Engel der Verdammten (German Edition)
heute Nacht Zeit für mich oder gibt es wieder irgendwelche unaufschiebbaren Dinge zu erledigen?«
Er lachte leise. »Hast du mich vermisst? Höre ich gar so etwas wie Eifersucht in deiner Stimme?«
»Nein, bilde dir nur nichts ein«, gab sie schroff zurück, obgleich er die Sache gut getroffen hatte. Gerade das ärgerte sie.
»Na, dann ist es ja gut. Ich möchte nicht, dass du leiden musst, doch auch heute Nacht kann ich nicht bei dir bleiben.«
Sabine schluckte ihre Enttäuschung herunter. »Nein? Warum nicht?«
»Unaufschiebbare Dinge, die ich erledigen muss.«
Sabine hob leichthin die Schultern. »Dann halt nicht.«
Warum nur quälte sie die Sehnsucht nach seinen Küssen, nach seinem Atem, seinen Händen und vielleicht sogar nach seinem Biss so schrecklich? Wie eine Krankheit oder Droge. Hatte er sie irgendwie infiziert? Abhängig gemacht?
»Was willst du dann hier, wenn du so Dringendes zu erledigen hast?«, rief sie gereizt.
»Mich versichern, dass es dir gut geht«, erwiderte er sanft.
»Danke, ich komme zurecht!«
»Ja, das sehe ich. Du bist unversehrt daheim angekommen, und ich bitte dich, deine Wohnung heute nicht mehr zu verlassen.«
»Ich soll also hier allein herumsitzen, während du dich amüsieren gehst?«
Er stand auf und trat neben sie. »Ich habe ja nicht gesagt, dass du allein bleiben musst. Dein Nachbar Lars könnte dir Gesellschaft leisten.«
»Wie gnädig!«, fauchte sie. »Sonst noch irgendwelche Anweisungen?«
»Geh nicht zu deinem Vater!«
»Was?«
»Ich bitte dich, geh nicht mehr nach Einbruch der Dunkelheit nach Ohlsdorf«, wiederholte der Vampir. Seine Stimme klang eindringlich, und Sabine ahnte, dass er sich um ihre Sicherheit sorgte, dennoch war sie nicht bereit, sich so von ihm gängeln zu lassen.
»Ich gehe zu meinem Vater, wann und so oft es mir passt! Wenn du so um mich besorgt bist, dann musst du eben aufpassen, dass mir nichts passiert.«
Sie sah ihn nicken. »Dann werde ich das wohl tun müssen«, bestätigte er. Er hauchte ihr einen kalten Kuss auf die Wange, dann war er verschwunden. Sabine spürte, wie die Wärme in die Wohnung zurückkehrte. Er war weg. Enttäuscht blieb sie noch eine Weile in der Finsternis sitzen, ehe sie sich dazu aufraffte, in die Küche zu gehen, um zu sehen, was der Kühlschrank heute noch für ein Abendessen hergeben würde.
Er wurde verfolgt! Tariq hielt inne und tat so, als wolle er sich eine Zigarette anzünden. Dabei ließ er verstohlen den Blick schweifen, konnte aber nichts entdecken, was ihm verdächtig erschien. Langsam ging er weiter. Eigentlich hatte er vorgehabt, den Park zu durchqueren. Das war eine Abkürzung, und bislang hatte er sich noch nie Gedanken darüber gemacht, egal zu welcher Tages- oder Nachtzeit er hier unterwegs war. Heute überlegte er jedoch, ob er nicht den längeren Weg um den Park herum wählen sollte. Dort gab es Straßenlaternen, und etliche späte Passanten waren noch unterwegs.
Tariq beschleunigte seine Schritte. So ein Blödsinn! War er ein ängstliches Mädchen, das sich von einem Schatten erschrecken ließ?
»Mach dir doch ins Höschen«, murmelte er verächtlich und schritt beherzt auf den Parkeingang zu. Dennoch konnte er nicht verhindern, dass ihm Bilder von aufgeschlitzten Kehlen in den Sinn kamen. In seiner Fantasie sah er Ileana, wie sie dort im Planten un Blomen gelegen hatte, und Yulia, deren Leiche er in Ohlsdorf verscharrt hatte.
Unwillkürlich ging er schneller. Er vergrub seine Hände tiefer in der Jackentasche und umklammerte den Griff seiner Pistole. Er würde sich nicht wie eine Frau überwältigen und sich die Kehle durchschneiden lassen!
Wieder huschte ein Schatten am Rand seines Sichtfeldes vorbei, doch als er den Kopf drehte, waren nur die nächtlichen Büsche und Bäume zu sehen. In einiger Entfernung ging ein Hundebesitzer durch den Park, dessen Tier ein Stück von ihm entfernt kreuz und quer über den Weg lief. Er hörte den Mann nach dem Hund rufen, der kurz aufjaulte und dann winselnd zurück zu Herrchen lief. Dann wurden Mann und Hund von der Dunkelheit der Nacht verschlungen.
Da war es wieder. Dieses Mal glaubte er, einen Blick im Rücken zu spüren. Jemand fixierte ihn, und Tariq spürte, wie ihm kalt wurde. Es war nicht dieses normale Gefühl von Kälte. Da war mehr. Eine lähmende Angst, die sich seiner bemächtigte. Ein Hauch von Tod strich über seinen Nacken, dass er fast aufgeschrien hätte. Panik erfasste ihn, wie er es noch nicht erlebt hatte. Er riss die
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