Engel der Verdammten (German Edition)
Wir dachten zuerst, du seiest tot. Du hast dich viele Stunden gar nicht gerührt, doch ich konnte spüren, dass du noch atmest.«
»Mir geht es gut«, log Felix und versuchte sich aufzurichten. »Ich habe nur so großen Durst«, krächzte er. »Habt ihr etwas zu trinken?«
»Nein, es tut mir leid. Das Essen ist seit zwei Tagen aufgebraucht und jetzt haben wir auch kein Wasser mehr. Wir sind auch alle sehr durstig.«
Resignierend ließ sich Felix zurücksinken. Na großartig. Würden sie ihn zusammen mit den Mädchen hier verdursten lassen? Vermutlich nicht. Sie waren zu wertvoll. Die Schlepper hatten sich große Mühe gegeben, sie um die halbe Welt zu schmuggeln. Die Mädchen mussten an ihren Bestimmungsort, um dort das Geld zu erarbeiten, für das die Männer sie hierhergebracht hatten.
Doch was würden sie mit ihm machen? Er hatte keinen Wert für sie. Er war eine Gefahr, die man besser endgültig beseitigte. Nein, seine Karten waren nicht gut. Und er war nicht in der Verfassung, sich selbst verteidigen zu können.
»Es wird alles gut«, flüsterte die Stimme aus der Finsternis. Die schwielige Hand streichelte seinen Arm.
Wie gern hätte Felix ihr geglaubt.
Es dämmerte bereits, als sich die Kommissare der vierten Mordbereitschaft eingestehen mussten, dass hier nichts zu finden war. Sie hatten jeden Schrank, jede Kommode, jede Schublade durchsucht und nichts in der Hand, was Tariq oder seine Frau Melanie auch nur einer Ordnungswidrigkeit überführen würde. Es war zum Verrücktwerden. Die Männer von der Spurensicherung hatten zwar allerhand Fingerabdrücke sichergestellt, doch wenn nicht gerade die einer der Toten dabei waren, brachte sie das nicht weiter. Selbst der Tresor war leer gewesen, die Tür nur angelehnt.
»Er hat es vorausgesehen und alles, was ihn in Schwierigkeiten bringen könnte, irgendwo anders hingebracht«, vermutete Sabine, und der Hauptkommissar konnte ihr nur zustimmen.
»Ich muss sie laufen lassen«, sagte er düster. »Wir haben nichts in der Hand, und nachdem er jetzt nach einem Anwalt verlangt, werden wir auch nichts mehr aus ihm herausbringen.«
»Wir können ihm nicht einmal nachweisen, dass er Ileana oder die anderen Opfer gekannt hat, geschweige denn, dass er ihr Zuhälter war.«
»Ja, und ohne das Handy sind auch die Telefonlisten der Reißenbergers und der van Ilsenbricks wertlos.«
»Sieht man von Dorina ab, bei der zweifelhaft ist, ob sie aussagen wird, ist der einzige Hinweis, der uns bleibt, sein Wagen«, meinte Hauptkommissar Ohlendorf. »Vielleicht finden wir in ihm irgendwelche Spuren. Die Jungs haben jede Faser sichergestellt und ins Labor geschickt. Lass uns nur hoffen, dass eines der Haare von einem der Opfer stammt, dann können wir ihn zumindest vorläufig festnehmen und noch einmal richtig ausquetschen.«
Sabine nickte. »Ja, lass uns hoffen, und dass inzwischen nicht noch mehr Opfer auftauchen.«
Sie verabschiedeten sich. Thomas wollte noch einmal ins Präsidium fahren. »Nein, du musst nicht mitkommen. Mach Feierabend. Den hast du dir verdient.«
»Du dir auch.«
»Schon, aber ich überlege, ob ich Tariq nicht jetzt gleich freilasse.«
»Um ihm ein Team hinterherzuschicken? Keine schlechte Idee. Vielleicht läuft er zu seinem Versteck und sieht nach, ob dort alles in Ordnung ist.«
»Vielleicht.« Er stieg in seinen Wagen und fuhr davon. Sabine sah ihm nach und ging dann langsam zu ihrem Passat. Sie versuchte noch einmal, Felix zu erreichen, doch noch immer meldete sich nur die Mailbox.
Was sollte sie jetzt tun? Heimfahren und in ihrer Wohnung herumsitzen, wie Peter es von ihr verlangt hatte?
Sie musste noch einmal mit ihm reden. Er hatte zugegeben, für den Tod der Frauen verantwortlich zu sein, und dennoch gab es noch zu viele Unstimmigkeiten. Sie musste endlich die ganze Wahrheit wissen.
Sabine sah zum sich verdüsternden Himmel auf. Wenn sie sich beeilte, war sie in Blankenese, bevor die Sonne unterging. Sie sprang in ihren Wagen und fuhr los. Heute Abend war nicht so viel Verkehr, sodass sie zügig vorankam und schon bald vor dem Gartentor am Baurs Park anhielt. Sie schob das schmiedeeiserne Gitter auf und eilte die Auffahrt entlang. Sie klopfte kurz an die Tür, nahm sich aber nicht die Zeit, auf eine Antwort zu warten.
»Peter?«, rief sie vernehmlich, als sie die Tür aufschob.
Es brannte Licht in der Halle. Schon das erstaunte sie, doch als sich nun die Tür zum Salon öffnete und eine verschüchterte Asiatin sie aus großen Augen
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