Engel der Finsternis (German Edition)
bringen. „Wenn ihr mich, meine Mutter, meinen Stiefvater und unser Haus verschont, biete ich euch als Gegenleistung meine Schwester an.“
Sie wollte nicht mit den Weibern über irgendetwas reden, das den Zorn Gottes auf sie herab beschwören konnte. Dass sie bereits verdammt war, kam ihr nicht im Entferntesten in den Sinn. So sehr war sie davon überzeugt, Balam wäre wirklich ein Engel Gottes.
„Ha!“, schrie Irmgard auf und ließ ein gehässiges Lachen hören. „Sie bietet uns ihre eigene Schwester an!“
„Stiefschwester“, korrigierte Walburga vorsichtig und sah der Köhlerin in die leblosen Augen.
Marlies kam einige Schritte auf sie zu und blieb dicht vor ihr stehen. In ihrem Gesicht war keinerlei Regung zu erkennen. Es wirkte wie versteinert, als die Köhlerin antwortete: „Bist du dir im Klaren darüber, dass dies ihren Tod bedeutet?“
Walburga nickte.
„Warum wünschst du deiner Schwester den Tod?“
Walburga hielt den Blicken der Weiber nicht länger stand und senkte den Kopf. Verlegen trat sie von einem Fuß auf den anderen. „Sie ist mir im Weg“, murmelte sie kaum hörbar.
„Ich habe dich nicht verstanden“, sagte Marlies.
„Sie sagte, Franziska sei ihr im Weg“, wiederholte die Nonne Walburgas Worte.
Walburga schwitzte vor Angst. Aber sie wusste, dass sie den Weibern nichts vormachen konnte. Schon gar nicht der Gräfin, die als einzige reglos im Hintergrund stand und sie aus hasserfüllten Augen betrachtete. „Sie ist mir beim Grafen um Weg. Ich möchte … ich möchte Gräfin werden.“
Wieder zischten und fauchten die Weiber wie giftige Schlangen. „Und deine Schwester ist dir im Weg, weil der Graf sie mehr begehrt als dich? Also bietest du sie uns an und bekommst auf diese Weise alles, was du begehrst. Wir verschonen dich und deine Familie und schaffen auch noch deine lästige Schwester beiseite.“
Walburga nickte. „Was haltet ihr davon? Seid ihr einverstanden?“ Sie beobachtete, wie die Frauen über ihren Vorschlag nachdachten, die Köpfe zusammensteckten und leise beratschlagten. Die Weiber waren also tatsächlich nicht abgeneigt, ihren Vorschlag anzunehmen. Aber dann erhob die Gräfin ihre Stimme.
„Nein!“, meldete sie sich in einem Ton zu Wort, der keinen Widerspruch duldete. „Deine Schwester bekommen wir dafür, dass wir dich und die deinen verschonen. Aber was bietest du uns dafür, dass wir dich und den Grafen in Frieden lassen?“
Walburga war so überrascht, dass sie kein Wort herausbrachte. Die Weiber stimmten sofort alle der Gräfin zu.
„Ja, was gibst du uns dafür?“ Selbst die Köhlerin pflichtete der Gräfin bei. „Wenn du willst, dass wir dich und den Grafen ebenso verschonen, musst du etwas mehr bieten als nur deine Schwester.“
„Aber was? Ich besitze nichts!“ Walburga fürchtete, die Weiber könnten nun fordern, dass sie sie wie Göttinnen anbeten müsste. Balam hatte sie gewarnt, auf keinen Fall darauf einzugehen. Aber wie sollte sie es den Weibern abschlagen? Sie würde nie den Mut aufbringen, ihnen etwas zu verweigern. Wer wusste schon, was dann geschehen würde?
„Ich will, dass du dem Grafen keine Kinder schenkst!“, sprach Katharina ihre Forderung aus. „Leg dich in sein Bett, damit er keinen Verdacht schöpft, und dann suche dir einen anderen Mann als Vater deiner Kinder. Ich will, dass du ihm die Kinder eines anderen in die Wiege legst.“
Walburga erbleichte vor Schreck. „Aber wie stellt Ihr euch das vor, Herrin?“ In ihrer Aufregung redete sie mit der Gräfin, als wäre diese noch am Leben. „Der Graf wird mich doch sicher nicht aus den Augen lassen. Er hat seine Spione überall. Wenn er mich nur einmal in den Armen eines anderen findet oder auch nur gerüchteweise davon hört, jagt er mich sofort in Schimpf und Schande aus der Burg.“
„Dann darf er es eben nie erfahren. Mache einfach den Schutzengel, der dir das Wort der Macht verraten hat, zum Vater deiner Kinder“
Walburga zuckte zusammen. „Woher wisst Ihr …?“
„Hältst du uns für so dumm? Nur ein Engel konnte dir das Wort der Macht verraten haben“, erwiderte die Gräfin kalt. „Der Engel kommt ungesehen und geht auch, ohne bemerkt zu werden. Du kannst dich sogar mit ihm vergnügen, während Konrad neben dir im Bett liegt. Der Graf wird nichts merken, das verspreche ich dir.“
Walburga bekam große, glänzende Augen bei der Aussicht, dass ein himmlisches Wesen ihr beiwohnen würde.
„Willst du nicht die Mutter eines höheren Wesens werden?
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