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Engel aus Eis

Titel: Engel aus Eis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Camilla L�ckberg
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dein Vater?«, fragte Gösta.
    »Mein Exmann heißt Kjell Ringholm«, antwortete Carina spitz. »Ich kann Ihnen seine Telefonnummer geben.«
    Martin und Gösta sahen sich an.
    »Ist das der Kjell Ringholm vom Bohusläningen ?«, wollte Gösta wissen. In seinem Kopf passten allmählich alle Puzzleteile zusammen. »Der Sohn von Frans Ringholm?«
    »Frans ist mein Großvater«, antwortete Per stolz. »Er ist total cool. Er war sogar schon im Gefängnis, aber nun arbeitet er politisch. Bei der nächsten Kommunalwahl kommen sie rein und können mitregieren, und dann fliegen die ganzen Kanaken hier raus.«
    »Per!«, rief Carina entsetzt und wandte sich an die Polizisten. »Er ist in dem Alter, in dem man auf der Suche ist und verschiedene Rollen ausprobiert. Es stimmt, sein Großvater hat keinen guten Einfluss auf ihn. Kjell hat Per verboten, Frans zu sehen.«
    »Das könnt ihr gerne versuchen«, brummte Per. »Dieser Mann mit dem Nazikram hat jedenfalls bekommen, was er verdient hat. Ich habe ihr Gespräch belauscht, als mein Vater mich abholen kam. Der Alte wollte ihm Stoff für seine Artikel über Schwedens Freunde geben, vor allem über Frans. Sie haben nicht gemerkt, dass ich zugehört habe, aber sie wollten sich bald wiedersehen. Verräter! Ich kann verstehen, dass Opa sich für Papa schämt«, stieß Per hasserfüllt aus.
    Carina gab ihm eine klatschende Ohrfeige. In der Stille danach sahen Mutter und Sohn sich mit einer Mischung aus Überraschung und Verachtung an. Dann wurden Carinas Züge weicher. »Verzeih mir, Liebling. Das war keine Absicht … ich … es tut mir leid.« Sie wollte ihn umarmen, aber er stieß sie schroff von sich.
    »Hau ab, du beschissene Säuferin! Du fasst mich nicht an!«
    »Jetzt beruhigen wir uns mal.« Gösta erhob sich halb und starrte Carina und Per wütend an. »Ich glaube, im Moment kommen wir nicht weiter. Per, du kannst vorläufig gehen, aber …« Er blickte Martin fragend an, und der nickte fast unmerklich. »Wir werden Kontakt zum Jugendamt aufnehmen. Es gibt nämlich einige Dinge, die uns beunruhigen. Die Ermittlungen wegen der Körperverletzung gehen ohnehin ihren Gang.«
    »Ist das wirklich nötig?«, fragte Carina mit zitternder Stimme, aber ohne wirkliche Energie. Gösta hatte den Eindruck, dass sie teilweise auch erleichtert war, dass endlich jemand ihre familiäre Situation in die Hand nahm.
    Als Per und Carina die Dienststelle Seite an Seite, aber ohne einander anzusehen, verlassen hatten, folgte Gösta Martin in dessen Zimmer.
    »Nun haben wir reichlich Stoff zum Nachdenken.« Martin setzte sich.
    »Allerdings.« Gösta kaute auf der Unterlippe und wiegte sich auf den Absätzen.
    »Möchtest du etwas sagen?«
    »Ja, eine Sache vielleicht.« Gösta nahm Anlauf. Seit Tagen regte sich etwas in seinem Unterbewusstsein. Während des Verhörs war ihm plötzlich aufgegangen, was es war. Es fragte sich nur noch, wie er sich ausdrücken sollte. Martin würde nicht erfreut sein.
    Lange stand er zögernd auf dem Treppenabsatz vorm Haus. Schließlich klopfte er an. Herman öffnete umgehend.
    »Da bist du also.«
    Axel nickte. Er blieb vor der Tür stehen.
    »Komm rein. Ich habe deinen Besuch nicht angekündigt, weil ich nicht wusste, ob sie sich noch an dich erinnert.«
    »Ist es so schlimm?« Axel betrachtete den Mann vor sich voller Mitgefühl. Herman sah müde aus. Leicht hatte er es bestimmt nicht.
    »Ist das eure Sippschaft?«
    »Ja, der ganze Haufen.«
    Mit hinter dem Rücken gefalteten Händen betrachtete Axel die Bilder. Mittsommerfeste und Geburtstage, Weihnachten und Alltag. Ein Gewimmel von Erwachsenen, Kindern und Enkelkindern. Einen Augenblick lang erlaubte er sich, darüber nachzudenken, wie seine eigene Fotowand ausgesehen hätte. Aufnahmen aus dem Arbeitszimmer. Riesige Papierstapel. Unzählige Abendessen mit Politikern und anderen mächtigen Personen. Einige wenige Freunde, wenn überhaupt. Nicht viele konnten einen Menschen ertragen, der ständig auf der Jagd war, der immer den Antrieb verspürte, irgendwo da draußen noch jemanden zu finden. Wieder einen Verbrecher, der unberechtigterweise ein angenehmes Leben führte. Noch einen, der trotz des Bluts an seinen Händen das Privileg genoss, die Köpfe seiner Enkelkinder tätscheln zu dürfen. Wie hätten sich Familie, Freunde und ein normales Leben mit diesem Drang vereinbaren sollen? Die meiste Zeit seines Lebens hatte er sich nicht einmal die Frage gestattet, ob er etwas vermisste. Als seine Arbeit Früchte

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