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Endymion Spring - Die Macht des geheimen Buches

Endymion Spring - Die Macht des geheimen Buches

Titel: Endymion Spring - Die Macht des geheimen Buches Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthew Skelton
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zum Stehenbleiben. »Das reicht«, sagte sie. »Ich möchte heute nicht noch einmal Ärger mit dir erleben!«
    Blake spürte die ernst gemeinte Schuldzuweisung hinter ihren Worten. Er befreite sich aus ihrem Griff und flüchtete die Treppe zum Speisesaal hinauf.
    Er drehte den schweren Eisenknauf der gewölbten Holztür und sie betraten einen großen, eichengetäfelten Raum. Generationen von Studenten hatten die Bänke und langen Holztische blank poliert. Kleine Lampen mit Messingständern und roten Schirmen wuchsen wie Pilze in regelmäßigen Abständen aus dem Boden und verströmten schwache Lichtkreise. Bratenduft hing im Raum.
    Etwas erhöht, an der Stirnseite der Halle und umgeben von funkelnd geschliffenen Fensterscheiben, war ein prunkvoller Tisch mit Silberbesteck, Mineralwasser und Schalen voll frischem Obst gedeckt. Darüber leuchtete, hell wie eine Sonne, ein Emblem aus Buntglas und sprenkelte das Tischtuch mit bunten Lichtklecksen.
    An diesem Tisch speisten die Professoren - allerdings nicht Juliet Winters. Auf dieses Privileg hatte sie verzichten müssen, da sie ihre Kinder bei sich haben wollte.
    Sehnsüchtig blickte sie zu dem Professorentisch hin, während Duck und Blake sich immer noch kabbelten.
    »Sie kann aber nicht mit«, maulte Blake weiter. »Professor Jolyon hat mich eingeladen. Mein Name steht auf der Karte, nicht ihrer.« Er wusste, dass er sich weinerlich anhörte, aber er konnte nicht anders.
    »Ich weiß«, sagte seine Mutter müde. »Aber es ist das Mindeste, was du tun kannst - nach gestern Abend. Ich muss heute in der Bodleian Library etwas zu Ende bringen, und es wäre mir recht, wenn du ein paar Stunden auf sie achten würdest. Schließlich bin ich heute Vormittag kaum dazu gekommen, meine Routinearbeit zu erledigen ...«
    Blake schüttelte den Kopf und stöhnte. So ging das jeden Tag. Immer musste er auf seine kleine Schwester aufpassen — auch wenn er nicht verschlafen hatte, auch wenn er nicht abends weggeschlichen war.
    Schweigend stellten sie sich vor einer Durchreiche neben der Küche an, nahmen ihre Portionen Rindfleisch und Nierenpastete in Empfang und folgten Duck zu einem Tisch in der Mitte des Raums. Ganz in der Nähe war ein Bereich für die Mitglieder der Ex Libris Gesellschaft abgetrennt. Von den Wänden blickte eine Galerie von eng geschnürten Damen in juwelenbesetzten Kleidern auf sie herab, dazwischen puritanische Männer in dunklen Gewändern mit fahlen Predigergesichtern.
    Mrs Winters goss beiden Kindern Wasser aus einem Krug ein, der auf dem Tisch stand. Alle Gläser waren fleckig und zerkratzt, aber sie suchte die saubersten aus.
    Blake spürte, dass sie irgendetwas beunruhigte, etwas weit Wichtigeres als sein Verhalten, denn sie schwenkte eine Weile nachdenklich ihr Wasser im Glas. Dann sagte sie langsam und eindringlich, in ernsterem Ton als je zuvor: »Mrs Richards hat gesagt, dass gestern Abend jemand etliche Bücher in der Bibliothek durcheinander gebracht hat. Nicht nur durcheinander gebracht, sondern beschädigt, in Fetzen gerissen.«
    Sie setzte ihr Glas ab und sah ihm fest in die Augen. »Bitte, Blake, sag mir, dass du nichts damit zu tun hast.«
    Duck sah ihn gespannt an, mit offenem Munde kauend.
    Blake war schockiert über diesen Verdacht. »Natürlich nicht!«, rief er entrüstet, und sein Gesicht glühte vor Zorn und gekränktem Ehrgefühl. Er warf einen Blick auf das Gemälde von Nathaniel Hart (1723—1804), einem Mann mit melancholischem Gesichtsausdruck im Priestergewand und mit einer dicken Perücke auf dem Kopf. Wie ein Richter schien sein Porträt über ihm zu hängen.
    »Sieh mich an, Blake!«
    Er zwang sich, ihr ins Gesicht zu sehen. »Nein, ich weiß nichts davon«, sagte er entschiedener als vorher.
    »Das ist eine ernste Geschichte, Blake«, sagte sie und klopfte mit dem Finger auf ihrem Tablett herum. »Du hast also wirklich nichts Auffälliges gesehen, als du gestern Abend draußen warst?«
    Er hörte Misstrauen in ihren Worten. »Nein, ich schwöre, ich habe keine Ahnung, wer das war«, sagte er und bemühte sich um einen gelassenen Ton. »Ich habe keinen Menschen in der Bibliothek gesehen, okay?«
    Sofort erkannte er seinen Fehler. Er hatte zugegeben, in der Bibliothek gewesen zu sein - ungewollt war ihm die Wahrheit herausgerutscht. Um seine Verwirrung zu überspielen, trank er einen Schluck Wasser.
    Seine Mutter schloss verzweifelt die Augen. »O Blake«, sagte sie. »Ich hatte so sehr gehofft, du würdest da nicht

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