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Engel der Verdammten

Engel der Verdammten

Titel: Engel der Verdammten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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Meister.
    Kennt Gott kein Vergessen? Wird Er mir die Stufen zum Himmel auf ewig verweigern?«
    »Asrael, lass dich von mir warnen, einfach, weil ich älter bin als du und ein Mensch, wenn auch meine Seele noch jung ist.
    Sei dir nicht sosicher, dass der Himmel existiert, und betrachte das Antlitz unseres Gottes ebenso wenig als gegeben, wie Marduk es tat.«
    »Heißt das, du glaubst an das eine, aber nicht an das andere?«
    »Es heißt einfach, dass ich den Schmerz dämpfen möchte, den deine Erzählung in dir hervorruft; ich möchte dir das Ge-fühl nehmen, dass du unvermeidlich einem entsetzlichen Schicksal unterworfen bist wegen etwas, das andere getan haben.«
    »Du bist weise«, sagte er. »Und noch dazu großherzig. Ich bin in vieler Hinsicht immer noch sehr naiv.«
    »Ich verstehe. Ich weiß, was du meinst. Lass uns wieder auf Babylon zurückkommen, ja? Sage mir, was es mit dieser Verschwörung auf sich hatte. Und was hatte dein Vater letztendlich damit zu tun?«
    »Ach, mein Vater und ich, wir waren die besten Freunde! Einen besseren Freund als mich hatte er nicht, und mein bester Freund war Marduk.
    Ich war immer der Anführer bei unseren feuchtfröhlichen Ausflügen, und nur er ... kein anderer hätte mich zu dem überreden können, was ich schließlich tat ... das, was mich zum Hüter der Gebeine werden ließ.

    Schon seltsam, wie sich alles zusammenfügte.« Selbst-versunken murmelte er nur noch leise vor sich hin. »Sie besorgten die Bestandteile und mischten sie auch, denn das Gebräu konnte nur wirken, wenn keine Zutat fehlte. Die Priester? Die allein hätten meinen Vater niemals so weit gebracht, allem zuzustimmen. Kyros, der Perser? Ichtraute ihm nicht weiter über den Weg, als ich jedem anderen Tyrannen getraut hätte. Und gab es etwa Ratschläge vom guten alten Nabonidus? Der war zwar dabei, aber das war nur eine freundliche Geste von Kyros' Seite - und Gerissenheit. Gerissenheit war überhaupt ein ganz wichtiges Charakteristikum des persischen Weltreiches. Aber vielleicht sind darauf alle Weltreiche aufgebaut.«
    »Nimm dir Zeit«, bat ich, »atme erst einmal tief durch.«
    »Ja ... lass mich meine Familie beschreiben. Meine Mutter starb, alsich noch ein Kind war. Sie war sehr krank und weinte, weil sie nicht mehr erleben würde, dass Jahwe uns sein Antlitz zeigen und uns zurück ins Land Zion führen werde. Sie stammte aus einer Familie von Schriftgelehrten, und man er-zählte mir, dass sie einst sogar eine annehmbare Prophetin gewesen war, doch diese Gabe schwand, nachdem sie Söhne geboren hatte. Bis zu meiner letzten Stunde war mir klar, wie sehr sie meinem Vater fehlte. Er hatte sich zwei nichtjüdische Frauen genommen und ich auch; genau genommen hatten wir diese Frauen zusammen, aber dabei ging es nicht um Nach-wuchs, dabei ging es nur ums Vergnügen.
    Zu Hause, für die Familie, arbeitete mein Vater intensiv, kopierte die Psalmen und gab sich große Mühe, exakt die Worte wiederzugeben, die uns von Jeremias überliefert waren, und wir verbrachten Tage und Nächte in Streitgesprächen darüber.
    Mein Vater war kaum je Vorsprecher bei den Gebetsrunden.
    Er hatte jedoch eine schöne Stimme, und ich erinnere mich bis auf den heutigen Tag seiner Gesänge zum Lob des Herrn.
    Wenn wir unserer Beschäftigung im Tempel nachgingen, war es zwischen uns beiden insgeheim klar, dass wir alle Götzenanbeter für total verrückt hielten, aber warum sollten wir nicht für sie arbeiten und sie einfach gewähren lassen?
    Ich habe ja schon erklärt, dass wir von Zeit zu Zeit auch gemeinsam mit den Priestern das Mahl für Marduk bereiteten.
    Unter den Priestern hatte ich eine Menge Freunde, und weißt du, wie bei allen Priestern war es auch bei ihnen; einige glaubten jedes Wort ihres Gottes, einige glaubten nichts davon.
    Doch gleichermaßen umhüllten wir den Tisch des Gottes mit schützenden Schleiern und nahmen später die Speisen wieder fort, die der Gott Marduk tatsächlich in sich aufgenommen und genossen hatte - auf seine Weise, indem er das Aroma, den Duft und die Feuchtigkeit aus den Speisen aufsog. Anschlie-
    ßend reichten wir diese Speisen der königlichen Familie, den königlichen Geiseln und den Priestern und Eunuchen, die an der königlichen Tafel zu speisen pflegten, aber ich betone es noch einmal: Als gute Hebräer aßen wir selbst nie davon. Das hätten wir niemals getan.
    Wir hielten uns an die Gesetze Mose, so weit es uns nur möglich war. Und vor kurzem, als ich mich da mitten in New York

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