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Engel der Vergessenen

Engel der Vergessenen

Titel: Engel der Vergessenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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einmal. Ich bin beauftragt worden, über die Ereignisse in Nongkai einen Bericht zu schreiben. Ich werde schreiben: Birma ist glücklicher geworden, seit es einen Dr. Haller hat.«
    »Bravo!« rief Taikky und klatschte in die Hände.
    Major Donyan nahm wieder einen Schluck. Ihm wurde trotz Ventilatoren und Eisgetränken sehr heiß. »Meine zweite Nachricht muß ich auch noch loswerden, Dr. Haller. Wir haben in Birma noch vier Leprastationen. In Bonyan, Simidon, Dienho und Phujet. Kleinere Isolierhäuser mit zusammen rund vierhundert Kranken. Das Gesundheitsministerium hat sich entschlossen, diese unrentabel und sehr primitiv arbeitenden Stationen zu schließen und Nongkai zum Schwerpunkt-Krankenhaus zu machen. Das bedeutet, es wird auf das modernste ausgerüstet. Die dreihundert Kisten sind der Anfang! Alle Leprakranken sollen hier zusammengezogen werden.«
    »Das ist Wahnsinn«, sagte Haller langsam. Auch er brauchte jetzt einen Drink, griff zur Ginflasche und goß sich ein hohes Glas pur ein. Er hustete nach dem ersten Schluck und wunderte sich, wie er sich in kurzer Zeit schon so entwöhnen konnte. Aber der zweite rann schon besser in ihn hinein, und der dritte schenkte ihm wieder den alten vertrauten Genuß.
    »Wo sollen die denn alle untergebracht werden? Major, da hat doch einer Jauche im Gehirn! Taikky, verhindern Sie das sofort! Rufen Sie umgehend den Gouverneur in Lashio an. Was soll der Irrsinn?«
    »Zu spät.« Major Donyan hob die Schultern. Er sah unglücklich aus, und er war es auch. »Das Ministerium hat schon alles eingeleitet. Anscheinend will man Ihnen imponieren. Sie arbeiten jetzt dort mit Gründlichkeit und Elan. Die Häuser sind schon in Auflösung, die Kranken schon auf dem Wege nach Nongkai.« Donyan legte die gepflegten Hände aneinander und blickte Doktor Haller über die Fingerspitzen an. »Genau vierhundertneunzehn Kranke aller Altersstufen und Krankheitsstadien, neunzehn einheimische Schwestern und sechs birmesische Ärzte sind unterwegs hierher. Herr Donu Taikky wird zum Generalbevollmächtigten der Regierung für die Bekämpfung der Lepra ernannt. Die Ernennung ist unterwegs, ich verrate hier ein Dienstgeheimnis. Das ›Zentralkrankenhaus Nongkai‹ wird zwei Chefärzte haben: Dr. Karipuri und Dr. Haller. Karipuri für die Innere Abteilung, Sie, Dr. Haller, für die Chirurgie.«
    »Mit anderen Worten: Ich habe in Kürze siebenhundertfünfzig Kranke auf dem Hals und muß sie übereinanderstapeln wie Brennholz. Taikky, das ist Ihr Problem, Sie Generalbevollmächtigter!«
    Taikky winkte. Der erste Gang des feudalen Mittagessens, die Schildkrötensuppe, wurde von den beiden Boys serviert. »Hier müssen Engel zeigen, was sie können! Sie haben uns das eingebrockt, Haller. Ihrem Ruf als Wohltäter der Menschheit verdanken wir diese Entwicklung. Nun sehen Sie zu, wie Sie die Probleme bewältigen. Es sind Ihre Probleme.« Taikky begann die Suppe zu schlürfen.
    »Wann treffen die ersten Transporte ein?« fragte Haller. Er aß nichts. Er hatte die Ginflasche vor sich stehen und trank, während die anderen löffelten.
    »Die erste Gruppe in drei Tagen.« Major Donyan sah Haller mitleidig an. »Zwei Ärzte, vier Schwestern und fünfunddreißig Schwerkranke. Mit einer Transportmaschine der Luftwaffe. Die anderen Kranken kommen alle auf einmal. Insgesamt werden sieben Flugzeuge in Homalin landen. Sie bringen auch die zweite Ladung Medikamente und Ausrüstung mit. Betten, Schränke, Instrumente.« Major Donyan blickte an Haller vorbei. Er war nicht mehr in der Lage, dessen Blick zu ertragen. »Es ist wie im Krieg. Verlegung einer ganzen Truppe in den Dschungel.«
    Dr. Haller schob den Korbsessel zurück und stand auf. »Wir werden diese Schlacht gewinnen«, sagte er laut. »Taikky, begraben Sie Ihre Hoffnung, mich auf der Schnauze liegen zu sehen.«
    Sie warteten, bis Haller die Veranda verlassen hatte und der zweite Gang – Wildhecht in Kräutersoße – serviert wurde. Taikky schnupperte genüßlich. »Vierhundertneunzehn Kranke und sechs Ärzte«, sagte er. »Die Hausmacht Hallers ist gebrochen. Die Mehrheitsverhältnisse werden sich zu unseren Gunsten verschieben. Zum Wohle, meine Herren!« Er hob sein Glas. »Donyan, wenn Sie auch ein Rindvieh sind, das mich heute um einige Tausender leichter gemacht hat – Ihre zweite Nachricht versöhnt mich wieder mit Ihnen. Der Strom der Hilfsbereitschaft, der jetzt nach Nongkai fließen wird, geht auch an uns nicht vorüber.« Jeder wußte, was das

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