Engel auf Abwegen
attraktiv, und ich brauchte mir keine Sorgen zu machen, dass er mich enttäuschen würde.
Es war einfach herrlich, und ich gab mich seiner sicheren Stärke hin. Dies hatte ich schon mein Leben lang gebraucht und es noch nicht einmal gewusst. Ein Freund, der ein Mann war und mich nicht ansah oder mich wollte oder auf mich eifersüchtig war.
»Ich könnte Sie wirklich anhimmeln«, sagte ich.
Ich spürte noch mehr von seiner Kraft, als er mich wieder nach oben schwang und mich eng an sich zog. Dies war der Anfang einer wunderbaren platonischen Freundschaft mit einem Mann, der meinem Ruf nicht schaden würde. Ich war so glücklich wie schon lange nicht mehr und wünschte mir, ich hätte bereits früher daran gedacht, mir einen Freund wie ihn zu suchen.
Er sah mich an und lächelte, als wüsste er genau, was ich dachte. Vielleicht dachte er das Gleiche.
»Nur zu Ihrer Information«, flüsterte er mir ins Ohr, »ich bin nicht schwul.«
17
Mein ganzes Leben lang bin ich einen einzigen Highway (in einer schönen Landschaft) hinuntergefahren und niemals vom Weg abgekommen oder habe nie einen Umweg gemacht. In dem Fach, was ich im College am meisten gehasst habe (Psychologie – was für eine Überraschung!), wurde uns beigebracht, dass eine Tochter von der Art, wie ihr Vater sie behandelt, eine Menge darüber lernt, wie sie mit dem Leben fertig wird.
Am Ende der Junior High sponserte die Schule einen Abschlussball für die Achtklässler. Wir waren alle total aufgeregt, denn es war unser erster Ball. Selbst die nüchterne Pilar war aufgeregt. Unsere kleine Dreierclique plante jede Minute des bevorstehenden Ereignisses mit der Präzision von Generälen. Wir übten sogar, was wir sagen würden, wenn wir zum Tanzen aufgefordert würden. Wir verbrachten Stunden damit, uns Gedanken darüber zu machen, welche Frisur wir tragen sollten, wie wir ungestraft damit davonkamen, Make-up aufzulegen, und was wir anziehen sollten. Pilar und ich kauften uns neue Kleider, aber Nikki musste sich damit abfinden, etwas anzuziehen, das sie von irgendwoher hatte, aber wir wollten nicht nachfragen, woher. Als der Ball immer näher heranrückte, ließ Nikkis Vorfreude im selben Maße nach, wie Pilars und meine stieg. Mehr als einmal stand Nikki vor dem Schaufenster von Willow Creek Teens and Tots und starrte die Kleider an. Sie hätte gerne das rosa Taftkleid im Fenster gehabt, das mehr
Geld kostete, als ihre Mutter wahrscheinlich in einem Monat verdiente. »Ich werde wie ein Trottel aussehen, wenn ich nicht etwas Schönes zum Anziehen habe!«, heulte sie mit ihrem üblichen theatralischen Getue.
Was sollte man dazu sagen? Ehrlich gesagt, hatte sie recht.
Eine Woche vor dem Ball schickte mein Vater mich mit den üblichen Worten zu Bett: »Ich werde dir die Welt schenken, Prinzessin, weil ich dich so sehr liebe.«
Das war ohne Frage albern und ziemlich übertrieben, aber es war zu einem Ritual geworden, seine Art, gute Nacht zu sagen. Extravagant, wie er war, konnte er sich fast alles leisten.
Aber in jener Nacht antwortete ich nicht wie üblich: Ich liebe dich auch, Daddy. Stattdessen bat ich ihn, Nikki das Kleid zu kaufen.
Damit hatte er nun nicht gerechnet.
»Nun, ich weiß nicht recht, mein Schatz …«
»Aber ein Kleid ist nicht mal halb so groß wie die Welt, Daddy.«
Er sah mich eindringlich an, dann strahlte er und lachte so laut, dass meine Mutter ins Zimmer kam. »Was habt ihr beide denn wieder angestellt?«
»Nichts, Liebes«, sagte mein Vater. »Lies wieder dein Buch.«
Er küsste mich auf die Stirn. »Lass mich sehen, was ich tun kann.«
Am Abend vor dem Ball, als Pilar und Nikki sich bei mir für das große Ereignis fertig machten, lagen drei Schachteln von Teens and Tots, um die große schicke Schleifen gebunden waren, auf meinem weißen Himmelbett. Für jede von uns eine.
Pilar öffnete ihre Schachtel und starrte den Inhalt ungläubig an. Ich fand das Kleid, das ich mir so sehr gewünscht und von dem ich meiner Mutter erzählt hatte. Ich nahm es aus der Schachtel, aber ich war mehr daran interessiert, dass meine Freundin ihr Geschenk auspackte. Mit angehaltenem Atem zog Nikki an der Schleife. Während sie den Deckel abnahm, zog sie den Atem ein. »O mein Gott«, flüsterte sie und presste ihr Gesicht in den Stoff. »O Frede, du bist einfach großartig.«
Pilar sah nicht ganz so glücklich aus, wie ich erwartet hatte. Sie schob ihr Kleid in die Schachtel zurück. »Ich brauche dein Kleid nicht.«
Ich begann zu
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