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Endzeit

Endzeit

Titel: Endzeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Jensen
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fühlt sich klamm an, ihr Griff zu fest.
    »Lass mich los, Bethany.« Ich spreche betont ruhig und unaufgeregt, um meinen inneren Schrei zu tarnen. Rafik ist aufgesprungen, aber ich signalisiere ihm, dass ich das allein erledigen |38| möchte. Bethany hält mein Handgelenk umklammert und dreht die Handfläche nach oben. Ihre Finger fühlen meinen Puls. Ich spüre, wie er unter ihrem weichen Druck zu rasen beginnt. »Lass bitte meine Hand los, Bethany.«
    Aber sie ist irgendwo anders. Ihr Gesicht wirkt wie hypnotisiert. »Also ist jemand gestorben«, sagt sie mit ihrer Babystimme. »Jemand ist
eines grausamen Todes
gestorben.« Mir stockt der Atem. »Sagen Sie nicht, dass er nicht gestorben ist«, fährt sie aufgeregt fort. »Scheiße,
es ist in Ihrem Blut
, ich spüre es!« Sie kneift die Augen zu. »Ich bin mal gestorben, daher weiß ich es. Ich erkenne die Symptome. Der Tod hinterlässt ein Zeichen. Wussten Sie nicht, dass Blut ein Gedächtnis besitzt? Wie Fels und Wasser und Luft.« Ich schaue auf mein Handgelenk, das sie noch immer festhält. Ich weiß, dass meine Arme stärker sind. Doch als ich mich lösen will, verstärkt sie ihren Griff, und ich denke bestürzt: vielleicht doch nicht.
    Geübt ergreift Rafik ihren anderen Arm. »Ganz ruhig, Bethany. Lass Miss Fox jetzt los.« Rasch drückt er den Knopf seines Alarmgebers.
    »Und Sie haben ihn nie richtig kennengelernt, was?«, flüstert Bethany. Im Flur blitzt eine Lampe auf, der Notruf ist angekommen. Sie werden in wenigen Sekunden hier sein. Wieder versuche ich, meine Hand wegzuziehen, vergeblich. Rafik hält ihre Schultern fest, aber sie hat sich wie eine Entenmuschel an den Griff meines Rollstuhls geklebt. Die Finger der anderen Hand, die Rafik zu lösen versucht, umschließen mein Handgelenk immer fester und drücken tief in den Puls. »Es war nicht gerecht, stimmt’s? Es war doch erst der Anfang einer
wunderbaren Beziehung

    »Schluss jetzt!«, knurrt Rafik und reißt so heftig an Bethanys Arm, dass mein Rollstuhl umzukippen droht. Ich will nicht schreien, nicht denken,
wie ein Käfer auf dem Rücken.
    »Ja, eine wunderbare Beziehung, nicht? Die beste überhaupt!« Bethanys Kopf ist jetzt ganz nah an meinem, sie flüstert mir ins |39| Ohr. Ich sehe draußen die Lampen leuchten und horche auf Schritte. Nichts zu hören. »Aber Sie haben nie herausgefunden, wie es gewesen wäre, mit Ihnen beiden.
Das
ist Ihr Problem. Man hat Sie leer zurückgelassen. Sie hatten zwei Herzen, und dann war eins weg. Mensch, das ist blöd. Armer, tragischer Krüppel!«
    Endlich hat Rafik Bethany vom Stuhl gelöst. Sie gibt mein Handgelenk frei, und er zwingt ihr die Hände auf den Rücken. Dann drückt er sie grob gegen die Wand und hält sie fest, während er auf Verstärkung wartet.
    Ich greife unter den Sitz und schließe die Finger um mein Donnerei, lege den ganzen Druck, der sich in meinem Kopf anstaut, in diesen Griff. Einen Moment bin ich zu orientierungslos, um zu sprechen. Ich sehe aus dem Fenster. Die Windräder drehen sich langsam am Horizont, weit draußen auf dem Meer. Mein Herz tut weh. Nein, es schmerzt richtig.
Jemand ist eines grausamen Todes gestorben   … Sie haben ihn nie richtig kennengelernt. Zwei Herzen, und dann war eins weg.
Jetzt ballt sich der Zorn zu einem großen, hässlichen Knoten. Sie hat mir wehgetan, hat Dinge gesehen und gesagt, die sie nichts angehen, und ich möchte sie um jeden Preis verletzen. Schlimm verletzen. Ich wiege den Stein in der Hand. Er schreit förmlich danach, geworfen zu werden. Dann wird mir klar, dass ich es wirklich tun werde, wenn ich nicht sofort von ihr wegkomme. Zumindest werde ich es versuchen. Und natürlich danebenwerfen und lächerlich aus dem Stuhl fallen. Dann wird Rafik
mich
festhalten, und ich verliere meinen Job.
    Endlich fliegt die Tür auf, und sechs Krankenpfleger stürmen herein, vier Männer und zwei Frauen, allesamt gebaut wie Kleiderschränke. Sie schwärmen aus und drücken Bethany zu Boden, während Rafik sich aufrichtet und seine schmerzenden Handgelenke massiert.
    »Die kleine Schlampe hat mich gebissen«, murmelt er und wischt sich das Blut ab.
    »Ich glaube, wir sollten für heute Schluss machen, Bethany«, |40| hauche ich, bemüht, das Schluchzen in meiner Kehle gefangen zu halten. »Bis zum nächsten Mal.«
    Sie findet irgendetwas lustig. Jedenfalls lacht sie ohne Ende, während ich den Raum verlasse, ein grauenhaftes, verrücktes kleines Mädchen.
    Verdrängen ist einfach. Man muss es

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