Endzeit
zeigen. Es hätte die beiden Männer nur noch mehr aufgestachelt.
Sie schlüpfte in die Kleidung, die man ihr hingeworfen hatte. Es handelte sich um ein hautenges, aufreizendes Kostüm, das mehr Einblicke erlaubte, als daß es zur Verhüllung gedacht war. Unter anderen Umständen und mit dem richtigen Partner an ihrer Seite hätte es Nona sogar gefallen.
»Perfekt!« sagte einer der Männer. »Und jetzt zeige ich dir deinen neuen Arbeitsplatz.« Er ging voran, während der zweite nach ihrem Arm griff und sie mit sich zog.
Sie führten sie hinunter in die Bar. Um diese Zeit war noch kein Gast anwesend. Wahrscheinlich war es dazu noch zu früh.
In der Mitte des Raumes befand sich ein Käfig.
»Dort hinein!« befahl einer ihrer Bewacher.
Einen Moment lang dachte Nona daran, sich zu sträuben. Aber es hätte ihr wahrscheinlich nichts genutzt. Sie zweifelte nicht daran, daß sich noch weitere von Frears Männern in der Nähe befanden und diese Kellerräume gut gesichert waren. Eine echte Chance hätte sie nur mit einem geeigneten Druckmittel.
Zögernd betrat sie den Käfig. Sie hatte kaum Platz, sich zu setzen, sondern war gezwungen, halb stehend in ihm zu verweilen. Einer der Männer verschloß den Käfig mit einer Kette und einem schweren Schloß, während der andere einen Flaschenzug betätigte. Langsam wurde der Käfig nach oben gezogen. Er schwankte dabei hin und her, so daß Nona sich an den Stangen festhalten mußte.
Nicht erst jetzt schwante ihr, was Frears vorhatte. Er würde darauf warten, daß ihre Metamorphose einsetzte, und sie vor den geladenen Gästen zur Schau stellen. Und gewiß war dies noch nicht alles an Demütigungen, was ihr blühte.
Sie rüttelte an der Kette und zog an den Bügeln des Schlosses. Es gab nicht um einen Millimeter nach.
»Oh, sie wird schon langsam munter«, ließ sich eine Stimme vernehmen. Nona sah hinab und blickte in Frears widerliche Visage. »Du mußt dich noch etwas gedulden. Wir öffnen erst um acht. Vorher ist es sowieso nicht dunkel.« Er lachte auf widerliche Weise.
Sie gab ihm nicht die Genugtuung, um Gnade zu flehen. Dafür kam ihr plötzlich ein anderer Gedanke. Er war verbunden mit dem Hungergefühl, das sie plötzlich verspürte.
»Ich habe seit gestern nichts mehr gegessen«, sagte sie und bemühte sich, einen geschwächten Eindruck zu machen.
Frears sah sie mißtrauisch an.
»Du wirst mir doch nicht schlappmachen«, sagte er schließlich. »Ich erwarte einige einflußreiche Gäste, denen ich ein besonderes Ereignis versprochen habe.« Er wandte sich an seine beiden Bediensteten. »Besorgt ihr etwas zu essen!«
Zwei Minuten später kam einer der Männer mit einer Konservenbüchse kalter Ravioli zurück.
»Laß sie runter!« befahl Frears. Der Käfig wurde wieder herabgelassen, und Frears schob die Konservendose durch die Stäbe.
Nonas Gesichtszüge verzerrten sich zu einer wütenden Fratze. »Was soll ich mit diesem Fraß?« Sie warf die Dose nach ihm.
Im letzten Moment zuckte er zurück, so daß sie ihn nicht traf. »Oh, du hast besondere Ansprüche, was?«
»Fleisch. Ich brauche Fleisch. Ansonsten werde ich kaum ein befriedigendes Schauspiel bieten können.«
»Also gut«, knurrte Frears. »Bring ihr, was sie will! Aber laßt genug für heute Abend übrig!«
Widerspruchslos gehorchte der Bedienstete. Als er wiederkam, sagte Frears: »Extra für dich haben wir einen Hammel geschlachtet. Eigentlich wollten wir uns die Fütterung als besondere Attraktion des Abends aufsparen.«
Nona sah das blutige Fleisch, das in einer transparenten Plastiktüte hereingebracht wurde. Ihre Gier erwachte. Sie brauchte sich nicht länger zu verstellen. Die unstillbare Sucht, zu jedem vollen Mond zu jagen und zu fressen, meldete sich vehement zurück. Es würde nicht mehr lange dauern, und der Trieb, den ihr Vater ihr vererbt hatte, würde die Oberhand über ihre Persönlichkeit gewinnen. Der Trieb, der für ihre seelische Qual ebenso verantwortlich war wie für die Wonnen, wenn sie ihre Fänge in ein Opfer grub.
Aber noch mußte sie sich beherrschen. Frears durfte nicht erkennen, wie es jetzt schon um sie stand.
Sie rief sich die Meditationsübung, die Chiyoda sie gelehrt hatte, ins Gedächtnis zurück. Mehr als einmal hatte sie sie erfolgreich angewandt. Der alte chinesische Werwolf, der seinen Anhängern predigte, dem Einfluß des Mondes zu widerstehen, ihm Widerstand zu leisten und sowohl dem Morden als auch dem Kannibalismus zu entsagen, hatte auch ihr etwas
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