Engel für den Duke
Leute mischen“, sagte Lily, denn Loomis hatte das Gespräch mit der reichen Witwe beendet und suchte möglicherweise nach Tsaya. Sie blieb stehen, um Lord Nightingale und seine Gemahlin zu begrüßen, dann klopfte ihr jemand auf die Schulter.
Lily drehte sich um und sah Royals Tante Agatha, Lady Tavistock, hinter sich stehen, als wäre sie aus dem Nichts aufgetaucht. „Ein Wort unter vier Augen, meine Liebe?“
Ein Anflug von Unbehagen erfasste Lily. „Wie Sie wünschen“, sagte sie mit einem etwas schwereren Akzent als gewöhnlich.
Lady Tavistock führte sie ein Stück weit weg, wo niemand sie hören konnte. „Das ist ein sehr schönes Kostüm, meine Liebe, aber ich frage mich, warum Sie es tragen?“
Lily wurde schwindelig. War es möglich, dass die Dowager Countess sie erkannt hatte?
Sie holte tief Luft und versuchte zu bluffen. „Ich fürchte, ich weiß nicht, was Sie meinen.“
„Nun, ich bin ganz sicher, dass Sie das wissen, meine Liebe, und ich möchte gern erfahren, welchen Unsinn mein Neffe sich ausgedacht hat, der es erforderlich für Sie macht, sich als Wahrsagerin zu verkleiden.“
Zum Glück erschien in diesem Augenblick Lord Wellesley. Er lächelte Lady Tavistock an. „Wie ich sehe, haben Sie Madam Tsaya bereits kennengelernt. Sagt sie Ihnen eine glückliche Zukunft voraus?“
„Sie sagt voraus, dass mein Neffe sich in Schwierigkeiten befindet. Da ich davon ausgehe, dass Sie und seine übrigen Freunde ebenfalls in diese Angelegenheit verwickelt sind, erklären Sie mir bitte genau, was hier los ist und warum Royal diese reizende junge Frau in einen seiner tollkühnen Pläne hineingezogen hat.“
Über den Kopf der alten Dame hinweg sah er Lily an, dann fasste er die alte Dame sanft am Arm. „Kommen Sie mit mir, Mylady. Möglicherweise werden Sie es missbilligen, aber wenn Sie es erst gehört haben, werden Sie uns vielleicht sogar helfen wollen.“
Er warf Lily einen Blick zu, als wolle er sagen: Was könnte ich sonst tun? Und damit führte er die Countess davon. Lily seufzte erleichtert, dass sie dieses Problem nicht lösen musste, und wäre um ein Haar mit Preston Loomis zusammengestoßen, dessen hellblaue Augen zu leuchten schienen.
„Ich habe sie getroffen, Tsaya. Die alte Frau, von der Sie mir erzählten.“
Lily nahm sich zusammen und nickte ernsthaft. „Es war vorherbestimmt. Ich habe es gesehen – wie ich es manchmal tue.“
„Ich möchte Sie treffen“, sagte Loomis. „Wann ist das möglich?“
Da war es. Es geschah, genau, wie sie es geplant hatten. Sie runzelte die Stirn, als müsse sie darüber nachdenken, wann sie Zeit hatte. „Dienstag wäre ein guter Tag.“ Montag war die offizielle Eröffnung ihres Geschäfts, außerdem wollte sie nicht zu eifrig erscheinen. „Sie können in mein Haus am Piccadilly kommen. Um die Mittagszeit.“ Sie gab ihm ihre Adresse, und Loomis nickte.
„Gut. Dienstag. Ich freue mich darauf.“
„Ich kann nicht mit Gewissheit sagen, ob ich Ihnen mehr sagen kann. Aber die Möglichkeit besteht.“
Er lächelte, offensichtlich voller Vorfreude, zwirbelte die Enden seines Schnurrbarts und neigte ein wenig den Kopf. „Bis Dienstag. Einen schönen Abend noch, Madam.“
Es war geschehen. Sie würde damit anfangen, für Loomis finanzielle Vorhersagen zu treffen. Am Anfang würden diese Vorhersagen eintreffen. Am Ende würde Loomis, wenn alles gut ging, eine Lektion erhalten, die ihn teuer zu stehen käme.
Sie blickte dorthin, wo Royal neben Jo gestanden hatte, doch beide waren verschwunden. Ihre Stimmung sank. Waren sie irgendwohin gegangen? Küsste Royal Jocelyn, berührte er sie? Von ihrem zweiten Treffen mit Christopher Barclay hatte ihre Cousine nichts erzählt. War sie seiner schon überdrüssig und sehnte sich bereits nach einem anderen?
Und was war mit Royal? Als Lily sich geweigert hatte, seine Geliebte zu werden, hatte er sich dann einfach der Frau zugewandt, die bald seine Ehefrau werden würde?
Und wenn sie nun zusammen waren, wie sollte sie ihm deswegen einen Vorwurf machen?
Sie sah sich um, aber die beiden waren nirgends zu sehen. Ohne auf die Übelkeit zu achten, die sie empfand, eilte Lily auf den Gang hinaus und zur Dienstbotentreppe im hinteren Teil des Hauses. Sie musste sich umziehen und die Soiree verlassen. Sie würde nicht mehr als Lily nach unten gehen. Da Jocelyn und ihre Eltern an diesem Abend von dem Duke begleitet wurden, hatte Lily Kopfschmerzen vorgetäuscht und war zu Hause geblieben. Nur Tsaya war
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