Endymion - Pforten der Zeit & Die Auferstehung
Dauer des Steigflugs nicht über die Schulter zu sehen. Tausend oder mehr Meter offenes Gelände direkt unter mir wären möglicherweise mehr gewesen, als meine überanstrengten Nerven ertragen konnten.
Wir erreichten den oberen Rand der Felswand – plötzlich waren Treppenstufen hineingeschnitten, Steinterrassen und Monsterfratzen –, und ich brachte den Teppich wieder in die Waagerechte.
Die Schweizergarde hatte Beobachtungsposten, Detektorstationen und Luftabwehrbatterien hier auf den Terrassen und Felszinnen auf der östlichen Seite der Chronos Keep postiert. Das Schloss selbst – direkt aus dem Fels der Gebirgswand gehauen – ragte mehr als hundert Meter über uns auf, und seine überhängenden Türmchen und Balkone befanden sich direkt über unseren Köpfen. Auf diesen flachen Arealen hielten sich weitere Schweizergardisten auf.
Sie waren alle tot. Ihre Leichen, die noch die undurchdringlichen gepanzerten Kampfanzüge trugen, lagen in den unmissverständlichen Haltungen des Todes herum. Manche waren in Gruppen gestürzt, ihre zerfetzten Gestalten sahen aus, als wäre eine Plasmabombe in ihrer Mitte explodiert.
Aber die Körperpanzer des Pax konnten einer Plasmagranate auf diese Entfernung widerstehen. Diese Männer waren in Stücke gerissen worden.
»Nicht hinsehen«, rief ich über die Schulter und bremste die Matte, als wir am südlichen Ende der Keep wendeten. Es war zu spät. Aenea sah mit aufgerissenen Augen nach unten.
»Der Teufel soll ihn holen!«, schrie sie wieder.
»Wen soll der Teufel holen?«, fragte ich, aber in diesem Augenblick flogen wir über das Gartengelände am südlichen Ende der Keep und sahen, was sich dort befand. Brennende Skarabäus-Kettenfahrzeuge und ein umgestürzter Gleiter lagen auf dem Areal verstreut. Dazwischen noch mehr Tote wie Spielsachen, die ein wütendes Kind weggeworfen hatte. Eine CBP-Lanzet, deren Strahlen bis in. einen niederen Orbit reichen konnten, lag zerschmettert und brennend neben einer Zierhecke.
Das Schiff des Konsuls schwebte auf einem blauen Plasmastrahl sechzig Meter über dem Springbrunnen in der Mitte. Dampfwolken stiegen ringsum empor. A. Bettik stand an der offenen Luftschleuse und winkte uns.
Ich flog direkt auf die Schleuse zu, und zwar so schnell, dass der Androide beiseite springen musste und wir tatsächlich über den polierten Boden des Korridors schlitterten.
»Los!«, schrie ich, aber entweder hatte A. Bettik den Befehl bereits gegeben, oder das Schiff brauchte ihn nicht. Trägheitskompensatoren verhinderten, dass wir zu Brei zerquetscht wurden, als das Schiff beschleunigte, aber wir konnten das Brüllen des Fusionsantriebs und die Atmosphäre hören, die heulend an der Schiffshülle vorbeistrich, als das Raumschiff des Konsuls sich von Hyperion entfernte und zum ersten Mal seit zwei Jahrhunderten wieder in den Weltraum startete.
16
»Wie lange war ich bewusstlos?« Pater Captain de Soya packt den Sanitäter am Kittel.
»Äh... dreißig, vierzig Minuten, Sir«, antwortet der Sanitäter und versucht, sein Hemd loszureißen. Es gelingt ihm nicht.
»Wo bin ich?« De Soya spürt jetzt die Schmerzen. Sie sind ausgesprochen intensiv – ihr Mittelpunkt ist sein Bein, aber sie strahlen überall hin –, jedoch erträglich. Er beachtet sie nicht.
»An Bord der St. Thomas Akira, Pater Sir.«
»Der Truppentransporter...« De Soya fühlt sich schwindelig, abwesend.
Er betrachtet sein mittlerweile von dem Druckverband befreites Bein. Es ist mit dem Oberschenkel nur noch durch Fetzen von Muskeln und Gewebe verbunden. Ihm wird klar, dass Gregorius ihm ein schmerzstillendes Mittel gegeben haben muss – nicht genug, um diese Sturzflut der Schmerzen völlig abzublocken, aber ausreichend für dieses narkotische Hochgefühl.
»Verdammt.«
»Ich fürchte, die Chirurgen werden amputieren«, sagt der Sanitäter. »In den Operationssälen herrscht Hochbetrieb. Aber Sie sind der Nächste, Sir.
Wir haben eine Triage durchgeführt und....«
De Soya merkt, dass er immer noch das Hemd des jungen Sanitäters festhält. Er lässt los. »Nein.«
»Pardon, Pater Sir?«
»Sie haben schon verstanden. Es wird nicht operiert, bevor ich mit dem Kapitän der St. Thomas Akira gesprochen habe.«
»Aber Sir... Pater Sir... Sie werden sterben, wenn Sie nicht...«
»Ich bin schon mal gestorben, mein Junge.« De Soya kämpft gegen eine Woge des Schwindelgefühls. »Hat ein Sergeant mich auf dieses Schiff gebracht?«
»Ja, Sir.«
»Ist er noch da?«
»Ja,
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