Engel der Verdammten (German Edition)
er immer darauf geachtet, nicht aufzufallen und keinen Ärger zu provozieren, weder mit der Konkurrenz noch mit der Polizei.
Sein Handy klingelte und zeigte auf seinem Display den Namen seiner Frau. Tariq runzelte verärgert die Stirn. Sie wusste, dass er es nicht liebte, wenn sie ihm hinterhertelefonierte. War das Weib nach so vielen Jahren immer noch nicht in der Lage, den Laden wenigstens ein paar Stunden ohne ihn zu führen?
»Was ist?«, sagte er unwirsch.
»Du solltest vorbeikommen«, sagte sie knapp. »Die Neue, die dein Bruder uns geschickt hat, macht Ärger.«
Er fragte nicht weiter nach, legte einen Geldschein auf den Tresen, hob grüßend die Hand und machte sich auf den Weg. Melanie empfing ihn an der Tür und schloss hinter ihm wieder ab.
»Wo ist sie?«
»Ich habe sie in ihrem Zimmer eingeschlossen.«
»Sind noch Kunden da?«
»Zwei, aber die sollten bald fertig sein.«
Tariq nickte und zündete sich eine Zigarette an. Er würde warten, bis die Männer das Haus verlassen hatten.
»Was hat sie getan?«, erkundigte er sich.
Schweigend reichte ihm seine Frau einen zerknüllten Zettel, auf dem in Russisch einige Wörter gekritzelt waren.
Helfen Sie mir. Ich bin gefangen.
»Sie hat den Zettel ihrem Kunden gegeben!«, sagte Melanie, in deren Stimme nun unterdrückte Wut schwang, ob auf das Mädchen oder auf seinen Bruder, der sie ihnen geschickt hatte, wusste Tariq nicht, und es war ihm auch egal. Tatsache war, dass sie sich widersetzte, und so was war gefährlich.
»Wie hast du davon erfahren?«, erkundigte er sich.
Seine Frau schnaubte verächtlich. »Der Kunde hat es mir gezeigt, weil er kein Russisch kann und es sich von mir übersetzen lassen wollte.«
Tariq spürte eine seltsame Kälte, die ihm über den Rücken kroch. Sie hatten also lediglich Glück gehabt. So etwas durfte nicht wieder vorkommen.
Eine Tür klappte. Melanie eilte davon, um den Kunden herauszulassen. Tariq rauchte noch eine zweite Zigarette, bis auch der letzte Kunde verschwunden war, dann erhob er sich, um die Sache ein für alle Mal zu bereinigen.
»Pass auf, dass du sie nicht zu hart anfasst. Narben drücken den Preis«, rief ihm Melanie nach.
»Ich werde es versuchen«, brummte er. Er schloss die Zimmertür auf, trat ein und stieß sie hinter sich zu.
Das Mädchen saß auf dem Bett und sah ängstlich zu ihm hoch. Er konnte den Trotz in ihrem Blick erkennen, den er ihr schleunigst austreiben musste. Wichtig war jetzt nur, dass sie begriff, dass ein weiterer Versuch, ihm zu entkommen, ihren Tod bedeuten würde. Sie gehörte ihm! Sie hatte ihm zu gehorchen und für ihn Geld zu verdienen. Sie war erst siebzehn Jahre alt. Er wusste nicht genau, wo sein Bruder sie herhatte, doch das interessierte auch nicht. Hübsch war sie und unverbraucht und brachte daher gute Preise, und das sollte auch noch ein paar Jahre so bleiben.
»Darja, was ist das?«, sagte er beinahe sanft auf Russisch und hielt ihr das Stück Papier hin.
Ihre hübschen, dunklen Augen weiteten sich. Sie stieß ein Wimmern aus und legte sich schützend die Arme über den Kopf, doch Tariq rührte sich nicht.
»Ich habe dir doch gesagt, dass du illegal hier in diesem Land bist, und wenn die Polizei dich findet, dann werden sie dich ins Gefängnis werfen. Meinst du, es ist hier anders als in deiner Heimat? Was, glaubst du, machen all die Polizisten mit illegalen Prostituierten in ihren Zellen, die keiner kennt und die keiner haben will? Und dann, wenn sie fertig sind, werden sie dich in deine Heimat zurückschicken. Willst du das? Könntest du dich denn bei deiner Familie wieder blicken lassen, nach all dem, was geschehen ist? Was würde dein Vater wohl mit seiner verdorbenen Tochter machen?«
Darja antwortete nicht. Sie wimmerte nur leise und wiegte sich vor und zurück, doch Tariq erwartete auch gar keine Antwort.
»Aber weißt du, wenn du so etwas noch einmal machst, dann ist die Polizei dein geringstes Problem, denn bis die hier eintrifft, bist du nicht mehr hier. Dann geht es dir so wie Ileana. Hast du von ihr gehört?«
Darja nickte. Tränen rannen ihr über die Wangen.
»Die Polizei hat sie im Park gefunden mit durchgeschnittener Kehle. Willst du die Nächste sein?«
Darja schüttelte den Kopf.
»Sieh mich an! Glaubst du, ich meine diese Drohung nicht ernst? Soll ich dir zeigen, was ich mit ungehorsamen Mädchen mache?«
Er stand auf und kam langsam näher. Darja rutschte auf dem Bett zurück, doch er beugte sich blitzschnell vor, packte sie
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