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Engel des Todes

Engel des Todes

Titel: Engel des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marshall
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gab die Information weiter, und nichts geschah. Ich habe die Sache hauptsächlich deshalb selbst in die Hand genommen, weil …«
    Er zuckte die Achseln. Ich verstand. Es gab nichts Neues. Er hatte früher im Fall der Botenjungen-Morde ermittelt, und als eine Folge davon war seine Tochter Karen entführt und nicht mehr lebend gesehen worden. Seine Ehe war darüber in die Brüche gegangen. Er quittierte den Dienst. Ich hatte ihn immer für einen sehr guten Ermittler gehalten: Er war derjenige gewesen, der der Masche des Upright Man auf die Schliche gekommen war, jugendliche Opfer zu entführen und sie superreichen Psychopathen zur Verfügung zu stellen. Doch selbst wenn Zandt in den Polizeidienst hätte zurückkehren wollen, hätte ihn das Police Department in Los Angeles vermutlich nicht mehr genommen. Was konnte er also sonst tun? Als Sicherheitsexperte arbeiten? Geschäfte machen? In welcher Branche? Zandt war genauso wenig vermittelbar wie ich.
    »Wir könnten es beim FBI probieren.«
    »O ja. Du bist bei der CIA rausgeworfen worden. Das ist eine tolle Visitenkarte. Schwamm drüber. Erinnerst du dich an das Wort, das auf der Tür der Blockhütte gestanden hat?«
    »Nicht wirklich«, sagte ich. »Ich weiß, da waren Buchstaben, aber die sahen aus, als gehörten sie zu dem übrigen Durcheinander.«
    Er holte ein Foto aus seiner Jackentasche. »Das ist ein Foto, das ich dort aufgenommen habe«, erläuterte er. »Mit hochauflösendem Verfahren gedruckt. Erkennst du es jetzt?«
    Ich schaute näher hin. In die Tür der Hütte waren tatsächlich Buchstaben gehackt. Bei genauem Hinsehen erkannte man das Wort oder den Namen »Croatoan«. Es muss schon lange auf der Tür gestanden haben, denn es war durch Verwitterung und spätere Markierungen fast unleserlich geworden. »Was soll das bedeuten?«
    »Zuerst dachte ich an den Namen einer alten Bergbaugesellschaft oder so etwas. Aber alles in der Richtung war Fehlanzeige. Der einzige Hinweis, den ich gefunden habe, ist seltsam.«
    Er schob mir einen Stapel bedrucktes Papier hin. Ich sah viel Text in unterschiedlichen Schriftgraden, in Absätze gegliedert und mit der Überschrift »Roanoke« versehen.
    »Ich hoffe, dass es eine Zusammenfassung gibt.«
    »Du hast doch sicherlich schon mal von Roanoke gehört? An der Ostküste?«
    »Ja, schon«, sagte ich. »Zumindest erinnere ich mich vage. Ein Haufen Leute, die vor langer Zeit verschwunden sind.«
    »Tatsächlich sind sie zweimal verschwunden. Roanoke war der erste Versuch der Engländer, in Amerika eine Kolonie zu errichten. Königin Elisabeth I. verlieh dem englischen Seefahrer Walter Raleigh, einem ihrer Freibeuter, das Recht auf ein Stück Land. Er sollte für Englands Präsenz in der Neuen Welt sorgen. Im Jahr 1584 sandte Raleigh eine Expedition aus mit dem Auftrag, das Land auszukundschaften. Die Engländer ließen sich auf Roanoke Island an der Wattenküste des heutigen North Carolina nieder. Sie erkundeten die Umgebung, hatten die erste Begegnung mit der einheimischen Bevölkerung – dem Indianerstamm der Croatoans – und fuhren schließlich nach England zurück. Im Jahr 1586 kam eine zweite Siedlergruppe von hundert Mann in die Neue Welt. Sie hatten keinen Erfolg. Sie hatten zu wenig Proviant mitgenommen und verdarben es sich mit den Eingeborenen, mit denen sie Händel anfingen. Am Ende wurden alle mit Ausnahme von fünfzehn Männern, die als Besatzung auf der Insel blieben, von einem Schiff mitgenommen und nach England zurückgebracht. Doch Raleighs Ehrgeiz war es, eine geldbringende Kolonie zu besitzen, deshalb schickte er im folgenden Jahr eine weitere Mission nach Amerika mit dem erklärten Ziel, aus dem neuen ›Virginia‹ ein geordnetes Gemeinwesen zu machen. Er ernannte einen Mann namens John White zum Anführer der Gruppe und zu seinem Statthalter. Mit ihm gingen hundertsiebzehn Siedler – Männer, Frauen und Kinder. Der Gedanke, der dahinterstand, war, dass Familien eine dauerhafte Besiedlung garantieren sollten. Man schärfte ihnen ein, nicht wieder auf Roanoke Island Stützpunkt zu beziehen, doch ebendort landeten sie wieder. Sie fanden die Befestigungsanlagen, die ihre Vorgänger errichtet hatten, aber von den fünfzehn Männern, die zur Bewachung abgestellt worden waren, fehlte jede Spur. Verschwunden. White suchte Kontakt mit den Croatoans und bekam von ihnen die Auskunft, ein feindlicher Stamm habe das Fort angegriffen und einige der Besatzer getötet. White war alarmiert. Als dann einer der neu

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