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Engel des Todes

Engel des Todes

Titel: Engel des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marshall
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erinnere mich nicht mehr. Ziemlich spät.«
    »Und dieser Termin stand im Zusammenhang mit seiner Arbeit.«
    Die Frau sah, wie Nina sie aufmerksam anschaute.
    »Ja«, sagte sie, »soweit ich weiß.«
     
    »Wir können wieder einpacken«, sagte Olbrich leise. Er, Monroe und Nina standen nun allein in der Küche. »Zwei Arbeitskollegen bestätigen, dass er sich zur üblichen Arbeitszeit in der Nähe seines Schreibtischs aufhielt. Am Abend zuvor war er ausgegangen, wie Nina herausgefunden hat – kein Geschäftstermin. Er behauptet, er sei mit einem Kunden in einem Striplokal gewesen. Der Kunde ist mittlerweile wieder in England.« Er schaute auf die Uhr. »McCain kennt die Privatadresse dieses Kunden nicht. Wir müssen also warten, bis in England die Bürozeiten beginnen, um die Aussage zu überprüfen. Aber offen gesagt …«
    Er winkte ab.
    Auch Nina gähnte. »Wir haben nichts Stichhaltiges, um ihn länger festzuhalten, und außerdem entspricht er nicht der Beschreibung des Kerls, mit dem Jessica in der Bar gesehen wurde.«
    »Stimmt. Ja, er war ein Verehrer von Jessica. Ja, er geht hin und wieder in Striplokale, wenn er muss. Angenehmer Job, wenn man so einen kriegt. Aber davon abgesehen bringt es uns nicht weiter. Sein Anwalt ist jetzt bei ihm und stärkt ihm den Rücken. Wir müssen entweder massiv vorgehen oder es ganz bleiben lassen.«
    Monroe schüttelte den Kopf und ging hinaus in den Flur.
    Olbrich schaute Nina an. »Was hat er denn?«
    »Er mag nicht mit leeren Händen weggehen, nachdem wir anfangs so sicher aufgetreten sind.«
    »Er wollte doch so hereinplatzen. Ich habe ihm gleich geraten, behutsamer vorzugehen.«
    »Monroe setzt mehr auf den direkten Angriff.«
    Sie folgten ihrem Chef und hielten an der Tür zum Wohnzimmer. Nina machte sich auf Kritik von den dort Versammelten und in erster Linie vom Anwalt gefasst – in jedem Kinofilm haben die Leute heute nur Widerworte für die Polizei übrig, daher glaubt jeder, er müsse im richtigen Leben gegenüber der Polizei auch diesen Ton anschlagen, sozusagen, um nicht aus der Rolle zu fallen –, aber dann kam doch nichts dergleichen.
    Olbrich entschuldigte sich halbherzig. Monroe bat das Ehepaar, in den kommenden Tagen die Stadt nicht zu verlassen. Nina wollte den Kollegen schon ohne einen weiteren Blick zurück in Richtung der Tür folgen, als sie eine weibliche Stimme ihren Namen aussprechen hörte.
    Na los, dachte sie, auf der Stelle wendend. Noch ein bisschen Druck, und du wirst sehen, wo dich das hinführt.
    Das Ehepaar McCain hatte sich erhoben und schaute sie an. Ihr Anwalt hatte sich ans andere Ende des Zimmers zurückgezogen und machte keine frohe Miene.
    »Meine Frau sagt, ich sollte Ihnen das hier geben. Mein Anwalt ist anderer Meinung.«
    Der Mann hielt ihr etwas hin, das kleiner als ein Taschenbuch, aber ungefähr so dick war.
    »Was ist das?«
    »Eine Speicherkarte. Ich, äh …«
    Die Frau sah zu Boden und drängte: »Sag, um was es sich handelt, Greg.«
    »Es sind Bilder darauf«, fuhr er fort. »Auch Videos, alles von der Website. Ich weiß nicht, ob es Ihnen etwas nützt, aber …«
    Seine Frau brachte es für ihn auf den Punkt. »Wir wollen das nicht mehr im Haus haben.«
    Nina nahm die Speicherkarte. »Danke für Ihre Hilfe.«
    Der Mann wirkte sichtlich erleichtert, kaum hatte er sich von der anstößigen Sache getrennt. Der Abend, so schien es, war durchaus kein Desaster auf der ganzen Linie, sondern konnte sich sogar noch als Erfolg herausstellen. Ein geringfügiges Vergehen in gutbürgerlichen Kreisen war aufgedeckt worden und damit dem Schicksal das Geheimnis genommen. Zwar würde die Frau weiter auf ihm herumhacken und er für eine Weile der Spucknapf bleiben. Das Thema würde gewiss ab und zu aufs Tapet kommen.
    Aber nun war es kein Geheimnis mehr. Über bedrückende private Geheimnisse sprechen zu können war an sich schon der Mühe wert. Seine Frau würde ihr Glück nicht anderswo suchen. Sie hatten zusammen ein angenehmes Leben, wer würde das aufgeben und sich wieder auf Partnersuche machen wollen? In ein paar Monaten könnte sich die Last dieses qualvollen Abends als Auslöser für ein neu entfachtes Liebesleben herausstellen.
    Manche Leute schwimmen immer oben.
    »Ich wusste nicht, dass sie tot ist«, sagte der Mann. »Es schmerzt mich, das zu hören.«
    »Über den Fall ist in der Presse kaum berichtet worden, und wir möchten auch, dass das so bleibt.«
    Der Mann nickte, ohne Nina anzuschauen. Seine Frau trat einen

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