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Engel aus Eis

Titel: Engel aus Eis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Camilla L�ckberg
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geklopft und sie mit ihrem richtigen Namen angesprochen hatte. Eine seltsame Mischung aus Erschrecken und Erleichterung.
    In seinem Fall war der Preis zu hoch gewesen. Es hatte ihn Erik gekostet.
    Wenn nur Elsys Tochter nicht mit diesem Orden gekommen wäre, der alles symbolisierte, was er zu vergessen versucht hatte, obwohl er damit leben musste. All das hatte sie auf einen Schlag wieder zum Leben erweckt, und Erik hatte das als Zeichen gewertet, dass es nun an der Zeit war. Denn natürlich hatte Erik schon öfter davon gesprochen, dass sie ins Reine bringen sollten, was sie konnten, oder sich zumindest verantworten mussten. Nicht vor dem Gesetz. Dafür war es zu spät. Auf strafrechtlicher Grundlage konnten sie nicht mehr verurteilt werden. Aber auf menschlich-moralischer Ebene. Vor ihren Mitmenschen müssten sie für das, was sie getan hatten, geradestehen, hatte Erik gesagt. Starrsinnig beharrte er darauf, dass sie die Schande und Verurteilung, vor der sie sich so lange gedrückt hatten, verdient hätten.
    Axel war es jedoch immer wieder gelungen, ihn zu beruhigen und ihm klarzumachen, dass das nichts nützen würde. Es würde nur Schaden anrichten. Denn das, was geschehen war, ließ sich nicht rückgängig machen. Wenn sie es hinter sich ließen, könnte Axel sein Leben der Wiedergutmachung und Gerechtigkeit widmen. Für ihre eigene Schuld konnte er zwar nicht einstehen, aber seine Arbeit diente der guten Sache und bekämpfte das Böse. Und wenn Erik weiterhin darauf bestand, dass sie für alte Sünden büßen müssten, könnte er nicht weiterarbeiten. Was passiert war, könne man nicht mehr ändern, und es sei sinnlos, all das Gute, das sie geleistet hätten und noch leisten würden, für eine Sühne zu opfern, die niemandem etwas brachte. Selbst das Gesetz stünde ihrem Verbrechen gleichgültig und machtlos gegenüber.
    Erik hörte zu und versuchte zu verstehen, aber tief im Innern wusste Axel, dass die Schuldgefühle an seinem Bruder nagten und ihn innerlich auffraßen, bis nur noch Scham übrig war. Axelbemühte sich, seinen Bruder für die Idee einer Welt aus Grautönen zu gewinnen, obwohl er wusste, dass es auf die Dauer nicht funktionieren würde. Denn in Eriks Welt gab es nur schwarz und weiß. Fakten. Keine Zweideutigkeiten. Seine Welt bestand aus Jahreszahlen und Namen, Daten und Orten, in schwarzer Schrift auf weißem Grund. Damit hatte Axel zu kämpfen. Lange Zeit erfolgreich. Sechzig Jahre. Dann war Erica Falck mit einem Symbol aus der Vergangenheit über ihre Schwelle getreten. Gleichzeitig ließ eine Krankheit, die Brittas Gehirn angriff, allmählich auch ihre Verteidigungsmauern einstürzen.
    Erik schwankte immer mehr. Axels Panik steigerte sich von Tag zu Tag. Verzweifelt redete er auf ihn ein. Er konnte sich nicht für etwas verantworten, das nicht zu ihm passte. Denn so kannten die Menschen ihn nicht. Alles, was er darstellte, alles, was andere in ihm sahen, würde sich in Schall und Rauch auflösen. Und dann blieb nur noch das Entsetzliche übrig. Sein Lebenswerk würde in sich zusammenfallen.
    Dieser Tag im Arbeitszimmer. Erik rief ihn in Paris an und sagte, es sei jetzt an der Zeit. Einfach so. Er klang betrunken, was ungeheuer besorgniserregend war, weil Erik sonst nur wenig Alkohol trank. Er weinte am Telefon und sagte, er könne es nun nicht mehr vor sich herschieben. Von Viola habe er Abschied genommen, weil er ihr die Schande ersparen wollte, wenn die Wahrheit ans Licht kam. Dann murmelte Erik, er habe den Stein bereits ins Rollen gebracht, könne nun nicht länger darauf warten, dass jemand anders ihre schmutzige Wäsche ans Licht zerrte, weil er selbst nicht den Mut zu einem Geständnis habe. Jetzt sei Schluss mit der Feigheit und dem Warten, lallte er, während Axel mit schweißnasser Hand den Telefonhörer umklammerte.
    Axel stürzte in das erstbeste Flugzeug nach Hause, um mit ihm zu diskutieren und ihn zu überzeugen. Er fand seinen Bruder im Arbeitszimmer. Axel schloss die Augen. Das Herz tat ihm weh, als er ihn wieder vor sich sah. Erik saß am Schreibtisch. Gedankenverloren kritzelte er auf seinem Notizblock herum, während er mit rauer und tonloser Stimme die Worte sagte, die Axel seit Jahrzehnten fürchtete. Erik hatte sich entschieden. Die Schuldgefühle fraßen ihn auf, und er konnte nicht länger dagegen angehen. Klar und deutlich teilte er Axel mit, er habe Schritte eingeleitet, damit sie sich nun endlich der Verantwortung stellten.
    Axel hatte gehofft, Eriks Worte am

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