Engel auf Abwegen
und dass es ein Verbrechen wäre, wenn ich neben ihm und seinem vornehmen Haus wohnen würde.« Er kicherte. »Natürlich wusste ich, dass er sein Haus liebte.« Er wackelte mit den Augenbrauen. »Daher beschloss ich, ein Gerücht in Umlauf zu setzen …«
Nina und mir verschlug es den Atem.
»… in Mexiko und der Karibik«, klärte er uns auf, »nicht hier.«
Zu unserer Erleichterung verdrehte er die Augen.
»Ich ließ dort verbreiten, dass ich in meiner Eigenschaft als Ihr Anwalt Ihnen die Genehmigung zum Verkauf des Hauses erteilen würde.«
»Aber ich verkaufe es ja gar nicht!«
»Natürlich nicht. Aber wenn ich recht hatte, wollte Gordon nicht, dass das Haus verkauft wurde, und die einzige Möglichkeit, wie er sicherstellen konnte, dass das nicht geschah, war, hierher zurückzukommen.« Er lächelte. »Wie ich schon sagte, er ist uns in die Falle gegangen. Alles läuft genau nach Plan.«
»Plan?« Ich hätte schreien können. »Mich aus meinem Haus zu werfen war Teil Ihres Plans?«
Wenn Howard über meinen Aufschrei besorgt war oder wenn er ihn überhaupt bemerkt hatte, so ließ er es sich nicht anmerken. »Frede, Sie werden Ihr Haus zurückbekommen. Das wäre doch genauso, als würde man einem Kleinkind die Süßigkeiten wegnehmen. Eine Frau, die aus ihrem eigenen Haus geworfen wird? Zum Teufel, es wird mir großen Spaß bereiten, ihn vor Gericht zu zerren. Aber unterdessen ist Gordon in der Stadt und benimmt sich wie ein Arschloch. Es besteht kein Zweifel daran, dass er noch
etwas Größeres im Schilde führt, als sich von Ihnen scheiden zu lassen und Ihr Geld zu klauen. Ich spüre es. Deshalb ist es gut, dass er wieder hier ist – damit wir ihn festsetzen können.«
Als würde es mir jetzt bessergehen!
In den nächsten Tagen wich Nina nicht von meiner Seite. Ich saß in der Küche des Gästehauses, die Ellbogen auf den Tisch gestützt. Wenn ich eine Schüssel Suppe gehabt hätte, hätte ich sie ausgelöffelt. »Nina, was sollen wir bloß tun?«
Sie sah mich zärtlich an und streichelte mir übers Haar, wie sie es getan hatte, als ich klein gewesen war. »Ich weiß nich, was Sie tun, chica , aber ich einen schönen 401K habe.«
Was natürlich völliger Blödsinn war. Ich lachte so sehr, dass mir die Tränen übers Gesicht liefen.
Ich gewöhnte mir schlechte Tischmanieren an und schlief ziemlich viel in meinem schäbigen Schlafanzug, den ich noch aus meiner Collegezeit hatte. Entweder das, oder ich hätte mich dem Alkohol hingegeben, denn jedes Mal, wenn ich aufwachte, erhielt ich eine schlechte Nachricht.
Am Donnerstag trug die Willow Creek Times die Überschrift Ware und seine neue Frau und verkündete ihre Hochzeit.
Freitag stand Gordon erneut in der Zeitung, diesmal im Gesellschaftsteil. Die Wares und das Clubleben , eine nicht gerade lustige Tatsachenverdrehung über die Einführung meines Ex und seiner neuen Frau im Willow Creek Country Club.
Samstag rief meine Mutter an.
Ich lag flach auf dem Rücken und hatte die Bettdecke bis ans Kinn gezogen und das Handy an mein Ohr geklemmt.
»Hast du die Zeitung gelesen?«, fragte sie.
Ich überlegte kurz.
»Fredericka, antworte mir, ja oder nein?«
Sie sagte, dass mein Benehmen unter aller Sau sei, und benutzte dabei viele Wörter, nur um mir das eine zu sagen. Aber wie gewöhnlich war ich nicht bereit, meine Misere mit meiner Mutter zu diskutieren. Es war schlimm genug, etwas über Gordon und diese Frau zu lesen, die mein Leben führte, mir vorzustellen, dass sie in meinem Haus lebte und mit meinen früheren Freundinnen verkehrte. Noch schlimmer war es, zu wissen, dass jeder, den ich kannte, die gleiche schreckliche Geschichte lesen würde. Ich konnte mir nicht vorstellen, jemals wieder in Brightlee aufzutauchen.
»Stimmt es«, sagte meine Mutter, »dass du in Howard Grouts Gästehaus wohnst und dass sich dein nichtsnutziger Mann von dir hat scheiden lassen und mit irgendeiner … irgendeiner … Frau in deinem Haus lebt?«
»Ja.«
Dieses einzige Wort reichte aus, dass meine Mutter einen Wutanfall kriegte. Sie sagte, ich sei die erste Hildebrand, die sich je habe scheiden lassen, und, was noch schlimmer war, ich hätte keinen einzigen Knochen in meinem Leib.
»Es ist eine Schande, das kann ich dir sagen.«
Eine willkommene Welle der Entrüstung stieg in mir auf. Ich setzte mich aufrecht hin, und die Decke rutschte mir auf die Hüfte. »Mutter, ich meine es wirklich ernst. Hättest du lieber, ich wäre mit einem Mann verheiratet, der,
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