Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Engel der Vergessenen

Engel der Vergessenen

Titel: Engel der Vergessenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
Team, daß wir aus diesem Nongkai wirklich ein Musterdorf machen könnten, wenn uns Karipuri nicht immer dazwischenfunkte. Ich weiß, daß Sie es Karipuri sofort weitererzählen werden. Das war auch der Sinn meiner Rede.«
    Nach drei Monaten mußte Haller zugeben, daß Taikky ein Genie war.
    Ununterbrochen rollte Material heran, die Schränke füllten sich mit Medikamenten und Verbänden, jeder hatte jetzt sein Bett, neue Straßen wurden gebaut, neue Felder mit Reis, Erdnüssen, Zuckerrohr, Sesam, Mais, Weizen und Tee angelegt, die buddhistisch Pagode, ein Prunkstück, wuchs und wuchs und wurde doppelt so hoch wie die christliche Kirche. Das wiederum ließ Manoron nicht ruhen. Er rief zum Turmbau auf, und Minbyas Leute begannen aus Holz und Bambus einen Glockenturm zu konstruieren. Es war eine Art Wettbauen: Wer siegt und wird höher? Jesus oder Buddha?
    Die Trennung der Ärzte war allerdings vollständig. Karipuris Mannschaft arbeitete in den luxuriösen Zelten und stellte jede Besserung mit großem Getöne heraus. Bildeten sich Ulzera zurück, wurden die Fälle sofort fotografiert und die Bilder nebst Krankengeschichte mit der nächsten Post nach Rangun geschickt. Wie Helden ließen sich die Genesenden feiern, und als nach drei Monaten der erste Geheilte entlassen werden konnte, wurde er mit Bänderschwingen und Gesang aus dem Dorf getragen.
    »Wir reißen ihm die Federn einzeln aus den Engelsflügeln!« sagte Taikky beim Fünf-Uhr-Tee zu den Ärzten. »Der heilige Haller bröckelt zusammen. Wie viele Besserungen hat er?«
    »Zweiundvierzig.« Dr. Butoryan fühlte sich etwas in seiner Ehre gekränkt. »Vergessen Sie nicht, daß wir in dieser Zeit aus Nongkai-Neu neununddreißig sich rapid verschlechternde Fälle in die Chirurgie bekommen haben.«
    »Sind Sie schon Hallers Mann?« fragte Karipuri anzüglich.
    Dr. Butoryan schwieg, weil Kalewa ihn unter dem Tisch gegen das Schienbein trat. Bleib auf der mächtigeren Seite, hieß das. Das Rennen muß Dr. Haller verlieren, und wenn er ein noch so phantastischer Arzt ist. Bei Taikky gibt es keine Gnade, nur eine Gnadenfrist. Die meisten verwechseln das.
    Nach vierzehn Wochen trat das ein, was Haller befürchtet hatte: Die Gasflaschen für das Narkosegerät waren alle aufgebraucht, und bei Taikkys Nachschub kamen nie welche mit.
    »Ich fordere sie an!« rief Taikky dramatisch. »Doktor Haller, sehen Sie meine Listen an! Immer stehen sie drauf, an erster Stelle sogar! Aber nichts! Nichts! Ich kann es mir nicht erklären. Was soll einer mit Narkosegas anfangen?«
    »Und das Krankenhaus in Lashio?«
    »Die haben Flaschen! Sicherlich! Aber die geben nichts ab! Für uns ist Rangun direkt zuständig.«
    »Darüber ließe sich verhandeln.« Haller blickte auf den Flugplan, der hinter Taikky an der Wand des Büros hing. »Morgen kommt ein Flugzeug aus Lashio. Ich fliege mit zurück und bringe Narkoseflaschen nach Homalin. Jemand kann mich in drei Tagen abholen.«
    »Wenn Sie's nicht lassen können!« Taikky hob die Schultern. »Das Krankenhaus in Lashio hat keinerlei Kontakt mit uns.«
    »Für Kontakt werde ich sorgen. Wer kann mich zum Flugplatz bringen?«
    »Mein Boy. Morgen um sieben Uhr.«
    Taikky wartete, bis er Dr. Haller unten auf der Straße sah, griff dann zum Funkgerät und sprach mit seinem Verwaltungskollegen vom Krankenhaus Lashio.
    Nach vier Tagen kam Dr. Haller zurück.
    Ohne Flaschen, randvoll mit Wut. Der Boy, der ihn abholte, sah ihn schief an, antwortete auf Fragen, ob in Nongkai irgend etwas geschehen sei, mit »No, Sir« und raste in halsbrecherischem Tempo über die Dschungelstraße zum Dorf zurück.
    Dort schien sich etwas Furchtbares ereignet zu haben. Am Tor standen Karipuris Leute und glotzten Dr. Haller feindselig an. Minbya, der stundenlang gewartet haben mußte, stürzte die Straße entlang, Haller entgegen, aber auch Dr. Adripur und Siri liefen vom Hospital her auf ihn zu.
    Von der Veranda aus beobachtete Taikky zufrieden diese Aufregung. Dr. Karipuri trat aus seinem Ordinationszelt, als der Jeep dort hielt – statt vor dem Hospital.
    »Doktor!« schrie Minbya von weitem. »Doktor! Doktor!«
    Adripur blieb stehen und hielt Siri zurück. Es hatte keinen Sinn mehr. Sie konnten Haller nicht erreichen, bevor Karipuri mit ihm sprach.
    »Was ist los?« fragte Haller und kletterte aus dem Jeep. »Machen Sie es so brutal wie möglich. Ich bin genau in der richtigen Stimmung.«
    »Ich auch! Und Sie sollen es brutal haben, Sie Schwein! Gehen Sie weiter in

Weitere Kostenlose Bücher