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Engel des Todes

Engel des Todes

Titel: Engel des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marshall
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schon abwimmeln, sah aber den Ausdruck in Zandts Augen und beeilte sich, ihm noch ein Bier zu holen. »Die Frage lautet, was soll dieser Name auf der Tür der Blockhütte, die wir gefunden haben?«
    »Ein Zitat?«, schlug ich vor. »Ein Hinweis auf das Geheimnis von Roanoke? Aber welchen Sinn hätte das?«
    »Er will uns damit etwas sagen.«
    »Ich glaube nicht, dass jener Ort irgendetwas mit Paul zu tun hat. Da gab es keinen Hinweis auf einen Zusammenhang. Und überhaupt, warum sollte er sich dafür interessieren? Warum sollte er uns Geschichtsunterricht geben wollen?«
    »Während er Sarah Becker gefangen hielt, hat er die halbe Zeit damit verbracht, sie zu belehren. Und dann ist da dieses Manifest, das du vor drei Monaten im Internet gefunden hast, diese Hetzschrift, wonach alle außer den Straw Men mit einem Sozialvirus infiziert worden seien. Dieses Virus sei schuld daran, dass der Mensch mit Ackerbau und Viehzucht begonnen habe. Das sieht doch ganz nach einer Mission aus, oder?«
    Wir schwiegen, als die Getränke gebracht wurden. »Das Entscheidende bei Paul«, fuhr ich dann fort, »ist doch, dass er sich nicht für einen Psychopathen hält.«
    »Keiner von denen tut das, Ward. Keiner dieser Männer steht morgens auf und denkt: ›Heute tue ich etwas Böses.‹ Sie tun es einfach, und manche wissen, dass es böse ist, und andere wissen es nicht, aber das ist nicht der Grund, weshalb sie es tun.«
    »Ja, ich verstehe«, sagte ich, gereizt über seinen Ton. »Ich verstehe.«
    »Sie tun es, weil sie es tun müssen, so wie Junkies sich die Nadel setzen. Sie tun das nicht, weil sie sich umbringen wollen oder weil sie mit ihrem Leben nichts anzufangen wissen. Nein, sie brauchen einfach ihre tägliche Dosis, so wie andere eine Zigarette brauchen oder nicht darauf verzichten wollen, dass ihre Schuhe geputzt, der tägliche Tagebucheintrag geschrieben oder die Haustür zweimal abgeschlossen ist, wenn sie weggehen. Jeder hat seine eisernen Gewohnheiten und Rituale, seinen ganz persönlichen Tick, mit dem man in der Welt verankert ist.«
    »Und wie sieht deiner aus – Bier trinken?«
    »Leck mich.«
    »Was läuft eigentlich zwischen dir und Nina?«
    »Das geht dich überhaupt nichts an.«
    »Irrtum«, fauchte ich wütend. »Es gibt nur drei Menschen auf dieser Welt, die über die Straw Men Bescheid wissen. Ich bin drei Monate lang durch das Land geschlichen, ohne einen Mucks zu tun. Dann habe ich in Idaho einen Mann verprügelt, weil ich ihn für einen Killer gehalten habe. Ich stehe mit dem Rücken zur Wand und habe nur wenig, worauf ich mich noch verlassen kann. Ihr beide gehört dazu.«
    »Was ist mit dem Geld deiner Eltern?«
    »Alles weg«, sagte ich. »Nicht etwa ausgegeben, nein, verschwunden. Sie müssen sich irgendwie Zugang verschafft haben.«
    »Scheiße«, sagte er. »Das tut mir echt leid für dich.« Er starrte eine Weile auf die Straße hinaus. »Wir haben uns nicht mehr verstanden«, sagte er schließlich, während er einem Mann zuschaute, der in einer Galerie gegenüber Bilder umhertrug. »Ich war bei ihr eingezogen. Du weißt ja, wir sind früher schon einmal zusammen gewesen, als ich noch verheiratet war. Ich dachte, es könnte funktionieren. Wir dachten das beide. Aber … na ja, sie ist schon ziemlich anstrengend.«
    »Stimmt. Wohingegen du ein flauschiger großer Teddybär bist.«
    Er drehte den Kopf, bis sein Blick schließlich auf mir lag, aber so, als wäre ich keineswegs der wichtigste Gegenstand in seinem Gesichtsfeld. »Das war auch immer meine Einschätzung.«
    »Was hast du denn in Florida gemacht?«
    Er schüttelte nur den Kopf. Langsam ging er mir wirklich auf die Nerven.
    »Na schön, was hast du sonst noch herausgefunden?«
    »Nichts«, sagte er.
    »Ach nein. Du bist den ganzen Weg hierhergekommen, nur um mir das mitzuteilen? Soll das die große Neuigkeit sein?«
    »Ich habe nicht meine ganze Zeit damit verbracht, Ward, und ich komme auch nicht zum Rapport. Ich habe versucht, mein Leben neu zu ordnen. Es gibt schließlich noch andere wichtige Dinge auf der Welt außer den Straw Men. Der Upright Man ist nur ein Killer unter vielen.«
    »Das glaubst du doch selbst nicht«, widersprach ich. »Er hat deine Tochter und meine Eltern umgebracht. Er ist kein gewöhnlicher Killer. Und dein Rechercheergebnis ist ein Scheiß, der irgendwann vor vierhundert Jahren passiert ist.«
    »Manchmal muss man sehr weit zurückgehen, um das zu tun, was zu tun ist.«
    »Und was soll das jetzt wieder

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