Engel der Schatten - 04 -Kerri van Arden
verärgert, weil ich mit Patty ausgegangen war. Oh mein Gott, wenn sie nun Patty aus Eifersucht etwas antun würde? Patty war so hilflos und unwissend, vermutlich hatte sie Mrs. Evergreen kein einziges Wort geglaubt. Sie ahnte nicht einmal, in welcher Gefahr sie schwebte. ANRUFEN! Ich musste sie anrufen! Sie warnen! Verzweifelt suchte ich und fand das Telefon schließlich auf einem kleinen Schrank im Korridor. Schnell huschten meine Finger über die Tastatur. Ich atmete erst erleichtert auf, als das Tutzeichen erklang.
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Kerri van Arden
Chassedy
Patricia:
Ich kam gerade aus der Dusche und hatte mir ein Handtuch ums Haar gewickelt, als das Telefon klingelte. Vermutlich war es Josh. Doch noch ehe ich das Telefon erreichte, erstarb das Klingeln und mein Blick glitt zu dem Stecker hinab. Das Kabel war aus der Wand gerissen! Wie war das möglich? Vor Schreck taumelte ich ein paar Schritte zurück und prallte gegen die Wand. Angsterfüllt blickte ich mich im Flur um. Niemand war zu sehen, doch ich fühlte, ich war nicht allein. Diese Erkenntnis war wie ein harter Schlag ins Gesicht. Mein Atem wurde immer schneller, das Blut rauschte in meinen Ohren und ich glaubte, mein Herz würde sich vor Aufregung fast überschlagen. „Knips das Licht an“, dachte ich und streckte zitternd die Hand aus.
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Kerri van Arden
Chassedy
Joshua:
Das war seltsam, warum ging Patty nicht an den Apparat? Irgendetwas stimmte nicht. Besorgt legte ich den Hörer auf. Ich musste so schnell wie möglich zu ihr. Patty war in großer Gefahr.
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Kerri van Arden
Chassedy
Patricia:
Ich hatte das Gefühl, beobachtet zu werden. Die Wände hatten Augen und Ohren bekommen. Oder die Panik hatte meinen Verstand vernebelt. So schnell ich nur konnte, rannte ich zur Tür. Doch ich konnte sie nicht öffnen. Ich war gefangen... eingesperrt! Diese Wohnung war wie verhext!
„Verdammt!“, fluchte ich leise und rüttelte verzweifelt an dem Knauf, als plötzlich ein Schatten an mir vorbeihuschte. Erschrocken drehte ich mich um, doch niemand war zu sehen, keine unheimliche Gestalt, nichts außer Joshs stilvoller Einrichtung. Was für ein Psychoterror! Ich fasste all meinen Mut zusammen, ging in die Küche und griff in die Schublade, um ein Messer herauszuholen. Dann lief ich ins Wohnzimmer, wo ich meinen ungebetenen Gast vermutete. Aber es war niemand dort. Mit dem Handrücken wischte ich mir über die schweißnasse Stirn. Als wäre es nicht schon schlimm genug, ging auf einmal der Fernseher an, alle Lichter leuchteten hell, und laute Musik dröhnte mir aus Richtung der Stereoanlage entgegen. Ich warf mich vor Schreck auf den Boden. Doch sicher war ich auch hier unten nicht. Gegenstände flogen über meinen Kopf hinweg durch die Luft, als würden Poltergeister mit ihnen spielen. Ich schrie! Ich schrie so laut wie noch nie zuvor in meinem Leben. Und plötzlich verstummte alles um mich herum und Todesstille kehrte ein. Nur ich schluchzte noch immer. Ich wagte nicht aufzublicken, denn ich fürchtete mich vor dem, was ich dann sehen würde. Am liebsten hätte ich mich irgendwo versteckt, irgendwo eingegraben, doch ich wusste, selbst das hätte keinen Sinn. Wer immer mir nun nachstellte, er konnte mich überall finden. Ein Entkommen gab es nicht!. Also, warum weiter dieses Spiel spielen? Ich fühlte, wie sich mein Mut erneut sammelte, wie ich an Kraft gewann. Entschlossen erhob ich mich und blickte mich um. Noch immer konnte ich meinen Peiniger nirgends ausmachen. Oh, wie feige war diese Person?
“Zeig dich endlich“, sagte ich in einer mir unbekannt hohen, leicht heiseren Stimmlage. „Na los, zeig dich! Zeig dich!“ Ich wurde langsam wieder hysterisch. Das war nicht gut, ich durfte die Beherrschung nicht verlieren. Das war es doch, was dieser Jemand wollte – mir Angst machen. Mich in den Wahnsinn treiben. Plötzlich sprang
die Balkontür mit einem Ruck auf. Der Wind wehte hinein und blies mir ins Gesicht.
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Kerri van Arden
Chassedy
Mein Bademantel lockerte sich und glitt an mir hinab. Auch das Handtuch, welches
ich um mein Haar gewickelt hatte, löste sich von meinem Kopf.
Es war eisig kalt, aber die Kälte machte mir nichts aus. Im Gegenteil: Mein Herz schlug schneller, mir wurde heiß, ich glaubte Fieber zu haben. Irgendeine Macht zog mich magisch an – nach draußen auf den Balkon. Ich konnte dieser Macht nicht widerstehen. Langsam setzte ich einen Fuß vor den anderen, den Blick zum Horizont gewandt. War der Himmel nicht wunderschön?
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