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Engel auf Abwegen

Engel auf Abwegen

Titel: Engel auf Abwegen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Linda Francis
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begreifen, dass ich in meiner Rolle als Fredericka Hildebrand, Tochter meines Vaters, eine Menge Macht hatte – obwohl das nicht jedem gefallen würde. Während ich jetzt in Sawyer Jacksons Armen lag, hatte ich das Gefühl, als sei ich an einer Weggabelung angelangt oder besser gesagt, an einer Ausfahrt. Wenn ich die Ausfahrt nahm und meinen Weg änderte, würde ich kein echtes Besteck, keine Leinenserviette auf diesem Weg finden. Und vor allem würde ich keine Macht mehr haben. Dieser Mann mit all seiner Kraft würde sich nicht mit dem Leben, das ich führte, abgeben wollen.
    Ich kämpfte so sehr gegen diesen Gedanken – und den Mann – an, dass Sawyer mich fast fallen lassen und in den Pool geworfen hätte.
    »Was heißt das, Sie sind nicht schwul?«
    Zum Glück war er stark und hatte große Muskeln, so dass er mich gerade noch festhalten konnte.
    »Wieso sind Sie nicht schwul?«, fuhr ich fort. »Sie müssen schwul sein.«
    Mein Benehmen war noch schlimmer als ordinär, ich
weiß. Aber wie konnte er nicht schwul sein? Ich hatte die letzten Stunden unaufhörlich mit ihm geflirtet. Es war okay für mich gewesen, dass er andere Männer bevorzugte, ja sogar amüsant und harmlos, und obwohl es eigentlich nicht richtig war, war es kein grober Verstoß gegen anständiges Benehmen. Aber wenn er nicht schwul war …
    »Sie sind verärgert, weil ich nicht schwul bin?« In seinen dunklen Augen funkelte der Schalk. »Sind Sie sicher, dass Sie aus Texas sind?«
    »Sehr komisch. Und natürlich bin ich verärgert. Sie hätten damit schon früher herauskommen sollen.«
    »Genau wie Sie vorher, als Sie gesagt haben, Sie himmeln mich an?« Sein Mundwinkel hob sich.
    »Ich sagte, ich könnte sie leicht anhimmeln.«
    Ich machte mich von ihm los, strich mein Kleid glatt und versuchte, mir einen Reim auf diesen Mann und sein Nicht-Schwulsein zu machen. Ich war am Boden zerstört und total verzweifelt. Und scharf wie eine Rasierklinge, und zwar auf völlig unangemessene, geile Art und Weise. Ich, Frede Ware, war geil!
    Ich hatte mein Leben lang gelernt, dass man unangemessene Emotionen nicht hat, und jetzt hatte es mich erwischt.
    Sawyer fand das komisch. »Wenn es Ihnen damit besser geht, können Sie nach wie vor so tun, als sei ich schwul.«
    Wenn das nur möglich gewesen wäre. Aber ich war schon zu lange die Tochter meiner Mutter, als dass ich einfach hätte so tun können. Sollte ich es einfach ignorieren? Ja. Aber jetzt, wo ich wusste, dass er heterosexuell war, konnte ich unmöglich so tun, als wäre das merkwürdige Kribbeln, das ich verspürte, nichts, über das ich mir Sorgen machen müsste. Als ich noch geglaubt hatte, dass
er Männer vorzog, hatte ich dieses Kribbeln als Anzeichen schierer Verzweiflung angesichts meines Mangels an Beziehungen in den letzten Wochen abgetan. Und obwohl ich darauf achtete, dass ich mich anständig benahm, war ich eine Frau und erst achtundzwanzig Jahre alt. Ich war noch nicht tot. Es würde schwierig werden, einen gut aussehenden, ungebundenen heterosexuellen Mann, bei dem mein Körper Anzeichen von Leben zeigte, zu ignorieren.
    Gott sei Dank tauchte der Fotograf auf. »Wir sind hier fertig«, sagte er.
    Ich lächelte ihn mit gespielter Aufrichtigkeit an. »Schön, und vielen Dank. Die Fotos werden bestimmt wunderschön. Ich weiß es sehr zu schätzen, dass Sie zu mir gekommen sind.«
    Aber der Mann stand einfach nur da. Dann wanderte sein Blick zu Sawyer und kurz darauf wieder zu mir. Schließlich sagte Sawyer: »Moment.«
    Er ging zu seinem Matchbeutel und nahm etwas daraus hervor. Ein Scheckbuch! Er wollte zahlen!
    Mein Rücken versteifte sich vor, wie ich vermute, Verlegenheit. »Also wirklich nicht«, sagte ich. »Ich hole einen Scheck aus dem Haus.«
    Ich rannte über die Poolterrasse, und die Absätze meiner wunderschönen Delman-Schuhe machten auf den Pflastersteinen ein klickendes Geräusch. Einige Minuten später zückte ich mein vorläufiges Scheckbuch, um einen Scheck auszustellen.
    »Wie viel schulde ich Ihnen, Reynaldo?«, fragte ich.
    »Ich berechne fünfhundert Dollar für die Aufnahmen.«
    Fünfhundert Dollar für ein einfaches Foto?
    »Abzüge nicht inbegriffen. Die kosten noch mal fünfhundert.
Wenn ich die Abzüge habe, können Sie sie in meinem Studio abholen.«
    Eintausend Dollar?
    Mein blauer Tiffany-Kugelschreiber zitterte, während ich den Scheck ausstellte.
    Mein Künstler sah mich neugierig an, nahm seinen Beutel und warf mir einen sinnlichen Blick zu, der mich

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