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Endymion - Pforten der Zeit & Die Auferstehung

Titel: Endymion - Pforten der Zeit & Die Auferstehung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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erkennen. Es war tollkühn, in dieser Höhe zu fliegen –
    mit Sicherheit wurden wir von jedem taktischen Sensor, Detektor, Radar und jeder Zielerfassung in der Gegend anvisiert. Abgesehen vom Eindruck eines völligen Chaos, das wir hinter uns zurückgelassen hatten, hatte ich keine Ahnung, warum sie nicht auf uns geschossen hatten. Es sei denn...
    Ich sah wieder über die Schulter. Das Mädchen beugte sich dicht an meinen Rücken und schirmte das Gesicht vor dem wirbelnden Sand ab.
    »Alles in Ordnung?«, rief ich.
    Sie nickte und berührte mit der Stirn meinen Rücken. Ich hatte den Eindruck, dass sie weinte, wusste es aber nicht genau.
    »Ich bin Raul Endymion«, rief ich.
    »Endymion«, sagte sie und zog den Kopf zurück. Ihre Augen waren rot, aber trocken. »Ja.«
    »Du bist Aenea...« Ich verstummte. Mir fiel nichts Intelligentes ein, das ich hätte sagen können. Ich überprüfte den Kompass, korrigierte die Richtung und hoffte, dass unsere Höhe ausreichte, um den Dünen jenseits des Tals auszuweichen. Ich schaute ohne große Hoffnung auf und fragte mich, ob die Plasmaspur des Schiffs durch den Sturm zu sehen sein würde.
    Ich sah nichts.
    »Onkel Martin hat dich geschickt«, sagte das Mädchen. Es war keine Frage.
    »Ja«, brüllte ich zurück. »Wir gehen... nun, das Schiff... Es war vereinbart, dass es uns in der Chronos Keep abholt, aber wir sind zu spät...«
    Keine dreißig Meter rechts von uns zuckte ein Blitz durch die Wolken.
    Das Kind und ich fuhren zusammen, und wir duckten uns. Bis auf den heutigen Tag weiß ich nicht, ob es wirklich ein Blitz gewesen ist oder ob jemand auf uns geschossen hat. Zum hundertsten Mal an diesem nicht enden wollenden Tag verfluchte ich dieses uralte und primitive Fluggerät – keine Geschwindigkeitsanzeige, kein Höhenmesser. Das Tosen des Windes außerhalb des Deflektorfelds deutete darauf hin, dass wir mit Höchstgeschwindigkeit flogen, aber da es in den wabernden Sandschleiern keinerlei Anhaltspunkte gab, konnte man es nicht genau sagen. Es war so schlimm wie der Flug durch das Labyrinth, aber dort hatte ich mich wenigstens auf das Programm des Autopiloten verlassen können. Hier würde ich bald bremsen müssen, auch wenn die gesamte Schweizergarde uns auf den Fersen war: das Bridle Range Gebirge mit seinen lotrechten Felswänden lag irgendwo direkt vor uns. Bei fast dreihundert Klicks pro Stunde müssten wir die Berge und die Keep in sechs Minuten erreichen.
    Ich hatte auf die Uhr gesehen, als wir beschleunigt hatten, nun sah ich wieder darauf. Viereinhalb Minuten. Den Karten zufolge, die ich studiert hatte, endete die Wüste unvermittelt an den Felswänden des Bridle. Ich würde noch eine Minute warten...
    Dann geschah alles gleichzeitig.
    Plötzlich hatten wir den Sandsturm hinter uns gelassen; er ließ nicht nach, wir flogen einfach aus ihm heraus wie unter einer Decke hervor. Im selben Augenblick sah ich, dass unsere Flugroute leicht abwärts führte –
    oder der Boden hier stieg an – und wir innerhalb von Sekunden mit einem riesigen Felsen zusammenstoßen würden.
    Aenea schrie. Ich achtete nicht auf sie, schlug mit beiden Händen auf die Bedienungsmuster ein, wir schossen mit so viel Beschleunigung über den Felsen hinweg, dass uns die Fliehkraft auf die Hawking-Matte drückte, und in diesem Augenblick sahen das Kind und ich, dass wir uns zwanzig Meter von der Felswand entfernt befanden. Es gab keine Möglichkeit zu bremsen.
    Ich wusste, theoretisch ließ Sholokovs Konstruktion der Hawking-Matte zu, dass sie vertikal flog, da das eingebaute Sperrfeld verhinderte, dass der Passagier – theoretisch seine heiß geliebte Nichte – rückwärts herunterfiel.
    Theoretisch.
    Es war Zeit, diese Theorie zu erproben.
    Aenea schlang die Arme um meine Taille, als wir zu einem Steilflug von neunzig Grad ansetzten. Die Matte brauchte die gesamten verbleibenden zwanzig Meter, um auf den Steigflug einzuschwenken, und als wir uns endlich in der Vertikalen befanden, lag das Gestein der Felswand nur noch Zentimeter »unter« uns. Instinktiv beugte ich mich nach vorn und packte das starre vordere Ende des Teppichs, während ich mich gleichzeitig bemühte, mich nicht auf die Muster der Flugkontrollen zu lehnen. Aenea beugte sich gleichermaßen instinktiv noch weiter nach vorn und umklammerte meine Taille fester. Als Folge dessen konnte ich während der runden Minute, die der Teppich brauchte, um den oberen Rand der Felswand zu erreichen, kaum atmen. Ich versuchte, für die

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