Engel_der_Elemente-1
Wahl hätte sie schon gehabt? Er war ein Vampir und denen sagte man erstaunliche Fähigkeiten nach. Außerdem wollte sie mit ihm tanzen.
Als die beiden auf die Tanzfläche traten, begann ein neues Stück. Ein Tango. Anthony führte Edna, begann zaghaft und langsam. Dann wurde er zunehmend impulsiver - dem Tangotakt getreu. Die Luft zwischen ihnen bestand nur noch aus knisternder Spannung. Anthony berührte sie mal sanft, dann wieder so fest, als wollte er sie nie wieder loslassen. Als das Stück endete, ließ er sie zögerlich los. Er verbeugte sich vor ihr.
„Du tanzt sehr gut“, lobte er. „Ich glaube, wir beide gönnen uns jetzt einen Drink.“ Er bot ihr seinen Arm an.
Edna war noch ganz benommen von den vielen Gefühlen, die auf sie eingestürmt waren, deshalb nickte sie nur. In der Folge hakte sie sich bei ihm ein und ging mit ihm zur Bar hinüber. Ihre Schritte kamen ihr vor, als würde sie nicht über festen Boden, sondern über Wackelpudding laufen. Ihr Kopf war erfüllt von den verwirrendsten Gedanken.
Was geschieht hier eigentlich?, rätselte sie.
„Was möchtest du?“, fragte er.
„Ich weiß nicht, Scotch vielleicht. Einen doppelten!“, antwortete sie mit zitternder Stimme.
Hoffentlich räumte der Alkohol mit meinem inneren Durcheinander wieder auf!, dachte sie.
„Zwei doppelte Scotch, ohne Eis bitte", bestellte er daraufhin bei der Bardame.
Edna sah, wie diese ihn musterte, als wolle sie ihn auf der Stelle ausziehen. Irgendwie passte Edna das nicht - sie räusperte sich deutlich hörbar. Darauf reagierte die Bardame mit einem missfallenden Gesichtsausdruck und ging sich um die bestellten Getränke kümmern.
„Danke“, sagte Anthony. „Leider passiert mir das immer wieder. Ich finde das äußerst lästig. Dieses angeschmachtet werden ist einfach nur eklig, ich komme mir manchmal vor, wie ein Objekt!“
Edna hatte sich wieder einigermaßen im Griff. Ihr Kopf funktionierte zwar noch nicht ordentlich, aber die Benommenheit war verschwunden. „Schon in Ordnung, ich fand es nur etwas unpassend von ihr. So als stünde ich gar nicht neben dir.“
Die Bardame servierte währenddessen wortlos den Scotch und verschwand rasch.
„Lass uns anstoßen. Auf die schönste Frau, die ich in meinen einhundertsechsundzwanzig Jahren kennengelernt habe!“
Edna machte große Augen. War das nun vampirisches Gehabe oder ein ehrliches Kompliment? Sie hatte keine Ahnung von Männern!
Er erkannte wohl, was sie momentan dachte. „Auf dich, denn ich habe noch nie jemanden getroffen, der so ist wie du. Und ... du kannst mich gerne so ansehen, wie die Bardame es eben getan hat.“
Damit hatte sie nicht gerechnet. Sie wurde verlegen und senkte den Blick.
„Na - na. Sieh mich an.“
Anthony fasste unter ihr Kinn und hob ihren Kopf an. Da war es wieder. Wenn er ihre Haut berührte, fühlte er sich, als stünde er in Flammen. Die Hitze breitete sich in ihm aus und alle seine Sinne erwachten. Was passierte denn mit ihm? Warum fühlte er sich bei Edna so eigenartig? Nie zuvor hatte er sich so schlecht unter Kontrolle gehabt. Es gelang ihm kaum, seine vampirischen Eigenschaften im Zaum zu halten.
Edna sah ihn an und bemerkte erneut den Farbwechsel in seinen Augen.
„Warum machst du das?“, fragte sie. „Deine Augen, sie wechseln von Blau zu Weiß.“
„Das muss an dir liegen", antwortete er kaum hörbar. „Wenn ich dich anfasse, geschieht etwas in mir. Ich kann es kaum erklären.“
Edna ging es genauso. Als er ihre Haut berührt hatte, war es wie Tausende feine Nadelstiche gewesen. Sie war vollkommen aufgewühlt. Diese Reaktion auf ihn war alles andere als normal - fand sie.
Anthony erhob das Glas und sie tat es ihm nach. Sie stießen an und Edna kippte den Inhalt in einem Zug hinunter. Sie spürte das Brennen, als der Scotch in ihrem Magen ankam, schloss die Augen und atmete tief durch. Als sie die Augen wieder öffnete, lächelte Anthony sie an. Seine Fänge waren deutlich zu erkennen.
„Ich bin nicht deine Beute! Pack die Zähne wieder ein“, bemerkte sie scharf und sah ihn herausfordernd an.
Letzten Endes war sie eine Kämpferin, würde auf gar keinen Fall auf seinem Speiseplan stehen – wehren konnte sie sich mit Sicherheit. Sollte er sie bedrohen, könnte sie ihn locker in Flammen aufgehen lassen - das vermutete Edna zumindest. Probiert hatte sie dergleichen noch nie. Dennoch glaubte sie an ihre Kraft und die Macht, die in ihr schlummerte.
„Es tut mir leid, ich versuch’ s.
Weitere Kostenlose Bücher