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Endymion Spring - Die Macht des geheimen Buches

Endymion Spring - Die Macht des geheimen Buches

Titel: Endymion Spring - Die Macht des geheimen Buches Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthew Skelton
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fünf zusätzliche Druckerpressen ausgegeben. Die neuen Setzer waren zusammen mit den anderen Lehrlingen in den Humbrechtshof verlegt worden, eine geräumigere Unterkunft, nur ein paar Häuser entfernt, wo inzwischen der größte Teil der Druckerarbeiten vor sich ging. Peter und ich aber blieben seine ganz besonderen Schützlinge, wir teilten uns ein Bett in der oberen Schlafkammer seines Hauses. Peter wurde bald selbst ein begabter Drucker, doch am Setzkasten waren meine Finger nach wie vor die unumstrittenen Meister.
    Die Arbeit an der neuen Bibel ging voran. Es war ein Mammutunternehmen, für das wir Tausende von Lettern und zahllose Bögen Papier vorbereitet hatten. Selbst bei unserem augenblicklichen Tempo würde es weitere zwei Jahre dauern, um allein mit dem Druck der Seiten fertig zu werden. Der Meister hatte zunächst 150 Exemplare geplant, dreißig davon auf feinstem Pergament, aber schon gab es eine wachsende Liste von Bestellern: Geistliche und Patrizier, die alle gespannt waren, wie das Produkt einer unvorstellbaren Maschine im Vergleich zur Arbeit der fleißigsten Schreiber aussehen würde. Es gab sogar Gerede, wir hätten einen Pakt mit dem Teufel geschlossen, denn wie sonst könnten wir in so kurzer Zeit identische Exemplare von demselben Text herstellen? Das war natürlich Unsinn. Es war einfach das Ergebnis unserer harten Arbeit.
    Meister Gutenberg war umtriebiger als je zuvor. Jeden Tag verfeinerte er die Konturen der Lettern, richtete die Breite der Seitenränder neu ein, experimentierte mit der Anzahl der Zeilen pro Seite. Alles musste ganz genau sein. Seine Bibel sollte das schönste, am besten lesbare Buch werden, das es je gegeben hatte: ein Beweis seiner Genialität, ein Tribut an Gottes Heiliges Wort und ein ertragreiches Unternehmen, das Fusts Investition mehr als reichlich aufwiegen würde.
    Fust wiederum sah man nun öfter in Gutenbergs Haus - in der Nähe seiner geheimnisvollen Truhe - als in der Werkstatt. Für ihn war die Bibel nicht so wichtig. Er war mit einem anderen Projekt befasst. Es hätte mich nicht überrascht, wenn mir jemand gesagt hätte, er versuche sich in der Schwarzen Kunst und hoffe insgeheim, die Gesetze des Universums zu ergründen: Oft sah ich ihn über alte Handschriften der Barfüßermönche gebeugt und Abschnitte alter Texte zusammenfügen, seltsame Zeilen, Runen und Symbole, die den Geist verwirrten. Seine Finger waren schwarz vom Umblättern der Seiten, und unter seinen Augen lagen tiefe Schatten. Oft, wenn ich über meinen Lettern saß und Wörter zusammenstellte, beobachtete er mich — und manchmal forderte er mich mit einem Handzeichen auf, meine Arbeit zu unterbrechen, als wolle er deren Qualität überprüfen. Ich zuckte jedes Mal zusammen, wenn er mich anfasste.
    Mir fiel auf, dass er die Dauer seiner Besuche offenbar nach dem zunehmenden und abnehmenden Mond richtete. Am längsten blieb er in den Nächten totaler Finsternis, wenn auch nicht der schwächste Lichtschein am Himmel war.
    In dieser Nacht nun, als ich durch die Stille wach geworden war, ließ sich durch das Fenster in der oberen Schlafkammer nur ein schwacher Schimmer des Mondes sehen, der auf seiner Pilgerreise über die Stadt ein paar Wolken streifte. Trotzdem reichte es mir, um zu erkennen, dass der Raum leer war. Peter war weg.

    Erst dachte ich, er sei wieder auf einer seiner nächtlichen Streifzüge und wolle sich mit Christina, Fusts dunkelhaariger Tochter, treffen. Er hatte eine tiefe Zuneigung zu dem zurückhaltenden, freundlichen Mädchen gefasst. An Feiertagen, wenn nicht an der Presse gearbeitet wurde, konnte man ihn wie einen verstoßenen Liebhaber um Fusts Haus lungern sehen, und abends, in unserem gemeinsamen Bett, redete er von nichts anderem als von ihrer Schönheit. In dieser Nacht aber war Peter nicht bei Christina.
    Von irgendwo im Haus kamen Stimmen. Geflüster. Ein rasches, schleifendes Geräusch war zu hören, als würde unten Fusts Truhe über den Boden gezogen.
    Ich wischte mir die Schläfrigkeit aus den Augen und schlich zur Treppe. Die Kerze in ihrem eisernen Halter war zu einem schmierigen Stummel heruntergebrannt, der nur ranzigen Geruch verströmte, aber kein Licht mehr hergab. Ich stolperte im Dunkeln. Schatten krochen zäh wie Quecksilber um mich herum.
    Langsam stieg ich hinunter, vorsichtig, um ja kein Geräusch zu verursachen. Selbst das leiseste Knarren der Holzplanken hätte mich verraten können.
    Der Raum unten leuchtete in glutrotem Licht. Von der

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