Engel der Kindheit
tiefblauen Augen und schien die Geborgenheit zu genießen, mit der er in der Welt begrüßt wurde.
„Ich werde immer für dich sorgen!“ Für sich und seinen Sohn leistete Nils dieses Versprechen, das er nie brechen würde.
So klein war dieses Menschenkind, dass Nils Hände seinen Sohn ganz bedeckten, erschauernd spürte er die leichten Bewegungen der Beinchen, die unter der Decke strampelten.
Am Abend trat Nils mit seinem Sohn auf dem Arm in das Krankenzimmer von Marie-Luise. Viele Gedanken und Gefühle waren ihm an diesem Tag durch den Kopf gegangen und immer wieder kam er zu demselben Ergebnis. Mit aller Macht würde er versuchen, seine Ehe mit Marie-Luise zu retten. Beide Elternteile würde das Kind benötigen, um ein stabiler, selbstsicherer Erwachsener zu werden. Außerdem war es unmöglich, dass Marie-Luise das Kind ablehnen würde, wenn sie es erst in ihren Armen halten würde.
„Hallo!“ Glücklich blickte Nils in das schläfrige Gesicht Marie-Luises. „Sieh mal, wen ich dabei habe!“ Freudestrahlend trat er zu ihr an das Krankenbett, beugte sich mit dem Baby auf dem Arm zu ihr nieder und verfolgte ihre Reaktion. Fest rechnete er mit einem erfreuten Aufblitzen ihrer Augen, stattdessen fuhr sie ihn barsch an, „dein sentimentales Lächeln kannst du dir wirklich schenken! Weißt du, was für Schmerzen ich aushalten muss, nur weil mein Vater unbedingt einen Erben wollte? Weißt du das? Ihr Männer habt doch keine Ahnung! Ist es wenigstens ein Junge? Aber auch wenn du nur ein Mädchen fertig gebracht hättest, diese Tortur ist ein für alle Mal erledigt! Nie wieder muss ich mich damit beschäftigen!“ Ohne ihr Kind eines einzigen Blickes zu würdigen, drehte sie den Kopf zur Seite und schloss die Augen. Mühsam, aber nicht weniger spitz, hatte sie die vernichtenden Worte hervorgebracht. Ein weiteres Mal versuchte Nils, sie dazu zu bewegen, ihr Kind zu betrachten.
„Marie-Luise, meinst du nicht, wir könnten versuchen, dem Kind gute Eltern zu sein, sieh doch nur sein unschuldiges Gesicht!“
„Hör sofort damit auf! Ich habe deutlich gesagt, dass ich kein Interesse habe, die barmherzige Mutter zu spielen! Mach doch mit dem Balg, was du möchtest!“ Leidend legte sie ihre Handfläche auf ihre Stirn, jammerte über ihre Schmerzen und hielt die Augen fest verschlossen. Blass, ungeschminkt lag sie in dem weißen Krankenhausbett.
„Wie soll er den heißen oder ist dir das auch gleichgültig?“ Beschützend legte Nils den Arm um sein Kind, das leise anfing zu wimmern.
„Was für eine dämliche Frage! Natürlich Samuel Rodney!“
„Dann musst du hier noch unterschreiben, ich melde ihn morgen an!“ Nachdem Marie-Luise ihre Unterschrift unter das amtliche Formular gesetzt hatte, verließ Nils zufrieden das Zimmer. Er hatte, was er wollte. Nie im Leben würde sein Kind Samuel Rodney heißen. Morgen würde er ihn als Sam Keller auf dem Rathaus registrieren lassen.
„Hallo Sam!“ Erleichtert blickte Nils auf seinen wimmernden Sohn, der nach seiner Flasche weinte. Endlich konnte er ihn mit einem Namen anreden. Den breiten Flur entlang ging Nils, zum Säuglingszimmer. Vor einer Stunde hatte er hier zugesehen, wie Sam nach der Untersuchung gebadet und angezogen worden war. Der Platz, an dem die fahrbaren Kinderbetten normalerweise standen, war leer, die Mütter hatten ihre Babys bei sich auf dem Zimmer.
„Ah, hat der kleine Mann Hunger?“ Schwester Sarah, die Sam vorher versorgt hatte, stellte ein vorbereitetes Fläschchen aus dem Kühlschrank in die Mikrowelle. Selbstverständlich streckte sie Nils die Arme entgegen, um Sam zu übernehmen.
„Nein, ich werde ihn selbst füttern! Wenn ich könnte, würde ich ihn stillen, aber ich glaube, dafür bin ich ungeeignet!“, scherzte Nils und lächelte die junge Schwester an, die seinen Blick errötend erwiderte.
Geschickt schüttelte sie die Flasche auf und reichte sie Nils, der sich mit Sam auf einen Sessel setzte, der in der Ecke des Säuglingszimmers stand. Sam, dessen Wimmern zu einem kläglichen Weinen angeschwollen war, suchte nach dem Sauger, den Nils vorsichtig in den kleinen Mund steckte. Gierig saugte er daran, nach den ersten Zügen fielen ihm vor Erschöpfung die Augen zu. Mit dem Kitzeln des Saugers über seine schmalen Lippen versuchte Nils ihn zu wecken, doch er lag friedlich in den Armen seines Vaters und schmatzte zufrieden an seinem Speichel im Mund.
„Sie sollten ihn versuchen zu wecken! Er ist zu klein, er muss unbedingt Nahrung
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