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Energie fur Centaur

Energie fur Centaur

Titel: Energie fur Centaur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kröger
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mit Josephin haben werde. Trotz
des Vorfalls am Vormittag freute sich Gernot, und er war
gespannt. Er dachte nicht mehr an das Versagen der Stimme,
als Josephins Bild in sein Arbeitszimmer geschaltet wurde.
    Aber – sie hörte ihn nicht.
Er hingegen verstand sie sehr gut, spürte, wie sehr auch sie
das Gespräch herbeigesehnt hatte, bemerkte ihre zunehmende
Ungeduld, ihre Rufe, die immer dringlicher wurden.
Gernot strengte sich an, schrie schließlich. Aber er spürte,
daß keiner seiner Laute nach außen drang. Mit einer verzweifelten Geste brach er ab. Mit keiner Faser dachte er daran, daß
vielleicht ein technischer Fehler vorliegen könnte, was
Josephin offensichtlich annahm.
Minuten später konnte er mit dem Kommunikator sprechen,
als sei überhaupt nichts geschehen…
Eine Stunde danach ging er über den Werfthof. Nikolai rief
ihm aus einem Fenster zu: „Es wird vielleicht gehen, Gernot!“
und er zog eine Verschwörermiene.
Gernot winkte und wollte etwas rufen.
Zum Glück genügte Nikolai das Winken. Er hob noch einmal
die Hand, und sein Kopf verschwand.
Die nächsten Tätigkeiten verrichtete Gernot stumm, stets
darauf bedacht, nicht angesprochen zu werden, um nicht
antworten zu müssen. Einigemal, wenn sich niemand in seiner
Nähe befand, probierte er. Und stets funktionierte die Stimme.
Langsam geriet Gernot Wach in einen Zustand ungläubiger
Verzweiflung, eine Lage, in der man über sich selbst den Kopf
schüttelt, den Ernst nicht erfaßt, nicht erfassen will, geneigt ist,
sich lächerlich zu finden.
Als er dann aus Trotz probierte – er rief laut vom Hof aus
„Nikolai“ – und der Ruf abermals absolut stumm verhallte,
faßte Gernot den Entschluß, den Arzt aufzusuchen, geschehe,
was da wolle.
Er stürzte dann förmlich ins Flugzeug aus Furcht vor Mon,
die er an der Tür traf und die er angesprochen hatte, ohne daß
sie ihn hörte.
Sie blickte ihm bestürzt nach, und er sah sie noch stehen, als
er in einem weiten Bogen über der Werft auf Kurs ging.
    Eigentlich war Gernot schon vorher klar, daß er sich die
Konsultation beim Arzt hätte sparen können, daß er nichts
weiter erreichen würde, als eine erhöhte und keineswegs
nützliche Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen.
    Gernot war die Tortur peinlich, und er wurde zunehmend
nervös und wütend. Er registrierte die gerunzelte Stirn des
Mediziners, als dieser hörte, worum es ging.
    Vorwiegend schweigend, nur mit knappen Weisungen des
Arztes und dem Klappern der Instrumente lief die Untersuchung ab. Gernot mußte
„Kuckuck“ rufen, mehrere Male,
wurde manuell gespiegelt, beklopft und dann an den Computer
angeschlossen. Und das Ganze mündete in die eine deprimierende und aufstachelnde Frage: „Nerven, Gernot Wach?“
    Und als sich Gernot mit zusammengebissenen Zähnen wieder angekleidet hatte, sagte der Medizinmann beschäftigt und
gleichmütig: „Beobachte dich, und sage mir sofort, wenn es
wieder auftritt. Mitunter genügt schon, wenn man sich einem
anderen anvertraut… Von einer Meldung sehe ich daher noch
ab…“
    Er hatte „noch“ gesagt! Gernot mußte an sich halten, um
diesem Menschen nicht an den Kopf zu werfen, was er dachte.
Wie benommen
– mit einigen Beruhigungsmitteln in
der
Tasche – begab er sich zum Flugzeug, saß minutenlang im
Cockpit, ohne an etwas zu denken, startete dann mechanisch
und pendelte die Maschine auf den Leitstrahl ein.
    Irgendwann war er eingeschlafen, und er wurde vom Warnton der Automatik geweckt, die eine Entscheidung forderte.
Der Rochen stand vor der Werft.
    Darauf bedacht, niemanden zu treffen, suchte Gernot sein
Quartier auf. Als die Dunkelheit hereinbrach, machte er einen
Spaziergang, schwamm ohne Freude, immer mit dem Hämmern im Kopf: Nerven – Nerven, aus, es ist aus!
    Und als ihn auch im Zimmer dieses ewige zermürbende
Gekreisel nicht verließ, als es aussah, als stehe ihm eine
schlimme, schlaflose Nacht bevor, nahm Gernot von den
Mitteln, die der Arzt ihm gegeben hatte.
    Wie betäubt und schwitzig wurde Gernot munter. Es graute
der Morgen, und Strandtiere schrien. Aber nicht das war es,
was ihn geweckt hatte. Jemand stand im Zimmer vor seiner
Liege.
    Im ersten Augenblick packte Gernot Angst, die wie von weit
her und langsam kam. Noch wirkten offenbar die Drogen.
Dann rief er: „Wer da?“, und er setzte sich auf.
    Plötzlich stürzte sich die Gestalt auf ihn. Aber bevor er sich
wehren konnte, spürte er, daß es kein Angriff war. Der
vertraute Duft, der vertraute Leib

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