Engel der Verdammten (German Edition)
mit den Reißenbergers bekannt ist.«
Sönke nickte und machte sich entsprechende Notizen.
»Außerdem möchte ich, dass sich zwei von euch noch einmal auf dem Kiez umhören. Es muss doch jemand geben, der den Zuhälter von Ileana kennt! Wir sind auch in unserem ersten Fall noch keinen Schritt weiter, und wir haben schon drei Tote. Sucht nach einer Verbindung!« Er sah auf die Uhr und erhob sich. »Ich hab noch einen Termin beim Tieze.«
Die Mitglieder seines Teams tauschten Blicke. Kriminaloberrat Karsten Tieze war ihr Chef, und meist waren Gespräche mit ihm eher in die Kategorie unangenehm bis entsetzlich einzuordnen.
»Was will er?«, wagte Robert zu fragen.
Thomas schnaubte. »Ich will was von ihm, nämlich mehr Leute, die euch einen Teil der Laufarbeit abnehmen. Was Tieze will, ist klar. Erfolge! Was sonst. Und zwar, noch ehe die Presse die Sache hochspielt und zur Jagd auf einen psychopathischen Serienmörder bläst.«
»Ist es denn kein Serienmord?«, fragte Sabine.
Der Hauptkommissar stöhnte. »Sicher, aber ganz egal, wie wir es nennen, ich will den Zusammenhang zwischen den Opfern, denn es gibt einen, ich weiß es. Er mordet nicht wahllos.«
Sönke schüttelte den Kopf. »Bisher waren es osteuropäische Frauen ohne Aufenthaltsgenehmigung und ohne Familie. Frauen, die keiner vermisst.«
»Sie waren alle jung, Mitte zwanzig«, fügte Uwe hinzu.
»Vom Aussehen aber nicht der gleiche Typ«, sagte Robert. »Wobei sie alle nicht gerade supergut aussahen. He, was denn? Sabine, du musst mich nicht so giftig ansehen. Ich meine ja nur, dass sie keine jungen, frischen Schönheitsköniginnen waren. Sie wirkten eher abgearbeitet und ausgelaugt und waren für meine Begriffe zu dünn.«
Widerstrebend musste ihm Sabine recht geben.
»Gut, tragt alles zusammen. Wir treffen uns um fünf wieder hier.«
Er packte seine Unterlagen zusammen und war auch schon verschwunden.
»Na, dann warten wir mal auf die Verstärkung, damit sie sich auf dem Kiez nach dem Zuhälter umsehen kann«, meinte Sönke zufrieden.
»Warum? Unterhältst du dich nicht gern mit Nutten?«, feixte Robert.
Sönke verdrehte die Augen. »Nutte oder nicht, das ist nicht der springende Punkt. Ich hol mir bei dem Wetter nur nicht gern nasse Füße«, gab er mit einem Nicken in Richtung Fenster zurück. Robert folgte seinem Blick. Eine Windböe ließ Regen gegen die Scheiben prasseln.
»Du hast recht. Überlassen wir den Außeneinsatz der Verstärkung. Da befasse ich mich heute doch lieber mit den Telefonlisten!« Er grinste breit und machte sich eilig davon.
»So ein Weichei«, schimpfte Sönke. »Nichts mehr los mit der heutigen Jugend.«
»Hast nicht du eben genau diesen Vorschlag gemacht?«, schmunzelte Sabine.
»Schon, aber als ich in seinem Alter war, da gab es so etwas wie schlechtes Wetter noch gar nicht. Wir waren voller Tatendrang, jedes Verbrechen so schnell wie möglich zu klären, und da hätte uns das bisschen Regen, ja nicht einmal ein Schneesturm zurückgehalten!«
»Aber heute steht es dir ja zu, dein Rheuma am warmen Ofen zu pflegen«, spottete Sabine.
»Ich hab gar kein Rheuma, freche Deern«, schimpfte ihr Kollege und folgte ihr in das gemeinsame Büro.
Kapitel 13
Verrat
Tariq stand mit einigen seiner Freunde an der Theke. Die Bar war so etwas wie ihr Stammlokal, in das sich kaum je ein Tourist verirrte. Sie rauchten und sprachen über Geschäfte, während einige von ihnen durch die große Frontscheibe die Frauen im Auge behielten, die sich in der Herbstkälte in ihren kurzen Kleidern die Beine in den Bauch standen und auf Kundschaft warteten.
Tariq war froh, dass diese Zeiten vorbei waren. So hatte er in jungen Jahren auch angefangen. Mit einem Mädchen, das er nach Deutschland geschmuggelt hatte und das dann Nacht für Nacht für ihn anschaffen ging und damit den Grundstock für sein heutiges Geschäft gelegt hatte. Sein Onkel Afrim hatte sie ihm überlassen, nachdem er ihm gezeigt hatte, wie man ein Mädchen gefügig machte und die Angst in ihm schürte, die es für sein ganzes Leben in unsichtbare Ketten legen würde.
Dann hatte er Melanie kennengelernt und erkannt, dass eine Ehe mit ihr von Vorteil sein würde. Von da an war es für ihn rasch bergauf gegangen, und heute konnte er mit Stolz sagen, dass er hier unter seinen Freunden und Geschäftspartnern der Erfolgreichste war. Vielleicht gerade auch, weil er sehr vorsichtig vorgegangen und nicht so sehr dem großen, schnellen Geld hinterhergerannt war. Auch hatte
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