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Engel der Verdammten (German Edition)

Engel der Verdammten (German Edition)

Titel: Engel der Verdammten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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und alle seine Sinne unverwandt auf die Stelle gerichtet, wo die tote Frau gelegen hatte. Sabine hatte ihn so noch nie gesehen. Sein ganzer Körper schien wie zum Zerreißen angespannt. Wie ein Raubtier vor dem Sprung.
    »Peter, was ist? Was kannst du wahrnehmen?«
    Wieder verstrichen einige Augenblicke, bis er sich endlich regte und die Kommissarin mit seinen roten Augen fokussierte.
    »Wie ist sie gestorben?«, fragte er, anscheinend nur mühsam beherrscht.
    »Du kanntest sie?«, erkundigte sich Sabine. Vielleicht war das die Erklärung für sein ungewöhnliches Verhalten, aber er schüttelte nur ungeduldig den Kopf. Anscheinend war er wieder einmal fest entschlossen, seine Gedanken für sich zu behalten.
    »Die Todesursache!«, wiederholte er mit Nachdruck. »Was hat die Autopsie ergeben? Du hast dir die Unterlagen doch sicher angesehen!«
    Die Kommissarin nickte. »Ja, ihr wurde die Kehle durchgeschnitten, mit ziemlicher Kraft. Ihr Hals wurde bis zum Rückgrat durchtrennt. Es muss sehr schnell gegangen sein«, fügte sie mehr zu sich gewandt hinzu.
    »Aber nicht hier«, sagte der Vampir bestimmt. »Hier ist kein frisches Blut geflossen.«
    »Nein«, bestätigte die Kommissarin. »Wir kennen den Tatort noch nicht. Es kann in einer Wohnung geschehen sein oder in einem Auto. Solange wir nicht einmal wissen, wer die Tote war, haben wir keinen Ansatzpunkt, wo wir mit unserer Suche anfangen sollen. Und leider haben wir keine so gute Spürnase für Blut wie du«, fügte sie mit einem leichten Lächeln hinzu. »Vielleicht wäre das LKA gut beraten, einen Vampir einzustellen?«
    Peter von Borgo erwiderte ihr Lächeln und erhob sich. »Es wird nicht nötig sein, euer ohnehin schon angespanntes Budget zu belasten. Ich werde auch ohne Anstellungsvertrag versuchen, die Spur aufzunehmen. Doch jetzt komm, die Nacht ist zu schön, um sie ganz den Toten zu widmen. Lassen wir uns ein wenig den Wind um die Nase wehen!«
    Sabine ließ sich bereitwillig zu seinem Motorrad zurückführen, stieg hinter ihm auf und schmiegte sich an seinen Rücken. Sie flogen geradezu durch die Nacht und hatten die Stadt bald hinter sich gelassen. Nun gab es nur noch den Vampir und die Frau auf dem Motorrad und den nächtlichen Deich, der sich am Ufer der Elbe in der Dunkelheit verlor. Der Kegel des Scheinwerfers huschte immer schneller über beerenschwere Büsche und grasbewachsene Böschungen, bis die Formen und Farben miteinander verschwammen und es Sabine vorkam, als würden sie im Nichts verschwinden. Sie schossen durch Raum und Zeit, waren nicht mehr von dieser Welt, und in diesen verzauberten Augenblicken wollte sie auch nie wieder dorthin zurückkehren.
    Es war spät in der Nacht. Längst hatte Peter von Borgo Sabine zu ihrer Wohnung in St. Georg zurückgebracht und an ihrem Bett gewacht, bis sie von wirren Träumen in den Schlaf gezogen wurde. Erst dann verließ er ihre Wohnung, allerdings nicht, ohne noch einmal genüsslich ihren Duft in sich eingesogen zu haben.
    Leichtfüßig eilte er die Treppe hinunter und schwang sich auf sein Motorrad. Was jetzt? Ungewöhnlich langsam machte er sich auf den Rückweg. Gedanken huschten durch seinen Geist, und als er in den frühen Morgenstunden die Elbchaussee entlangfuhr, fasste er einen Entschluss. Er hielt das Motorrad dort an, wo er auf das Mädchen gestoßen war, und verbarg es, so gut es ging, unter den überhängenden Zweigen der ungepflegten Hecke. Er brauchte eine Weile, bis es ihm gelang, die Fährte des Kindes aufzunehmen, doch als er ihr ein Stück gefolgt war, wusste er, wohin sie ihn führen würde. Er beschleunigte seine Schritte und sprang dann über ein riesiges Tor in einen Garten. Im Haus, an dessen Briefkasten der Name Wolf zu lesen war, brannte noch Licht. Um diese Zeit? Neugierig huschte der Vampir näher und drückte sich an die Wand neben einem Fenster, das einen Spaltbreit offen stand. Er überlegte gerade, ob er in das Haus eindringen sollte, als er Stimmen hörte. Zwei Männer und eine Frau sprachen in raschem Wechsel. Sie waren erregt. Irgendetwas Außergewöhnliches war geschehen, das sie aus der Fassung gebracht hatte. Peter von Borgo schob sich näher heran, bis er die drei sehen konnte. Die Frau und einer der Männer, der mit auf dem Rücken verschränkten Händen nervös auf- und abging, passten zu Haus und Garten. Der zweite Mann dagegen wirkte fremd, obgleich er sich Mühe gegeben hatte, sich so zu kleiden, dass er hier in der Gegend nicht auffiel. Auch seine Miene war

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