenfeuer loderten an hundert Stellen. Martin Silenus und A. Bettik hatten mich beide davor gewarnt, und ich steuerte die Hawking-Matte höher, weil ich das Risiko, in dieser Höhe entdeckt zu werden, dem Schicksal vorzog, in diesen elektrischen Mahlstrom unter mir zu geraten.
    Nach einer weiteren Stunde konnte ich hinter der Glut der Flammenwälder die erste Andeutung des Sonnenaufgangs erkennen, aber als der Himmel gerade heller und es richtig Tag wurde, blieben die Flammenwälder hinter mir zurück, und die Kluft kam in Sichtweite.
    Ich hatte bemerkt, dass mein Flug seit etwa vierzig Minuten aufwärts ging, als ich die Route über das Pinion Plateau auf der zerknitterten Topokarte überprüfte, doch nun spürte ich die Höhe, als die tiefe, große Verwerfung in diesem Teil von Aquila vor mir auftauchte. Die Kluft war auf ihre Weise ebenso furchteinflößend wie die Flammenwälder – schmal, vertikal, dreitausend Meter schnurgerade Felswand, die von dem flachen Land darüber abfiel. Ich überquerte den südlichen Rand des gewaltigen Risses im Kontinent und stieß auf den drei Kilometer tiefer gelegenen Fluss hinab. Die Kluft verlief weiter nach Osten, und der Fluss unter mir toste fast mit derselben Geschwindigkeit wie die Matte unter mir dahin, während ich bremste. Binnen weniger Augenblicke verdunkelte sich der Morgenhimmel über mir, und die Sterne kamen wieder zum Vorschein; es war, als wäre ich in einen tiefen Brunnen gefallen. Der Fluss am Fundament dieser schrecklichen Felsklippen war wild, von riesigen Eisschollen verstopft und musste sich einen Weg über Felsbrocken bahnen, die so groß waren wie das Raumschiff, das ich zurückgelassen hatte. Ich hielt mich fünf Meter über der Gischt und bremste weiter ab. Es konnte nicht mehr weit sein.
    Ich sah auf meine Uhr, dann auf die Karte. Irgendwo innerhalb der nächsten zwei Klicks müsste er vor mir auftauchen... da!
    Er war größer, als sie es beschrieben hatten – mindestens dreißig Meter Seitenlänge, und exakt quadratisch. Der Eingang zum planetarischen Labyrinth war in Form eines Tempeleingangs oder eines gigantischen Tores gemeißelt worden. Ich bremste die Hawking-Matte noch weiter ab, steuerte nach links und hielt vor dem Eingang. Meiner Uhr zufolge hatte es knapp neunzig Minuten gedauert, die Kluft zu erreichen. Das Tal der Zeitgräber lag immer noch tausend Klicks nördlich von hier. Vier Stunden Flugzeit bei Höchstgeschwindigkeit. Ich sah wieder auf die Uhr – vier Stunden und zwanzig Minuten bis zu dem Zeitpunkt, zu dem das Kind aus der Sphinx herauskommen sollte.
    Ich steuerte die Hawking-Matte Stück für Stück in die Höhle hinein. Ich versuchte, mir die Einzelheiten der Geschichte des Priesters aus den Cantos des alten Mannes ins Gedächtnis zu rufen, konnte mich aber nur erinnern, dass es hier – unmittelbar hinter dem Eingang zum Labyrinth – gewesen war, wo Pater Duré und die Bikura das Shrike und die Kruziformen gefunden hatten.
    Ich sah kein Shrike. Das überraschte mich nicht – die Kreatur war seit dem Fall des Weltennetzes vor zweihundertvierundsiebzig Jahren nicht mehr gesehen worden. Es gab keine Kruziformen mehr. Auch das überraschte mich nicht – der Pax hatte sie schon vor langer Zeit von diesen Höhlenwänden geerntet.
    Mir war bekannt, dass alle von dem Labyrinth wussten. In der alten Hegemonie hatte es neun bekannte Labyrinthwelten gegeben. Diese Welten waren alle erdähnlich – 7,9 auf der uralten Solmev-Skala –, davon abgesehen, dass sie tektonisch tot waren, in dieser Hinsicht dem Mars ähnlicher als der Erde. Die Tunnel der

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