Engel Der Nacht
Locken und schnallte ihn unter meinem Kinn fest.
»Ist es schwer zu fahren?«, fragte ich. Was ich wirklich meinte, war: Ist es sicher?
»Nein«, sagte Patch, womit er sowohl meine ausgesprochene als auch meine unausgesprochene Frage beantwortete. Er lachte leise. »Du bist nervös. Entspann dich.«
Als er aus dem Parkplatz bog, erschreckte mich die explosive Bewegung; ich hatte mich an seinem Hemd festgehalten und gerade genug Stoff zwischen den Fingern, um das Gleichgewicht nicht zu verlieren. Jetzt hielt ich ihn fest umschlungen.
Patch beschleunigte auf die Landstraße hin, und meine Schenkel umklammerten ihn. Ich hoffte, dass nur ich das merkte.
Als wir bei mir zu Hause ankamen, ließ Patch die Maschine auf unserer nebelnassen Einfahrt ausrollen, machte den Motor aus und stieg ab. Ich nahm meinen Helm ab, balancierte ihn vorsichtig auf dem Sitz vor mir und öffnete den Mund, um etwas zu sagen wie: »Danke fürs Mitnehmen, bis Montag dann.«
Die Worte blieben mir im Hals stecken, als er die Einfahrt entlangging und die Verandatreppe hochstieg.
Ich hatte nicht die geringste Ahnung, was er da machte. Mich zur Haustür bringen? Höchst unwahrscheinlich. Also … was dann?
Also ging ich hinter ihm die Treppe hoch und trat zu ihm an die Tür. Hin- und hergerissen zwischen Verwirrung und zunehmender Besorgnis, sah ich zu, wie er einen vertrauten Schlüsselbund aus seiner Tasche zog und meinen Haustürschlüssel ins Schloss steckte.
Ich nahm die Handtasche von der Schulter und öffnete den Reißverschluss des Fachs, wo ich meinen Schlüssel aufbewahrte. Er war nicht drin.
»Gib mir den Schlüssel zurück«, sagte ich, verdutzt, weil ich mir nicht erklären konnte, wie mein Schlüssel in seinen Besitz gelangt war.
»Du hast ihn in der Spielhalle fallen lassen, als du dein Handy gesucht hast«, sagte er.
»Ist mir ganz egal, wo ich ihn fallen gelassen habe. Gib ihn her.«
Patch hob die Hände, die Unschuld in Person, und zog sich von der Eingangstür zurück. Er lehnte sich mit einer Schulter an die Hauswand und sah mir zu, wie ich mich daranmachte, die Tür aufzuschließen. Ich versuchte, den Schlüssel herumzudrehen. Er bewegte sich keinen Millimeter.
»Du hast ihn verkantet«, sagte ich schlüsselrasselnd. Ich trat einen Schritt zurück.
»Komm schon, versuch du mal. Er klemmt.«
Mit einem scharfen klick drehte er den Schlüssel herum. Die Hand auf der Klinke, zog er die Augenbrauen hoch, so als wollte er sagen: Darf ich?
Ich versuchte, diese Mischung aus Faszination und Beunruhigung zu unterdrücken, die mich überkam. »Mach schon, du wirst niemanden aufschrecken. Ich bin allein.«
»Die ganze Nacht?«
Womöglich nicht das Klügste, was man in einer derartigen Situation hätte sagen können. »Dorothea kommt bald.« Das war gelogen. Dorothea war schon lange weg. Es war fast Mitternacht.
»Dorothea?«
»Unsere Haushälterin. Sie ist alt - aber ganz schön stark. Erstaunlich stark.« Ich versuchte, mich an ihm vorbeizudrängen. Erfolglos.
»Hört sich ja beängstigend an«, sagte er, wobei er den Schlüssel aus dem Schloss zog. Er hielt ihn mir hin.
»Sie kann in weniger als einer Minute eine Toilette von innen und außen saubermachen. Eher erschreckend.« Ich nahm den Schlüssel und schob mich langsam um ihn herum. Eigentlich war ich fest entschlossen, die Tür zwischen uns zuzumachen, aber als ich mich umdrehte, füllte Patch den Türrahmen bereits aus, einen Arm an jeder Seite abgestützt.
»Möchtest du mich nicht hereinbitten?«, fragte er.
Ich schloss für einen Moment die Augen. Ihn hereinbitten? In mein Haus? Und niemand sonst war hier?
Patch sagte: »Es ist spät.« Seine Augen folgten meinem Blick mit einem mutwilligen Funkeln. »Du musst Hunger haben.«
»Nein. Ja. Ich meine, ja, aber …«
Plötzlich war er drin.
Ich machte drei Schritte rückwärts; er stieß die Tür mit dem Fuß zu. »Magst du mexikanisches Essen?«, fragte er.
Ich - ich wüsste gern, was du in meinem Haus zu suchen hast!
»Tacos?«
»Tacos?«, echote ich.
Das schien ihn zu amüsieren. »Tomaten, Salat, Käse.«
»Ich weiß, was ein Taco ist!«
Bevor ich ihn aufhalten konnte, ging er an mir vorbei ins Haus. Am Ende des Hausflurs bog er links ab. In die Küche.
Er ging zur Spüle und ließ den Hahn laufen, während er sich Hände und Arme mit Seife abschrubbte. Nachdem er sich jetzt anscheinend ganz heimisch fühlte, ging er erst zur Speisekammer, dann durchsuchte er den Kühlschrank und holte gezielt
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