Engel beißt man nicht! (German Edition)
verhindern können. Das tonnenschwere Gefühl des Versagens legte sich auf ihre Brust. Aber es konnte auch der Wundschmerz in ihrer Herzgegend gewesen sein. Die Welt um sie versank in der Vampire Lieblingsfarbe.
*
„Warum bist du so schlecht drauf? Du hast doch eben gegessen “, sagte Alana zu Julian.
Hatte er nicht, doch das wollte er Alana nicht auf die Nase binden. In Gedanken versunken hatte er aus dem Fenster gestarrt, anstatt sich an Jacques Personal zu vergreifen, so wie einige der anderen. Ein paar waren draußen auf die Jagd nach einsamen Spaziergängern gegangen. Genau wie Antonio, nur nicht so tödlich.
Julian nahm die Hand von der Türklinke. Sie standen im Flur vor dem Zimmer, in dem Sienna sich erholte. Er sah schweigend auf Alana herab. Sie war ein ganzes Stück kleiner als er.
„Ist es wegen des Engels? Sie wird es überleben“, sagte sie.
„Höre ich in deiner Stimme eine gewisse Schärfe?“
Alana zuckte mit den Schultern. „Ich verstehe nicht was du für ein Aufhebens um sie machst.“
„Ich mache kein Aufhebens um sie. Sie hat sich meinem Befehl widersetzt, die kleine Hexe, und wurde verletzt. Das macht mich sauer.“
„Bist du deswegen wie ein Irrer zu ihr gestürzt und hast an ihr gerüttelt, als sei sie deine Geliebte, die drohte , von dir zu gehen?“
Er sah sie nur an, schweigend und warnend. Sie war dabei , seine Grenze zu überschreiten und wusste es. Schnell wechselte sie das Thema. „Es macht dich sauer, dass du nichts dagegen tun kannst. Dass du sie nicht unter Kontrolle hast, so wie uns. Sie folgt ihrer eigenen Agenda und kümmert sich einen Dreck um deine Anordnungen.“
Julian spürte Rage hochkommen, doch ein Flattern in Alanas Augen beruhigte sein Gemüt. Sie meinte nicht was sie sagte. „Du bist eifersüchtig.“
„Habe ich keinen Grund dazu?“
Er näherte sich ihrem Gesicht und seine Stimme verdunkelte sich wie der Himmel vor einem Sturm. „In der Tat nicht. Weil wir beide längst fertig miteinander sind. Alana, wieso siehst du das nicht ein? Du machst es uns beiden schwer.“
Sie nickte und wich seinem Blick aus. „Und was willst du nun gegen sie unternehmen? Willst du ihr das durchgehen lassen?“
Julian straffte seine Schultern. „Ich sehe nicht was ich daran ändern könnte. Sie gehört nicht zu uns. Streng genommen kann ich ihr gar nichts befehlen.“ Alana öffnete verblüfft den Mund. „Natürlich werde ich ihr das nicht sagen, sonst schreckt sie vor gar nichts mehr zurück“, setzte er hinzu.
„Julian, ich warne dich. Sie ist dabei , Macht über dich zu gewinnen.“
Alanas Augen funkelten im schwachen Licht der Deckenbeleuchtung. Macht über ihn. Konnte sie recht haben? Nur der Rat hatte Macht über ihn, und die Blutgier, sonst niemand.
„Blödsinn“, sagte er barsch.
Alana lächelte unverschämt zweifelnd, doch Julian hatte keine Energie , sich mit ihr anzulegen. Er war müde. Müde von zweitausendfünfhundert Jahren Leben und einem Tag, der mit einer Herzentfernung an einem früheren Freund enden musste. Mit den Befindlichkeiten der weiblichen Psyche konnte und wollte er sich heute nicht mehr auseinandersetzen.
„Geh mir aus den Augen, Alana“, sagte er, mit der resignierten Betonung eines Vaters, der endlich seine Ruhe haben will und dem Teenager deshalb den Schlüssel seines Wagens zuwirft. Schlafen, alles was er wollte war schlafen. Möglichst für ein Jahrhundert oder zwei. Er drückte die Klinke nach unten.
Alana holte entsetzt Luft . „Du willst doch nicht etwa jetzt noch mal zu ihr gehen? Ich kann das machen, und außerdem hat Jacques Personal für solche Fälle und … “
Sein Blick gebot ihr , zu verstummen.
„Gute Nacht, Julian“, sagte sie mit dem Tonfall von fahr zur Hölle!
Er wartete , bis sie um die Ecke war, schüttelte den Kopf und betrat das Zimmer des Engels.
Sie lag auf dem großen Bett wie aufgebahrt auf dem Rücken, ihr Haar auf dem Kissen fächerförmig unter ihr ausgebreitet. Wie ein Engel. Sie war ein Engel. Er verstand es nicht, aber es musste so sein.
Was, zum Teufel, hatte er hier zu suchen? Was machte einer wie er in der Gegenwart eines Engels? Satan persönlich würde sicher gleich durch das Parkett stoßen und Julian an den Füßen packen, näherte er sich auch nur einen weiteren Schritt dem himmlischen, lupenreinen Wesen des Lichtes.
Aber sie brachte ihm Frieden. Und er brauchte ihn dringend, diesen Frieden.
„Bist du meine Erlösung?“, flüsterte er. „Oder mein
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