Engel der Kindheit
Finanzexperte darauf aufmerksam wurde und die Santa Barbara aus dem Verkehr zog. Die verschiedenen Testergebnisse, die auf dem Windjammer ausgewertet wurden, konnten nicht der Grund dafür sein.
Nächtelang war Henry über den Büchern gesessen, hatte wieder und wieder dubiose, völlig erfundene Beträge überprüft, bis er darauf gestoßen war, dass diese Beträge immer dann erschienen, wenn die Santa Barbara in den Heimathafen einlief.
Zuletzt kontrollierte Henry die angefahrenen Häfen, wunderte sich, dass der Käpt’n stets den weitesten Meerweg wählte, obwohl es kürzere Wege gab. Die Beträge waren gesplittet und unauffällig unter den korrekten Buchungen vermerkt.
Unter den juckenden Fingerspitzen hatte er gespürt, dass er dabei war, etwas aufzudecken, das am besten niemand wissen sollte. Nach und nach stelle Henry unauffällige Nachforschungen an. Tom Langwaid, einer der Offiziere und sein Freund, lieferte ihm zufällig das entscheidende Puzzlestück, das ihm gefehlt hatte. Zu Weihnachten schenkte er seiner Frau einen lupenreinen Diamanten, den er zuvor bei einem Juwelier schleifen und in eine Ringfassung einarbeiten hatte lassen. Cynthia war so hingerissen von dem Schmuckstück, dass sie es bei jeder sich bietenden Gelegenheit zeigte. Stolz erzählte Tom, er hätte den Diamanten von einem Eingeborenen in Südafrika erhalten, was sicherlich der Wahrheit entsprach, aber Henry fiel es wie Schuppen von den Augen, er erkannte die Verbindung, die ihm gefehlt hatte. Die Santa Barbara schmuggelte Rohdiamanten über die Weltmeere, wurde durch ihre Zugehörigkeit zur Handelsmarine nur oberflächlich kontrolliert, Schmiergelder wurden darüber gewaschen und jeder bekam ein Stück von dem großen Kuchen ab. Wissend deckten die Politiker den Schmuggel. Samuel Rodney ließ seine Ansichten und Meinungen über die Hintertüren in die Politik einfließen und verdiente nebenbei das große Geld, wovon wiederum die einflussreichsten Politiker mit profitierten. Allerdings fehlten ihm die letzten, stichhaltigen Beweise.
Sämtliche Informationen, alles Originale, einschließlich der Rohzeichnungen der `Charlotte´ und der `Therese´, befanden sich in Nils Privatsafe. Absolut sicher wusste Nils, dass er ein toter Mann wäre, wenn sein Schwiegervater auch nur die geringste Ahnung davon hätte, dass er auf dem besten Wege dazu war, ihn vernichten zu können.
Samuel Rodney traute ihm nicht. Mit Argusaugen beobachtete er jeden seiner Schritte. Selbstverständlich hatte er mitbekommen, dass die Ehe zwischen seiner Tochter und ihrem Mann eine reine Farce darstellte. Überzeugend musste Nils ihn dazu bringen, ihm zu vertrauen, nur so konnte er weitere Indizien sammeln, die Samuel Rodney zu Grunde richten würden.
Zusammenzuckend erschrak Nils, als sich die Türe abrupt öffnete und eine Operationsschwester in grünem Kittel, Mundschutz und Haube mit einem winzig kleinen Bündel auf dem Arm zu ihm kam.
„Ihr Sohn! Er ist sehr klein und sollte warm gehalten werden. Möchten Sie ihn an Ihre Brust nehmen oder sollen wir ihn in den Brutkasten legen?“ Kaum verstand Nils sie unter ihrem Mundschutz.
„Ich nehme ihn zu mir!“ Rasch knöpfte er sein Hemd auf, setzte sich aufrecht in den Sessel, die Schwester entfernte das grüne Tuch und legte ihm seinen, mit weißer Käseschmiere überzogenen Sohn auf den warmen Bauch, sofort breitete sie eine gewärmte Decke darüber.
Überwältigt umarmte Nils dieses nackte, kleine Wesen, hielt ihn sicher und behütet an seinem Körper, wärmte ihn mit all seiner Kraft und war ergriffen von seinen Gefühlen, die ihn warm durchströmten.
Gerührt blickte er auf dieses klitzekleine Bündel Mensch, der sich mit seinem winzigen Körper an ihn kauerte. Spitz und dünn war sein Gesicht, meerblaue Augen standen dicht an der schmalen Nasenwurzel, unter seinen Händen spürte Nils die einzelnen Rippen, an dem viel zu dünnen, zerbrechlichen Körper.
Die Wärme seines Sohnes, der soeben aus dem Inneren eines Körpers herausgekommen war, war unfassbar, so unglaublich ergreifend und überwältigend, dass Nils die Tränen über die Wangen rannen.
Bewegt sah Nils, wie viel Anstrengung es seinen Sohn kostete, den Kopf von seiner Brust anzuheben und die Augen dem Gesicht zuzuwenden, das ihm am nächsten war.
Neugierig blickte er in Nils Augen, bevor er vollkommen ermattet den Kopf auf Nils Brust senkte. Einen anderen Herzschlag hörend, wie den, den er gewohnt war, dennoch zufrieden, schloss er seine
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