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Engel im Schacht

Engel im Schacht

Titel: Engel im Schacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Paretsky
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gestattete mir selbst ein bißchen Entspannung. Ich döste sanft ein. Irgendwann wachte ich zitternd im kalten Wasser auf. In der Hoffnung auf ein richtiges Schläfchen, bevor Conrad kam, trocknete ich mich ab und legte mich ins Bett. Aber mein Gehirn weigerte sich, Ruhe zu geben, und folgte immer wieder den gleichen trüben Wegen, die es gegangen war, seit ich Morris verlassen hatte. Wenn ich eine Baustelle von Home Free besichtigen könnte, wüßte ich vielleicht, warum sie ein solches Geheimnis daraus machten. Wahrscheinlich ging es um minderwertiges Material, und sie bestachen die Inspektoren der Baubehörde. Aber nein, rief ich mir unruhig ins Gedächtnis, es war ja die Century Bank, nicht die gemeinnützige Einrichtung, die die Omertä im Rathaus ausgelöst hatte. Vielleicht sollte ich also direkt ins Rathaus oder zu Dodge Reports gehen und nachschauen, ob Home Free in letzter Zeit eine Genehmigung bekommen hatte. Morgen war Sonntag; ich würde die Akten erst am Montag einsehen können. Außerdem waren die Projekte nach Bauunternehmen geordnet, nicht nach Bauträgern. Und ich wußte nicht, wie das Bauunternehmen hieß. Als ich mich wütend hin und her wälzte, fiel mir plötzlich der kräftig gebaute Mann ein, der so erregt gewesen war bei meinem ersten Besuch im Büro von Home Free. Gary Irgendwer. Vielleicht kannte Camilla ihn. Sie wollte ausgehen und war bester Laune - schließlich hatte sie eine Woche harter Arbeit hinter sich, hatte erst vor kurzem einen Typ kennengelernt, den sie gut leiden konnte, und Phoebe hatte Lamia grünes Licht für die Materialbestellungen gegeben. Sie war bereit, unser letztes unerfreuliches Gespräch zu vergessen und sich zwischen Tür und Angel mit mir zu unterhalten.
    »Dann fangt ihr also in zehn Tagen mit der Arbeit an - prima«, sagte ich. »Conrad und ich trinken ein Glas Champagner auf euch ... Kennst du andere Bauunternehmen, die für Home Free arbeiten? Ich hab' da mal einen Typ gesehen, einen Gary Irgendwie, der aussah, als könnte er mit bloßen Händen Rindersteaks auseinanderreißen.« »Das ist Gary Charpentier. Der sieht wirklich ziemlich wild aus. Ich glaube, er hat sich Hoffnungen auf unseren Auftrag gemacht und es Jasper ziemlich krummgenommen, daß er ihn uns gegeben hat. Dieser Jasper Heccomb ist ein sehr charmantes Bürschchen. Auf den könnte ich glatt mal ein Auge werfen, aber dann macht seine Sekretärin sicher Hackbraten aus meinem Busen.«
    Ich lachte. »Das würde sie wahrscheinlich schon, wenn sie wüßte, daß du bloß an so was denkst. Sie hätte mich fast umgebracht, als ich angedeutet habe, daß er sich mit Phoebe Quirk trifft.«
    »Meinst du wirklich? Mit Phoebe? Ich hab' sie noch nie zusammen mit einem Typ gesehen - ich hab' mich immer gefragt, ob sie Frauen lieber mag.« »Ich glaube, am liebsten mag sie Geschäfte machen.«
    Camilla lachte und legte auf. Phoebe hatte ihre Ziele immer ziemlich rücksichtslos verfolgt, wenn sie sich etwas in den Kopf gesetzt hatte. Sollte sie sich jemals einen Liebhaber suchen, egal welchen Geschlechts, würde sie den mit Sicherheit innerhalb einer Woche auspowern.
    Ich knipste die Nachttischlampe an und schlug den Namen Charpentier im Branchentelefonbuch unter »Bauunternehmen« nach. Da war er ja. Seine Geschäftsadresse war in Des Piaines. Am Montag konnte ich ins Rathaus fahren und nach schauen, welche Genehmigungen er in letzter Zeit beantragt hatte. Ich zog eine Jeans und ein T-Shirt an und setzte Wasser für Nudeln auf. Als Conrad klingelte, war das Essen fertig. Wie eine brave kleine Hausfrau, die ihren Mann nach einem harten Tag in den Minen der Unterwelt begrüßte.
    »Jetzt bin ich dir ganz und gar ausgeliefert, Baby«, meinte Conrad zur Begrüßung. »Der Alte inspiziert mich sowieso jedesmal, wenn ich komme, aber jetzt hast du da auch noch so einen Rotzlöffel stehen, der den Gehsteig bewacht. Wo hast du denn den her? Aus dem Kindergarten?«
    Ich verzog das Gesicht. »Tja, so ähnlich. Sein Vater ist in diesen schwierigen Zeiten mein einziger zuverlässiger Klient. Ich soll eine Einrichtung finden, in der der Junge seine gemeinnützige Arbeit verrichten kann. Vielleicht könntet ihr in eurem Förderverein für afroamerikanische Polizisten noch einen Freiwilligen brauchen.« Conrad hob die Augenbrauen. »Ich würde ja liebend gern so einen Grünschnabel in seine Schranken verweisen. Nervt er dich, oder hast du's gern, wenn er dich anhimmelt? Soso, das Mädchen wird rot. Vielleicht sollte ich dem

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