Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Engel des Todes

Engel des Todes

Titel: Engel des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marshall
Vom Netzwerk:
sonst sollte man sich das alles zusammenreimen?«
    »Da gibt es zig andere Möglichkeiten, Ward. Schön, der Pistolenschütze arbeitet für die Straw Men. Mag sein. Er versucht die Aufmerksamkeit auf einen Mörder zu ziehen. Vielleicht. Aber wie kommst du von da zu der Ansicht, dass dein Bruder der Killer sein soll? Wieso ist das die einzig bündige Erklärung?«
    Ich verstand nicht, worauf sie hinauswollte. »Weil … ja, weil ich annehme, wenn die Straw Men jemanden der Polizei in die Arme treiben, dann muss es jemand sein, den sie nicht selber erledigen können. Jemand, der so gefährlich und unberechenbar und rücksichtslos ist, dass sie den Arm des Gesetzes brauchen, um ihn unschädlich zu machen.«
    »Aber warum wollen sie ihn ins Netz treiben? Er ist doch einer von ihnen. Er entführte Jugendliche als Opfer für ihre Mordlust, er half ihnen bei Anschlägen und organisierte Massaker. Warum …«
    »Weil er sich eben auch andere Dinge geleistet hat – den Mord an meinen Eltern und die Entführung von Zandts Tochter –, mit der Folge, dass sich vier bewaffnete und zu allem entschlossene Menschen an ihre Fersen hefteten. Seinetwegen verloren sie ihren Rechtsanwalt. Und seinetwegen ging ihre millionenteure Wohnanlage in Montana in die Luft. Wer weiß, was er jetzt im Schilde führt? Wenn Paul dich ins Visier nimmt oder du ihn, dann wirst du sehr bald wissen, wozu er fähig ist.«
    Erst jetzt merkte ich, dass uns die beiden älteren Frauen merkwürdig anschauten, weil Nina und ich uns lautstark stritten. Ich bemühte mich, meine Stimme zu dämpfen. »Nina, wo ist hier das Problem? Du hast doch gerade gehört, was …«
    »Ward, verdammt noch mal, es könnte John gewesen sein.«
    Ich starrte sie atemlos an. »Was willst du damit sagen?«
    »Wen wollen die Straw Men erledigen? John. Wer wird durch das Video, das sie Monroe zugespielt haben, belastet? John. Wer hat einen Mann umgebracht, der mit ihnen in Verbindung stand? Was sagt uns, dass John nicht der Mörder dieser beiden Frauen war?«
    »Weil … ja, Himmel, warum sollte er das getan haben?«
    »Sie gehörten zum Leben des Upright Man. Du weiß doch, was dein Bruder ihm angetan hat. Er entführte Karen und brachte sie um. Und damit hatte er es noch nicht mal eilig, er verschwand mit ihr und lieferte erst Beweise für ihren Tod, als er ihre Knochen als Köder auslegte, mit dem er John in eine Falle locken und dann ebenfalls umbringen wollte. Er ist in Johns Leben eingefallen und hat es zerstört. Was glaubst du, wovor John bei seinem Racheversuch zurückschrecken würde?«
    Ich machte den Mund auf, schloss ihn aber wieder.
    Nina war so wütend, wie ich noch nie jemanden gesehen hatte.
    »Ward, du kannst mich mal. Ich warte im Auto.«
    Damit verließ sie das Haus und schlug die Tür hinter sich zu. Ich wandte mich an die beiden Frauen, die mich wie interessierte Katzen anschauten.
    »Danke«, sagte ich. »Jetzt muss ich auch gehen.« Von oben rief ein Kind.
    »Ach Gott«, seufzte Muriel. »Mit der Nachtruhe ist es vorbei.«
    Ich war schon an der Tür, als Mrs. Campbell zu mir sprach. »Sie wollten doch etwas von mir wissen.«
    Ich drehte mich noch einmal um. »Was meinen Sie?«
    »Ich weiß nicht, wie man Menschen jagt«, sagte sie, »aber ich dachte, Sie wollten gern wissen, wo er zuletzt hingekommen ist.«
    »Wann?«, fragte ich ohne die geringste Ahnung, wovon sie eigentlich sprach. Mit einem Ohr horchte ich, ob Nina schon mit dem Auto wegfuhr.
    »Damals. Die Familie, die ihn aufnahm«, erläuterte sie. »Meine Kollegin in Florida war für den Fall zuständig. Sie teilte mir mit, die Familie sei nach Washington gezogen, weil die Mutter der Frau alt und gebrechlich wurde und allein nicht mehr zurechtkam. Ein Jahr nach dem Umzug hörte Dianne ein letztes Mal von ihnen. Der Mann hatte sich mit einer jungen Frau, einer Kneipenbekanntschaft, davongemacht.«
    »Konnte sie sich an einen Namen erinnern?«
    »Ja. Sie erinnerte sich daran, weil der Name so ähnlich klang wie der des Rockgitarristen, der vor Jahren einmal ganz berühmt war. Er schrieb sich aber anders.«
    Ich spitzte die Ohren. »Wen meinen Sie?«
    »Der Name lautete Henrickson«, sagte sie. »Sie wohnten in einer Stadt namens Snowcalm oder so ähnlich, oben in den Cascade Mountains.«
     
    Nina fuhr finster schweigend zum Flughafen. Ich versuchte mit ihr zu reden, aber sie war, ähnlich einem Geisterfahrer, mit ihren Gedanken in einer anderen Zeit oder einer anderen Welt. Also brütete jeder in

Weitere Kostenlose Bücher