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Engel der Finsternis (German Edition)

Engel der Finsternis (German Edition)

Titel: Engel der Finsternis (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S.B. Brothers
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gotteslästerlichen Treiben abhalten.
    Als Franzi in die Küche gekommen war, hatte man ihr wie üblich anfangs keine Beachtung geschenkt. Sie war nicht einmal bemerkt worden, weil in der Küche ein regelrechter Aufruhr herrschte. Alle redeten lautstark durcheinander. Vom „Zorn Gottes“ und dem „ewigen Höllenfeuer“ war ebenso die Rede wie von „schändlicher Wollust“ und den „Mächten der Finsternis“.
    „Sie ist eine von denen!“, rief eine der Mägde, die gerade einem Huhn mit kräftigen, ruckartigen Bewegungen die Federn ausriss. „Ihr werdet sehen, diese Dirne bringt nur Not und Elend über uns!“ Als sie Franzi am Fuße der Wendeltreppe erkannte, riss sie zuerst erschrocken die Augen auf, verstummte und senkte rasch den Kopf.
    Mit ihr waren auch alle anderen in der Küche verstummt und nur noch das Prasseln der Flammen und das Zischen des Bratensaftes, der von den Hühnchen ins Feuer tropfte, war zu hören gewesen. Der Junge, der den Bratenspieß drehen musste, hielt kurz inne, wischte sich mit dem Ärmel den Schweiß von der Stirn und warf dem Koch einen fragenden Blick zu.
    Franzi drohte unter der Last des Schweigens zusammenzubrechen. Ohne ihr dazutun, fand sie sich einer unüberwindlichen Mauer aus Wut und Furcht gegenüber. Die spürbare Feindseligkeit legte sich um ihren Hals wie eine riesige Hand und nahm ihr den Atem. Stolpernd hatte sie sich dem Koch genähert, der sie aus zusammengekniffenen Augen beobachtete.
    Unter dem langen, grob gezimmerten Tisch lagen zwei Jagdhunde des Grafen und knurrten, als sie an ihnen vorüberging. Franzi warf einen flüchtigen Blick auf die Lebensmittel, die auf der Tischplatte ausgebreitet waren. Eier, Äpfel, Brot, Gemüse, Käse und Nüsse lagen bereit für das Mahl des Grafen. Es duftete verführerisch und Franzis Magen begann zu knurren. Sie konnte nichts dafür. Seit Stunden hatte sie nichts mehr gegessen. Ihr war übel vor Hunger und Aufregung. Und nun dieser Zorn, der ihr von überall her entgegenschlug.
    Dietmar hörte die Geräusche, die ihr Magen verursachte. Er steckte sich ein Stück Brot mit Käse in den Mund, kaute geräuschvoll und fragte, was sie wolle.
    Der Koch maß Franzi mit einem Blick voller Verachtung, als sie ihr Anliegen vorbrachte. „Dann nimm dir eben den Krug dort und fülle ihn. Die Bierfässer stehen da hinten in der Ecke.“
    Franzi warf einen sehnsüchtigen Blick auf die Leckereien auf dem Tisch. Sie wusste, dass es sinnlos war, jemanden um ein Stück Apfel oder einen abgenagten Knochen zu bitten. Man würde ihr noch nicht einmal ein faules Ei überlassen. Dabei hatte sie absolut nichts getan. Nicht sie, sondern Walburga hatte im Bett des Grafen gelegen. Doch davon wollte niemand etwas wissen.
    Der Graf hatte sie zu sich in den Wehrturm bestellt und ihre Schwester aus der Burg gejagt. Was er nun wollte, war klar. Und niemand fragte sich, was in ihr vorging. Der Vorwurf, mit den Weibern unter einer Decke zu stecken, traf Franziska trotzdem vollkommen unvorbereitet. Sie wagte es nicht, sich zu verteidigen. Nicht nur, weil sie ahnte, dass keiner ihr zuhören würde. Sie befürchtete, angeschrien und womöglich sogar geschlagen zu werden. Denn die Stimmung in der Küche verschlechterte sich von Augenblick zu Augenblick.
    Der Koch deutete auf die beiden Bierfässer in einer Ecke der Küche. „Nimm das Bier und verschwinde endlich!“
    „Ganz sicher nicht!“ Hieronymus glühte vor Zorn. „Diese Weiber werden auf keinen Fall von eurer Gemahlin ablassen!“ Seine Augen funkelten, als er den Umhang enger um die Schultern zog und den Grafen herausfordernd ansah. Den anderen drei Männern am Tisch würdigte er keines Blickes.
    Neben dem Grafen und dem Kaplan saßen noch der Gutsverwalter Rainald von Hatzenturm, der Hausmeier Odilo von Schreckenstein und der Burgkommandant Wolfram von Segelbach am Tisch. Alle schwiegen. Keiner der Männer, nicht einmal Wolfram, der streitlustige Zechbruder des Grafen, wagte es, dem Kaplan ins Wort zu fallen oder ihm zu widersprechen.
    Konrad sah sich in der Runde um und wandte sich mit einem herausfordernden Blick Hieronymus zu. „Was macht dich so sicher, dass die Seele meiner Gemahlin bedroht ist? Glaubst du, dass sie so schwer gesündigt hat?“ Er hoffte, den Kaplan mit dieser Frage zum Schweigen zu bringen. Nicht einmal Hieronymus würde es wagen, ihm offen ins Gesicht zu sagen, dass seine Frau ihn betrogen hatte. Obwohl Konrad sich fast sicher war, der Geistliche wusste, mit wem die

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