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Engel des Todes

Engel des Todes

Titel: Engel des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marshall
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Jedenfalls ist es nicht unmöglich, in einer Viertelstunde von ihrem Haus zum Motel zu gelangen.«
    »Nein, aber schwer zu schaffen. Außerdem ist mir da noch ein Gedanke gekommen.«
    »Nämlich?«
    »Wir sind davon ausgegangen, dass der Täter, der Jessica umgebracht hat, derselbe ist, der auch Ryan erschossen hat.«
    »Selbstverständlich. Ich halte es für wenig hilfreich, wenn …«
    »Charles, hören Sie. Jessica war vielleicht achtundvierzig Stunden tot, als sie gefunden wurde. Wegen der Hitze kann man das nicht genau sagen. Nach der bisherigen Theorie hat ein Mann im Geheimen eine Frau ermordet, und einen Tag später schlägt er noch einmal zu und erschießt einen Polizisten, um damit auf sich aufmerksam zu machen. Wie ich schon sagte, das ist extrem.«
    »Dann erklären Sie es anders.«
    »Das kann ich nicht. Noch nicht. Ich sage lediglich, dass die einzige Verbindung zwischen den beiden Morden die räumliche Nähe ist.«
    Monroe schüttelte den Kopf. »Aber schon ein merkwürdiger Zufall, oder?«
    »Nein. Beide Morde könnten trotzdem miteinander verbunden sein. Nur muss es nicht derselbe Täter sein. Das aber hieße, dass Jessicas Mörder mittlerweile in einem anderen Teil des Landes sein könnte. Oder er könnte mit einem Alibi für den falschen Tag irgendwo gemütlich zu Hause sitzen.«
    Monroe schaute beiseite und sagte ungewöhnlich leise: »Warum sollte irgendein anderer einen Polizisten umbringen?«
    »Ich behaupte nicht, dass es sich so zugetragen hat. Ich sage nur, wenn wir diesen Gedanken einmal durchspielen, dann müssen wir Mrs. McCain eine weitere Frage stellen.«
    Er gab mit einem Nicken sein Einverständnis. »Tun Sie das.«
     
    Gail McCain war in der Küche. Sie stand stocksteif am Fenster und sah auf den Garten hinaus. Nina fragte sich, was die Frau wohl von diesem Abend erwartet hatte. Das Ehepaar war kinderlos, also hätten sie nach dem gepflegten Abendessen ein wenig ferngesehen oder sich anders entspannt, wie es Menschen tun, die sich ihren luxuriösen, kinderfeindlichen Wohnraum teilen.
    »Ist mein Mann jetzt verhaftet?«
    »Nein«, sagte Nina, »noch nicht.«
    »Dann brauchen wir Ihre Gegenwart also nicht länger zu dulden.«
    »Sie könnten uns zum Gehen auffordern, was allerdings zur Folge hätte, dass die Polizei Sie festnehmen müsste, damit wir uns anderswo unterhalten können. Wie ich die Burschen kenne, würden sie dazu diese großen Scheinwerfer einsetzen, die auch in die Fenster der Nachbarn strahlen.«
    »Wenn die Polizei Grund hätte, das zu tun, wäre es schon längst geschehen.«
    »Mrs. McCain, sind Sie Rechtsanwältin?«
    »Nein, ich arbeite beim Fernsehen.«
    Irgendetwas in der Stimme oder im Verhalten der Frau sorgte für einen Temperaturanstieg in Ninas Gehirnzellen. Sie wandte sich zu der Polizeibeamtin, die neben der Tür stand. Die nicht sehr große, aber kräftige Beamtin schaute regungslos in den Flur. Ihre Stirn sah wegen des straff nach hinten gekämmten und zum Pferdeschwanz gebundenen Haars so hart aus, als könnte sie damit eine Nase wie Wachs eindrücken oder Wände durchstoßen.
    »Was sagt man dazu«, bemerkte Nina. »Die Dame arbeitet beim Fernsehen. Wirklich cool.«
    »Mag sein«, sagte die Polizistin und blickte weiter starr geradeaus.
    Nina zuckte mit den Achseln und wandte sich wieder an Mrs. McCain. »Officer Whalen ist bekannt dafür, dass sie selten etwas beeindruckt. Ich finde dagegen, dass Fernsehen etwas Tolles ist. Alles ist so sagenhaft gut gemacht.«
    »Es ist ein Beruf wie jeder andere.«
    »Aber doch ein so wichtiger Beruf. Ein Freund von mir, er heißt Ward, vertritt die Ansicht, dass Fernsehproduzenten die neuen Priester sind, und ihre Arbeit bestehe darin, zwischen dem Mann auf der Straße und der himmlischen Sphäre jenseits der Mattscheibe zu vermitteln. Sage das Richtige, komme richtig rüber und schon bringen sie dich in eine Reality-Show oder eine Seifenoper, zappen dich geradewegs zu den Emmys zur Rechten Whoopi Goldbergs. Fühlen Sie sich manchmal als Priesterin?«
    »Ich weiß wirklich nicht, wovon Sie sprechen.«
    »Nichts für ungut. Ich verstehe Ward auch nicht immer. Ich wollte damit nur sagen, dass Sie es jetzt als Anwältin leichter hätten. Ist Ihnen die Lage wirklich klar?«
    »Das denke ich schon.«
    »Wie Sie wissen, ermitteln wir im Mordfall Jessica Jones, einer Frau, die am Mittwochmorgen tot aufgefunden wurde. Sie wissen auch, dass Jessica ein Cam Girl war und dass Ihr Mann ein Abonnent ihrer Internetseite war.

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