Engel der Schatten - 04 -Kerri van Arden
Diese sternenklare Nacht, dieser herrlich leuchtende Mond. Werde eins mit dem Universum. Ja, das war es, was ich wollte. Eins sein mit diesen magischen Kräften. Alles, was ich tun musste, war dieser eine letzte Schritt. Die Versuchung wurde immer größer. Ich blickte erneut nach oben. Was war das? Ein helles Licht? Ein Tunnel? Es war unglaublich warm. Ich wollte die große rotierende Spirale, diesen Wirbelsturm aus reinem Licht berühren.
„Tu es nicht!“, hörte ich plötzlich eine vertraute Stimme hinter mir. Josh? Wie war er hier hereingekommen? Die Tür war doch verschlossen gewesen. Ich drehte mich zu ihm um. Verzweiflung spiegelte sich in seinem Blick.
„Bitte, Patty, spring nicht!“, sagte er und kam vorsichtig näher. Springen? Ich wollte doch gar nicht springen! Ich wollte aufsteigen, mich mit diesem Licht vereinen! Warum verstand er mich nur nicht?
„Weil er unwissend ist“, hörte ich eine weitere Stimme neben mir. Erschrocken blickte ich in die Richtung, aus der die Stimme kam. Eine schwarz gekleidete Frau trat an meine Seite. Ich wusste sofort, wer sie war. Chassedy!
„Ich bin gekommen, um dich zu holen, mein Kind.“
„Patty, mit wem redest du da?“
Konnte Josh sie nicht sehen? Sie stand doch neben mir. Oder.. war ich schon tot?
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Kerri van Arden
Chassedy
Joshua:
Patty stand auf meinem kleinen Balkon und blickte gebannt zum Himmel, irgendetwas schien ihre Aufmerksamkeit dorthin zu fesseln. Was auch immer es war, ich konnte es nicht sehen! Es war ein Spiel! Und schlagartig wurde mir bewusst, wer dieses Spiel mit uns spielte. Chassedy war gekommen, um Patty zu holen. Patty und ich sollten nicht mehr zusammen sein. Sie wollte uns trennen, koste es, was es wolle. Ich durfte das nicht zulassen – ich musste versuchen, sie aufzuhalten.
„Lass sie in Ruhe, Chassedy. Du willst doch gar nicht sie, du willst mich!“
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Kerri van Arden
Chassedy
Chassedy:
Natürlich wollte ich ihn! Warum begriff er das erst jetzt? Einzig Patty stand unserem gemeinsamen Glück noch im Wege, doch schon bald würde auch dieses Problem der Vergangenheit angehören. Langsam ging ich auf die kleine Sekretärin zu, deren dürrer, nackter Körper wie Espenlaub zitterte.
„Bist du nun bereit?“, fragte ich verführerisch.
„Ja, das bin ich“, antwortete sie beinah wie in Trance.
Ich beugte mich über sie, um ihr den tödlichen Kuss zu geben, als Josh mit einem verzweifelten Schrei auf uns zustürmte.
„NEIN! Du darfst sie nicht mitnehmen!“, schrie er ins Leere, ohne zu wissen, wo ich mich befand.
Patty streifte ihn gleichgültig ab. Sie war nicht mehr sie selbst, sie war geblendet von der Schönheit des Todes und bemerkte nicht, was um sie herum geschah.
„Bitte, nimm mir Patty nicht weg“, flehte Joshua. „Sie ist zu jung zum Sterben.“ Was spielte das für eine Rolle? Ich wollte ihren Tod. Denn nur so konnte ich ihn für mich haben!
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Kerri van Arden
Chassedy
Joshua:
Wieso war Chassedy so grausam? „Was muss ich tun, damit du sie leben lässt?“, rief ich schließlich voller Verzweiflung.
Mehr denn je wurde mir bewusst, dass ich Patty brauchte, sie liebte, nicht ohne sie leben wollte.
Keine Antwort, nicht einmal ein Zeichen, dass sie über meine Worte nachdenken wollte.
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Kerri van Arden
Chassedy
Chassedy:
Ich blickte den verzweifelten, jungen Mann an und spürte, dass ich nicht mehr ich selbst war. Die letzten Wochen waren viel zu emotional und hatten mich verwirrt.
„Zeig dich wenigstens“, sagte er und wischte sich über die Augen. „Damit wir miteinander reden können.“
„Es gibt nichts zu bereden“, knurrte ich, ohne mich für ihn sichtbar zu machen.
Verstand er denn nicht, was in mir vorging? Dass auch ich Gefühle hatte?
„Was versprichst du dir davon, wenn du Patty und mich trennst?“ Er kämpfte mit den Tränen. Allein dieser Anblick schmerzte, und ich begann an meinen Absichten zu zweifeln.
„Chassedy, glaubst du, ich würde dann zu dir zurückkehren und alles wäre wie früher?“
Joshua schüttelte den Kopf. „Wie sollte das funktionieren? Ich würde immer an Patty denken. Selbst wenn du sie mir wegnimmst, werde ich immer nur sie lieben. Du bist zu klug, um einen solchen Fehler zu begehen.“
Mein Blick glitt zu Patty, die sich verzweifelt gegen die Anziehungskraft des Lichttunnels wehrte.
„Patty liebt mich, sonst wäre sie längst mit dir gegangen“, sagte er eindringlich. Ich sah ein, dass er Recht hatte.
Mehr noch. Ich erkannte, dass
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