Engel der Finsternis (German Edition)
Bauernmädchen in Ruhe!“
9. Kapitel
„Wieso sollte ich das tun?“, wollte Katharina von Balam wissen, als sie vor Grimberts Haus standen und auf das Eintreffen der anderen Weiber warteten.
„Weil Agreas es so will. Oder soll ich ihm etwa davon berichten, dass du dich seinen Befehlen widersetzen möchtest?“ Balam fletschte seine Zähne zu einem diabolischen Grinsen. Der Besuch bei Walburga hatte die tote Gräfin verändert. Noch vor wenigen Stunden hatte sie vor Angst geschlottert und um Gnade gefleht. Nun war sie so angriffslustig und bösartig wie jedes andere Weib im Wilden Heer. Agreas hatte es vorhergesagt. Er war von Anfang an sicher gewesen, dass Katharina sich ihnen nicht in den Weg stellen würde. „Nun?“
Katharina fauchte wie eine Wildkatze. Das reichte Balam als Antwort. Er nickte zufrieden und wandte sich den anderen Weibern zu, die aus allen Richtungen angeflogen kamen. Noch immer war es stockfinster, aber Balam konnte selbst in der Dunkelheit alles erkennen. Für Dämonen gab es keinen Unterschied zwischen Tag und Nacht.
So wenig wie für die Weiber, die mit gespenstischem Heulen und Jauchzen durch die Luft wirbelten und sich ihren Weg zwischen den Ställen und Hütten hindurch bahnten. Dabei trommelten sie gegen Läden, warfen Strohbündel von den Dächern und trieben streunende Hunde vor sich her. Sie fuhren wie Blitze in die Gehöfte hinein, ließen das Feuer aufflackern und wirbelten die Rauchschwaden auf, die langsam durch die armseligen Behausungen zogen. Anders als im Hause Grimberts schlief in den meisten anderen Häusern kaum jemand. Die Weiber hatten ihren Spaß, auch wenn sie noch nichts hatten tun dürfen. Denn wie den Dämonen war es auch ihnen verboten, aus eigenem Antrieb einem Menschen zu schaden. So mussten sie sich darauf beschränken, Angst zu verbreiten und das Vieh in Aufruhr zu versetzen.
Balam hörte die Kühe in den Ställen brüllen. Das Poltern der Schafe in ihren Koben hallte durch die mondlose Nacht. Das Federvieh zeterte schlimmer als beim Erscheinen eines Fuchses. Man sah immer wieder Fackeln aufflammen. Zu zweit oder zu dritt erschienen Männer und Frauen vor den Türen ihrer Häuser und riefen nach Hunden, Katzen und entlaufenen Ziegen. Ein Hase hoppelte so schnell er konnte an Balam und den Weibern vorbei in Richtung Wald. Der Dämon verspürte zwar den Wunsch, ihn zu töten, ließ ihn aber unbeschadet passieren. Es gab wichtigeres, als einen Hasen zur Strecke zu bringen. Lieber hätte er dem verzweifelt schreienden, kleinen Mädchen den Hals umgedreht. Aber die Mutter zerrte das haltlos weinende Kind ins Haus zurück und hinderte es mit einigen kräftigen Ohrfeigen daran, dem Hasen zu folgen. Als alle Weiber versammelt waren, hob Balam seine Hand.
„Hört mich an!“, begann er mit lauter Stimme. Er wusste, dass ihn die Bauern nicht hören konnten. Solange sie unsichtbar waren für die Menschen, konnte sie auch keiner hören - außer den Tieren. Weshalb unter den Weibern einige spöttisch kicherten, weil eines von Grimberts Schweinen laut grunzend Antwort gab. Ein Blick von Balam genügte und die Ruhe war wieder hergestellt. „Es ist alles so gekommen, wie Agreas es vorhergesagt hat. Walburga wird euch zu sich rufen. Diese dumme Bauerndirne hat mir tatsächlich jedes Wort geglaubt.“ Die Weiber lachten und krächzten vor Freude. „Sie wird euch Franziska ausliefern.“ Wieder heulten die Weiber los. Manche klatschten vor Freude in die Hände, andere verfielen in teuflische Zuckungen und schnitten furchterregende Grimassen.
„Endlich gehört sie uns!“, erklang es mehrstimmig aus der Runde der Weiber.
„Ja, sie gehört euch. Aber nur, wenn ihr tut, was wir von euch erwarten. Ihr werdet Grimberts Haus und alles, was sich darin befindet, nicht berühren. Walburga, Heidrun und Grimbert darf nichts geschehen. Habt ihr mich verstanden?“
Die Weiber nickten.
„Walburga glaubt, sie könnte den Grafen mit Hilfe von Kräutern für sich gewinnen. Sie werden ihn wieder zu einem ganzen Mann machen. Soweit ist es richtig. Aber seine zurückgekehrte Manneskraft wird ihn noch unersättlicher werden lassen. Konrad wird mehr als je zuvor jedes Weib bespringen wollen, das seinen Weg kreuzt. Und dann folgt das böse Erwachen. Denn ohne die Kräuter wird er absolut nichts zustande bringen. Er wird bald merken, dass etwas nicht stimmt. Sogar dieser lüsterne, gottlose Trottel wird irgendwann den Verdacht hegen, dass sie ihn verzaubert hat. Und ihr sollt
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