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Endzeit

Endzeit

Titel: Endzeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Jensen
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Zuneigung zur menschlichen Spezies. Er vertritt die Ansicht, dass wir programmiert wurden, um uns selbst zu zerstören, alles mehr oder weniger im Rahmen irgendeines Gaia-Zyklus. Für ihn sind wir eine Spezies wie alle anderen. Und Spezies kommen und gehen. Auch wenn er uns glaubt, wird er sich also womöglich entscheiden, nichts zu unternehmen. Mit einem Achselzucken sagen, dass wir alle nur das bekommen, was wir verdienen, und das Feuerwerk genießen.«
    »Wie würden Sie versuchen, ihn umzustimmen?«
    »Sie sind hier die Psychologin«, sagt er und schnallt sich los.
    »Ist das der andere Grund, aus dem ich hier bin?«
    Er schenkt mir sein jungenhaftes, gewinnendes Lächeln. Selbst wenn ich schlecht gelaunt bin und mein Wurm sein Unwesen treibt, ist es mir unmöglich, ihn nicht zu mögen.
    »Ich hole Ihren Rollstuhl.«
     
    |253| Das Innere des Hauses verströmt den nostalgischen, großmütterlichen Geruch von Holzpolitur. Niedrige Decken. Dunkelheit nach der grellen Sonne, die einem dumpfen, elfenbeinfarbenen Dämmerlicht weicht, als sich die Augen angepasst haben. Massive Deckenbalken. Von oben hört man eine Dusche, die abrupt abgedreht wird.
    »Das dürfte Bethany sein«, sagt Ned. »Zum Glück hat sie die Hygiene entdeckt. Sie kommt in einer Minute. Hier entlang.«
    Ich folge ihm durch einen Flur und vorbei an einer eindrucksvollen, wenn auch zusammengewürfelten Kunstsammlung: dunkle Holzschnitte, durchscheinende Landschaftsaquarelle, schwere Ölgemälde und wunderbar detaillierte Abbildungen von Insekten, Fischen und Weichtieren. Manchmal merkt man erst spät, wie hungrig die Augen geworden sind. Vielleicht ist es eine Ersatzbefriedigung. Aber ich würde die Bilder am liebsten verschlingen.
    Ned Rappaport stößt eine dunkle Tür auf, und wir gelangen in einen höhlenartigen Raum, der als Wohn- und Arbeitszimmer dient. Es riecht modrig. Die Jalousien sind geschlossen, aber im Dämmerlicht kann ich eine Ansammlung alter Sofas und Sessel, einen Couchtisch, einen Computertisch und verschiedene Vitrinen ausmachen, die mit getrockneten Fischen, Fossilien, eingelegten Würmern und Muscheln gefüllt sind, alle sorgfältig mit Gattung und geologischer Epoche beschriftet. In diesem muffigen Raum hat jemand methodisch gearbeitet und sorgfältig kategorisiert. An zwei Wänden befinden sich Regale mit Gläsern, die ein schwaches, ektoplasmisches Licht verströmen. Beim Näherkommen erkenne ich, dass sich kleine blau-grüne, krabbenähnliche Krustentiere mit zarten Scheren darin befinden, die in einer klaren Flüssigkeit schweben.
    »Was ist das?« Ich fühle mich von ihnen angezogen wie eine Motte vom Licht.
    Ned holt mit seiner riesigen Hand ein Glas herunter und reicht es mir. Es fühlt sich kühl und schwer an. Ich halte es in Händen |254| und betrachte das eingelegte Wesen mit den Tentakeln. Kleine leuchtende Teilchen steigen vom Boden auf und wirbeln im wolkigen Licht, das aus der Körpermitte strahlt und zu den zarten Extremitäten hin verblasst.
    »Myodocopia. Ostrakoden oder Muschelkrebse. Sie verfügen über Biolumineszenz. Als Paarungssignal sondern sie einen Farbstoff ab. Er kann sogar noch Lichtwellen aussenden, nachdem das Tier gestorben ist. Japanische Soldaten haben sie im Zweiten Weltkrieg benutzt. Sie sammelten sie am Strand, zerdrückten sie und schmierten sich das Zeug auf die Hände. Sozusagen eine Instant-Lichtquelle.« Er stellt das Glas zurück ins Regal. »Meine Nachforschungen haben ergeben, dass Sie erst kooperationsbereit sind, nachdem Sie Kaffee getrunken haben. Er ist schon in der Mache.« Er wirft die Haribos auf ein straff gepolstertes grünes Sofa, das an einer Seite aufgeplatzt ist, und geht zur Tür.
    »Ned, warten Sie.«
    Aber er ist schon weg.
    Nach der langen Autofahrt verspüre ich das Bedürfnis, mein Becken zu entlasten. Ich rolle weiter ins Zimmer und umkurve sorgsam die Vitrinen. Neben einem Kamin, in dem Kiefernzapfen und trockene Birkenzweige liegen, steht eine verschlissene, rotgestreifte Chaiselongue, die ganz gemütlich aussieht. Daneben ein Couchtisch aus Walnussholz, übersät mit eingetrockneten Ringen von Tassen, gegenüber das grüne Sofa und ein paar altersschwache Ledersessel, wie man sie in Altherrenclubs findet. Ich manövriere mich aus meinem Rollstuhl auf die Chaiselongue, ziehe die Schuhe aus, hieve die Beine hoch und mache es mir auf dem Sofa bequem. Dünne Lichtstreifen, in denen Staubflocken tanzen, fallen durch die Schlitze der Jalousien. Meine Augen haben

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