Engel der Verdammten (German Edition)
aber – wie das im Leben eben so ist – mit viel Geld. Er will mich ihnen vorstellen und so ins strahlende Licht rücken, dass seine Klienten gar nicht anders können, als mir einen Auftrag zu erteilen.«
»Als Architekt oder als Maler?«
»Vielleicht beides«, gab er leichthin zurück.
Sabine runzelte die Stirn. »Und was willst du von mir? Soll ich die Leute überprüfen lassen?«
»Nein, nein«, wehrte Ulf ab. »Dass solche Leute irgendwie Dreck am Stecken haben, wissen wir doch auch so. Dies ist eine Dinnerparty, bei der all die wichtigen Männer ihre Frauen dabeihaben, und Jens hat mir befohlen, anständig gekleidet – was auch immer man darunter zu verstehen hat – und mit einer präsentablen Partnerin aufzutauchen. Und natürlich soll ich mich benehmen und nichts sagen, was ihn in Verlegenheit bringt.«
Sabine schwieg verblüfft und musste erst darüber nachdenken, ob sie ihn auch richtig verstanden hatte.
»Was ist? Tust du mir den Gefallen und kommst mit?«, hakte Ulf nach.
Sabine brach in schallendes Gelächter aus. Tränen traten ihr in die Augen. »Das ist nicht dein Ernst!« Sie sah Ulf vor sich. Ein attraktiver, ja geradezu schöner Mann, aber eben schwul, was er auch nicht zu verbergen suchte. Warum auch? Heutzutage in Hamburg und gerade in seiner Branche war das fast schon chic.
»Es ist mir überaus ernst«, gab Ulf würdevoll zurück.
»Eine präsentable Partnerin«, wiederholte Sabine kichernd. »Und da denkst du ausgerechnet an mich?«
»Wieso? Denkst du etwa, du seist nicht präsentabel?«, erkundigte sich Ulf.
»Nein, doch, ich meine, was denkst du, was Jens für ein Gesicht macht, wenn du unter allen Hamburger Frauen ausgerechnet seine Exfrau wählst?«
»Ja, darauf freue ich mich am meisten«, gluckste Ulf. »Wobei du das jetzt nicht falsch verstehen darfst. Du weißt, dass ich dich sehr schätze und gern mit dir ausgehe.«
»Ich verstehe schon, aber wenn dein Bruder so spießig ist, dir zu verbieten, deinen Freund mitzubringen, dann kannst du nicht widerstehen, ihm eins auszuwischen.«
»Und? Kommst du mit?«
Sabine fuhr in die Tiefgarage und schaltete den Motor ab. Sie holte tief Luft. »Ja«, sagte sie schließlich, auch wenn sie nicht ganz sicher war, ob das eine gute Idee war. Sie würde sich am Riemen reißen müssen, um nicht sofort mit Jens die Klingen zu kreuzen. Sie konnte es sich nicht leisten, mit ihm Krieg zu führen! Um Julias willen. Er saß mit seinen Anwaltskollegen einfach am längeren Hebel. Außerdem war sie es leid. Dieser ewige Zank war so zermürbend.
»Ich freue mich. Du bist ein Schatz«, flötete Ulf ins Telefon und hauchte ihr einen Kuss ins Ohr. »Ich hole dich um halb acht ab.«
Den ganzen Tag über versuchten die Ermittler der vierten Mordkommission, der Toten einen Namen zu geben, doch es gelang ihnen nicht, ihre Identität zu ermitteln. Während Sabine und ihre Kollegen in Zweierteams und mit Fotos in den Händen über den Kiez tingelten, um Clubbetreiber und Prostituierte zu befragen, suchten die Leute von der Kriminaltechnik nach verwertbaren Spuren und ließen Fingerabdrücke und das Foto der Toten durch verschiedene Datenbanken laufen, doch auch sie fanden nichts, was ihnen weiterhalf. Bis sie die DNA der Spermaspuren so weit aufbereitet haben würden, dass sie mit gespeicherten Daten verglichen werden konnten, würden noch ein paar Tage vergehen.
Dafür stießen Sabine und Sönke auf jemanden, der im Umfeld des Kiezes ebenfalls jede Menge Fragen stellte. Sabine hielt inne, kniff die Augen zusammen und heftete ihren Blick auf den Mann, der vor dem Dollhaus eine junge Frau ansprach und ihr ein Aufnahmegerät unter die Nase hielt. Offenbar war sie nicht gewillt, mit ihm zu sprechen und seine Fragen zu beantworten – zumindest nicht hier und jetzt. Man konnte aus ihrer Gestik herauslesen, dass sie ihm eine rüde Abfuhr erteilte. Resignierend steckte er das kleine Aufnahmegerät wieder ein.
Moment mal, den Kerl kannte sie doch! Die Kommissarin ging mit großen Schritten auf ihn zu, als er sich umdrehte. Einen Augenblick sah er sie fragend an, dann hellte sich seine Miene auf.
»Kommissarin Berner!«, rief er und trat auf sie zu. »Was für eine angenehme Überraschung.«
»Oberkommissarin«, korrigierte Sönke und hob fragend die Brauen. »Und wer sind Sie?«
»Felix Leonhard, Journalist«, stellte er sich vor und erntete einen abschätzigen Blick.
»Journalist, soso«, wiederholte Sönke und musterte ihn misstrauisch. »Und was tun
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