Engel beißt man nicht! (German Edition)
umgekehrt auch, dass Wesen von der Hölle ebenfalls unter uns weilen.“
Sienna lächelte und schüttelte den Kopf. „Du darfst das nicht christlich gefärbt sehen. Viel eher ist es so: Die Polarität in der wir leben muss aufrecht erhalten werden. Dafür gibt es schwarz und weiß, hell und dunkel, Gut und Böse. Aber Gut und Böse ist reine Definitionssache. Es existiert nicht wirklich. Du siehst ja schon zwischen Völkern inwieweit es reine Ansichtssache sein kann. Aber ab hier wird es richtig kompliziert.“
Alana hatte eine tiefe Grübelfalte über der Nase. Sienna versuchte es simpler zu erklären, während sie die Kaffeekanne holte, Porzellanbecher aus dem Schrank nahm und ihnen einschenkte.
„Licht und Dunkel, Gut und Böse, halten sich die Waage auf diesem Planeten. Manchmal gewinnt die eine Seite die Oberhand, dann greifen Helfer sanft ein. Helfer von beiden Seiten. In christlichen Worten: aus dem Himmel und aus der Hölle. In Wahrheit gibt es aber nur eine Quelle. Balance soll herrschen. Die Lebewesen sollen die gesamte Bandbreite des Spielfeldes ihrer Existenz zur Verfügung haben. Gut und Böse gleichermaßen. Es stammt sowieso alles von einem Erfinder.“
Alana nickte langsam. „Gott.“
„Nennen wir ihn so, der Einfachheit halber. Das Konzept Gottes kann man nicht beim Kaffee erklären, glaube mir.“
Alana lachte, noch immer ungläubig. „Versuchs doch mal.“
„Das wäre so, als ob man einer Ameise etwas klarmachen wollte. Schlicht unfassbar für menschliche Gehirne.“
„Aber ich bin kein Mensch“, wandte Alana ein.
„Zum Verstehen benutzt du ein menschliches Gehirn, nicht wahr? Außerdem wurden noch keine Worte erfunden, die auch nur annährend die Wahrheit beschreiben könnten. Stell dir vor du wolltest einem Steinzeitmenschen einen Computer erklären. Sein Wortschatz wäre nicht ausreichend, um dich zu verstehen.“
Sie tranken beide einen Schluck Kaffee. Alana gab sich argumentativ geschlagen. „Das ist ja spannend, Sienna. Wenn das stimmt, bist du uns definitiv einen Schritt voraus. Du kannst nicht sterben! Wir können sterben, das heißt, wenn unser Körper zerstört ist, dann können wir uns nicht einfach einen neuen kreieren und wiederkommen.“
Sienna lächelte. Sie hatte vollkommen recht. Engel waren Vampiren überlegen. Dennoch wusste sie zu wenig über diese Spezies, um das auch nutzen zu können. „Wie seid ihr entstanden?“
Alana kämmte mit den Fingern ihr Haar nach hinten. „Das ist eine lange Geschichte. Julian kann sie viel besser erzählen als ich. Hast du was zu essen im Haus? Ich hab Hunger.“ Ihr Blick suchte die Küchenablageflächen ab.
„Du willst dich hoffentlich nicht auch noch an meinem Blut bedienen. Ich bin nämlich kein Vampir-Drive-In.“
Das brachte sie zum L achen. „Wäre echt praktisch. Menschen nehmen den Blutverlust nicht so leicht hin wie du. Du wärst so etwas wie ein Füllhorn für mich. Aber nein, ich dachte an Pizza.“
„Vampire essen wie Menschen?“
„Sag bloß Engel essen nicht.“
„Doch. Der menschliche Leihkörper will versorgt werden.“
„Aha. Wir könnten ohne Essen auskommen. Aber es macht mehr Spaß. Wir haben nämlich besonders stark ausgeprägte Sinne und Essen ist ein Hochgenuss. Übrigens verrottet etwas in deiner Spüle. Ich hab’s gleich beim R einkommen gerochen.“
Sienna erschnupperte die Luft. Sie konnte nichts feststellen. Alana überprüfte inzwischen den Inhalt des Kühlschrankes.
„Eine einsame, genmanipulierte Tomate.“
„Tut mir Leid, ich war auf Reisen und hatte noch keine Zeit einkaufen zu gehen. Musste mich mit Vampiren herumschlagen.“
Alana grinste. „Verstehe. Ich geh schnell was holen. Da ist ein Italiener um die Ecke. Bin gleich wieder zurück.“
Sie verschwand und Sienna starrte aus dem Fenster in den Garten. Pizzaessen mit einem Vampir. Das war neu. Sie fragte sich, ob sie das alles nur träumte.
Ein Windstoß in ihrem Haar ließ Sienna aus ihren Betrachtungen erwachen. Doch statt Alana stand Mountbatten vor ihr, ganz in Schwarz gekleidet und sah sie bedrohlich an. Oh, oh, dachte sie. Noch ein saurer Vampir. Langsam hatte sie genug von diesen unangemeldeten Besuchern. Seine Augen starrten in die ihren. Nicht schon wieder.
„Spar dir die Mühe, Fürst der Dunkelheit. Noch einmal falle ich nicht darauf rein.“
Julian runzelte die Stirn, was ihn noch attraktiver machte. Sienna schüttelte innerlich den Kopf. Es war nicht richtig , sich von seiner äußeren Erscheinung
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