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Endymion Spring - Die Macht des geheimen Buches

Endymion Spring - Die Macht des geheimen Buches

Titel: Endymion Spring - Die Macht des geheimen Buches Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthew Skelton
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Buch ist.« Er versetzte einem Zweig am Boden einen Tritt, dass es knackte, wie wenn ein Knochen bricht.
    »Ich weiß«, sagte seine Schwester unbestimmt, »aber ich bin sicher, dass wir es bald finden werden.«
    Wenig überzeugt sah Blake auf seine Uhr. »Komm jetzt, wir müssen gehen.«
    »Frag ihn erst, wer die Person im Schatten ist«, sagte sie.
    Blake wurde kreidebleich. Das Herz schlug ihm bis zum Hals. Das war die einzige Frage, auf die er lieber keine Antwort wollte. Entsetzt drehte er sich zu Duck um.
    »Mach schon«, sagte sie. »Das ist doch wichtig.« Sie strich weiter über das borstige Hundefell und gab sich den Anschein, als hätte sie kein bisschen Angst.
    Blake nickte, sagte aber trotzdem kein Wort. Er hatte das Gefühl, als rückten die Bäume näher zusammen und flochten ihre dünnen Zweige immer dichter ineinander. Die wenigen Blätter, die noch daran hingen, zitterten im leichten Wind.
    Nervös kaute Blake auf seiner Lippe. Ohne es zu merken, schob er sich langsam an Psalmanazar heran, der den hinteren Teil des Buches mit den weißen Seiten offen vor sich liegen hatte. Die Ecke einer Seite flatterte.
    Blake holte tief Luft, dann sprach er aus, was ihn am meisten erschreckte. »Zeigen Sie mir das Gesicht der Person im Schatten.«
    Gleichzeitig kniff er die Augen zu, aus Angst vor dem, was er wohl zu sehen bekäme. Es war, als bliese man die Kerzen auf einem Geburtstagskuchen aus und wünschte sich dabei etwas, das nicht in Erfüllung gehen möge. Ein paar Sekunden wartete er, dann öffnete er langsam die Augen.
    Sein Mut verließ ihn, und er spürte, wie es ihm kalt den Rücken hinunterlief.
    Fassungslos sah er zu, wie sich in verschlungenen Wirbeln schwarze Tinte über die Seite verteilte wie ein Färbemittel, das in einem Glas aufgelöst wird. Der Kampf mit dem Papier schien eine Ewigkeit zu dauern, ein ständiges Hin und Her zwischen Licht und Schatten, und schließlich war die Seite vollkommen dunkel. Aus dieser Dunkelheit tauchte allmählich eine Gestalt auf, ein Umriss, der größer wurde, aber nicht deudicher. Er erinnerte eher an eine Maske oder eine Silhouette, er verbarg mehr, als er zeigte.
    Trotz seiner Furcht sah Blake genauer hin.
    Er ahnte, dass er dem Bösen ins Gesicht schaute, aber er konnte nicht sagen, wer oder was es war. Die Schattengestalt schien nach ihm zu greifen, schien ihn verschlingen zu wollen. Sein Herz und seine Lunge füllten sich mit Kälte, und seine Pupillen weiteten sich wie Löcher in dünnem Eis. Er konnte die Augen nicht abwenden.
    Der Hund knurrte, und Psalmanazar ließ das Buch fallen — gerade in dem Augenblick, als Blake meinte, das Gesicht erkannt zu haben. Das Buch löste sich in seine Bestandteile auf und blieb als Papierhaufen auf dem Boden liegen. Der Zauber war gebrochen.
    »Was war das?«, flüsterte Blake in panischer Angst.
    Das leise Grummein in der Kehle des Hundes verstärkte sich zu einem bedrohlichen Knurren, und mit gesträubtem Nackenfell stellte er sich vor Duck hin, um sie mit seinem Körper - seinem dünnen Rippenpanzer - zu schützen.
    Blake hörte Geräusche hinter sich und drehte sich um: Jogger und Leute mit Hunden überquerten die Brücke, die zum Uferpfad führte. Das alltägliche Leben ging weiter.
    »Ich versteh das nicht«, sagte er unsicher. »Was war das?«
    »Mit dir war was«, sagte Duck schließlich mit zitternder Stimme. »Du bist auf einmal ganz blass geworden, und deine Augen haben so einen komischen Glanz bekommen. Was hast du in dem Buch gesehen?«
    Rados wandte sich Blake an Psalmanazar, der seinem Blick auswich. Er starrte unbeteiligt in die Ferne.
    »Da war ein Gesicht«, sagte er zögernd. »Im Dunkel. Ich weiß nur nicht, wer es war. Hätte jeder sein können.«
    Mehr brachte er nicht heraus. Er fröstelte, als hätte eine Wolke die Sonne verdeckt und das Land mit Dunkelheit überzogen. Ein Hauch von Winter lag plötzlich in der Luft.
    Alle standen reglos da, aber nach einer Weile brach Duck endlich das Schweigen. »Ich will nach Hause.«
    Blake nickte wortlos. Immer noch wie benommen bückte er sich und hob die Reste von Psalmanazars Buch auf. Der Rücken war gebrochen, einzelne Seiten lagen über die ganze Lichtung verstreut. Die Einbanddeckel lagen seltsam leer und leblos in seinen Händen -als hielte er nur noch die Erinnerung fest, das Gespenst eines Buches.
    Als Blake merkte, dass auch das magische Papier herausgerutscht war, rief er verzweifelt: »Oh, Psalmanazar, was hab ich da getan?« Erschrocken

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