Engel der Finsternis (German Edition)
sie?“
„Eine ist hier im Haus, die anderen schleichen um euren Stall herum“, erwiderte er mit einer Stimme, die wohl beruhigend klingen sollte, Walburga aber nur noch mehr verängstigte.
„Kannst du mich nicht von hier wegbringen?“ Schutz suchend trat sie wieder an Balam heran, weil sie vom Jaulen eines Hundes erschreckt wurde.
„Das liegt nicht in meiner Macht. Ich kann nicht gegen den Willen Gottes verstoßen.“
„Es ist Sein Wille, dass die Weiber uns heimsuchen?“ Walburgas Stimme klang schrill vor Entsetzen und Empörung.
„So habe ich das nicht gemeint“, beschwichtigte Balam. „Es ist Sein Wille, dass du eine Leibeigene bist und hier in diesem Dorf lebst. Er hat dir diesen Platz zugewiesen. So wie er mir den meinen zugewiesen hat an deiner Seite.“
Walburga sah ihn flehentlich an. „Kannst du nicht bei Gott für mich …?“
Balam schüttelte den Kopf. „Er lässt nicht mit sich handeln. Aber es gäbe da vielleicht eine Möglichkeit …“
„Ja?“
„Nun, wenn ein anderer dich aus deiner Not erlösen wollte, aus freien Stücken, dann wäre das kein Verstoß gegen Seinen Willen und du …“
„Wer könnte mich erlösen?“, fiel sie ihm ungeduldig ins Wort.
„Es müsste jemand sein, der dich an seiner Seite haben möchte. Jemand, der auf deine Gesellschaft nicht mehr verzichten und dich unbedingt aus deiner Not erretten will. Ein Mann von Ehre, der nicht so sehr auf deine Herkunft achtet, sondern mehr auf das, was du für ihn tust …“
„Wie der Graf!“, warf sie aufgeregt ein.
Der Engel riss die Augen auf und schüttelte mit schlecht gespielter Ungläubigkeit den Kopf. „Also ich weiß nicht, der Standesunterschied ist doch recht groß.“
„Aber er begehrt mich!“
Balam nickte. „Das stimmt. Aber nur deinen Körper und nicht mehr.“
„Reicht das nicht?“ Verständnislos schaute Walburga zu ihm auf. Balam konnte ein Lächeln nicht unterdrücken.
„Wenn du dauerhaft aus deiner Not errettet werden willst, reicht das nicht. Du siehst doch, wie er dich weggeschickt hat, obwohl das Wilde Heer umgeht.“
Walburga senkte den Blick. „Was soll ich nur tun?“
Balam sah mit funkelnden Augen auf sie herab. Er fletschte die Zähne und zischte leise wie eine Schlange. Seine geballten Fäuste zitterten. Kurz blickte er zurück über die Schulter auf die Gräfin, die reglos in der Finsternis stand. Als Walburga den Kopf hob, setzte Balam sofort wieder eine freundliche Miene auf, die nichts außer Mitgefühl zeigte.
„Ich selbst kann nichts tun. Wie ich schon sagte, kann ich nicht gegen den Willen Gottes verstoßen.“
„Ich bitte dich!“, stieß Walburga verzweifelt hervor. Sie brauchte seine Hilfe, wollte sie unbedingt. „Bitte!“
Balam tat, als müsste er überlegen. Er drehte den Kopf hin und her und atmete schwer wie jemand, der eine schwierige Entscheidung zu treffen hat, von der er nicht weiß, welche Folgen sie für ihn haben könnte. „Also es gibt da etwas …“, begann er langsam. „Wie du weißt, hat der Graf ein … Gebrechen, das ihm sehr zu schaffen macht.“
„Was meinst du?“
„Konrad ist kein ganzer Mann mehr. Er vermag zwar einer Frau beizuwohnen, aber er ist nicht mehr in der Lage, sich in sie zu ergießen.“
Walburga bekam groß Augen. „Aber die Gräfin ist im Kindbett gestorben!“
Balam setzte ein vieldeutiges Lächeln auf. „Ich bin sicher, dass der Graf einer Frau, die ihn von diesem Gebrechen zu befreien vermag, auf ewig dankbar sein würde.“
„Aber wie?“, stieß Walburga hervor. „Sag es mir, bitte! Was muss ich tun?“
Balam zögerte wieder. „Gut, ich helfe dir“, meinte er schließlich. „Aber rede mit niemandem darüber!“
Er zählte ihr einige Kräuter auf, die sie sich aus der Küche der Burg holen sollte. Dann verriet er ihr die magischen Worte, welche sie sprechen musste, während sie die Kräuter zerrieb. „Mische sie ihm ins Bier, ehe er sich zu dir legt!“, fügte er hinzu. „Das musst du jedes Mal tun, wenn er nach dir verlangt.“
„Dann werde ich seine Frau?“ Erwartungsvoll blickte Walburga zu ihm auf.
Balam schüttelte den Kopf und dämpfte damit ihre Begeisterung. „So einfach ist es leider nicht. Der Graf begehrt deine Schwester. Er wird sie nicht aufgeben wollen, auch wenn du ihn von seinem Gebrechen befreist. Er will Franziska heiraten. Daran besteht kein Zweifel. Aber wenn sie seine Frau ist und du seine Geliebte, dann hast du doch …“
„Niemals!“, schrie Walburga
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