Engel der Verdammten (German Edition)
ansah, blieb sie verblüfft stehen.
»Herr Peter ist nicht da«, sagte sie.
Sabine trat mit energischem Schritt näher. »Und wer sind Sie?«
»Ich heiße Duyen, Madam«, sagte sie leise, senkte den Blick und wich ein wenig vor ihr zurück.
»Und wie kommen Sie hierher?«
»Er hat mich hierhergebracht«, sagte sie schüchtern.
Zorn loderte in Sabine auf. Brachte er jetzt seine Opfer in sein Haus, um sie in aller Ruhe aussaugen zu können?
Nein, das ergab keinen Sinn. Er hatte stets darauf geachtet, nicht zu nah an seinem Domizil zu jagen, um nicht zu riskieren, schon wieder in den Fokus einer polizeilichen Ermittlung zu geraten. Oder war ihm inzwischen alles egal?
»Ich glaube, wir sollten uns einmal ausführlich unterhalten«, schlug Sabine vor und drängte die Frau in den Salon.
»Bitte, setzen Sie sich!«
»Wer sind Sie, Madam?«, wagte die Frau zu fragen.
»Sabine Berner, Oberkommissarin vom LKA Hamburg«, fügte sie hinzu. Ein Fehler, wie sie an dem sich wandelnden Gesichtsausdruck ablas.
»Sie sind von der Polizei?«, rief die Frau beinahe panisch. »Ich habe nichts getan. Bitte, nicht ins Gefängnis!«
Sabine nötigte die aufgeregte Frau, auf einem der zierlichen Sofas Platz zu nehmen.
»Haben Sie keine Angst. Niemand will Sie ins Gefängnis bringen. Erzählen Sie mir, wo Sie herkommen und warum Sie hier sind. Von wo hat Sie der Mann weggeholt? Was haben Sie dort gemacht?«
Duyen presste die Lippen aufeinander. Nein, sie hatte im Laufe ihres Lebens gelernt, dass man Vertrauen nicht so einfach verschenken durfte und dass es meist nichts Gutes zu bedeuten hatte, wenn man mit der Polizei zusammentraf.
Dass die Frau vor ihr ein Opfer von Menschenhändlern oder noch Schlimmerem war, konnte Sabine nur vermuten. Jedenfalls sprach alles dafür, dass sie illegal hier war und dass sie Angst hatte.
»Bitte, sprechen Sie mit mir. Ich kann Ihnen helfen!«
Duyen warf der Kommissarin einen prüfenden Blick zu und senkte dann die Lider wieder. Die Hände im Schoß gefaltet, die Schultern zusammengezogen, saß sie da und wartete auf das Unheil, das ihrer Meinung nach über sie hereinbrechen würde.
Irgendwann würde sie sich öffnen. Sabine hatte mit den Beraterinnen und Psychologinnen der Frauenorganisation gute Erfahrungen gemacht, doch das würde Zeit brauchen, und wenn sie eines im Augenblick nicht hatte, dann war es Zeit!
Sie erhob sich und streckte auffordernd die Hand aus. »Kommen Sie mit mir. Ich verspreche Ihnen, kein Gefängnis! Ich bringe Sie an einen guten Ort, wo Sie in Sicherheit sind. Hier können Sie nicht bleiben.«
»Warum nicht?«, wagte Duyen zu fragen, und man sah ihr an, dass dieses Aufbegehren ihren ganzen Mut forderte.
»Ja, warum nicht?«, säuselte eine Stimme von der Tür her und ließ Sabine herumfahren. Lässigen Schritts betrat der Vampir den Salon, eine weitere Frau in seinem Kielwasser.
»Das ist Mirona. Sie stammt aus Rumänien«, stellte er die Frau vor, die wie Duyen verschüchtert wirkte.
Sabine stürmte auf den Vampir zu.
»Wir müssen reden!«
»Aber sicher, wenn du schon einmal hier bist. Wobei ich mich erinnern kann, dir empfohlen zu haben, nach Einbruch der Dunkelheit zu Hause zu bleiben.«
Sein Kopfschütteln wurde von einem tiefen Seufzer begleitet. Er schob die Frau neben Duyen auf das Sofa und folgte Sabine in die Halle hinaus. Leise schloss er die Tür hinter ihnen und setzte eine Miene stiller Duldung auf. Schon schoss Sabines Finger vor und deutete anklagend auf die Tür zum Salon.
»Kannst du mir sagen, was das hier soll? Bringst du jetzt deine Opfer hierher, damit du sie in aller Ruhe töten und ihre Leichen unauffällig verschwinden lassen kannst?«
Er lächelte. »Eine gute Idee, nicht? Dass ich da nicht früher draufgekommen bin.«
»Das ist kein Spiel! Du hast vier Frauen ermordet!«
»Nein, das ist so nicht korrekt«, widersprach der Vampir. »Du solltest darauf achten, mich richtig zu zitieren und keine falschen Beschuldigungen aufzustellen.«
»Vor nicht einmal vierundzwanzig Stunden hast du mir in meiner Wohnung gestanden, dass du die Schuld am Tod dieser Frauen trägst!«, schrie Sabine aufgebracht.
»Ja, das ist richtig. Ich fühle mich an ihrem Tod schuldig, doch weder habe ich ihnen ihr letztes Blut geraubt noch die Klinge über ihren Hals gezogen. Ich war lediglich so leichtsinnig oder hochmütig – nenn es, wie du willst –, die Morde nicht vorauszusehen. Und mir ist es nicht gelungen, sie zu verhindern.«
Nun wies sein Finger
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