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Engel im Schacht

Engel im Schacht

Titel: Engel im Schacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Paretsky
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mich um und winkte ihnen aufmunternd zu. Dann sah ich, wie ein neuerer Bronco neben dem Betonmischer hielt.
    Der Vorarbeiter sah ihn ebenfalls. Er eilte hinüber, als Gary Charpentier ausstieg. Der Bauunternehmer brüllte ihm etwas zu. Ich war zu weit weg, um die Worte zu verstehen, aber offenbar handelte es sich um die Anweisung, mich zurückzuholen, weil der Vorarbeiter mir jetzt nachrannte.
    Charpentier folgte ihm so schnell, daß er sich nicht mal mehr die Zeit ließ, die Wagentür zu schließen. Jetzt war meine Nonchalance nicht mehr angebracht. Ich sprang über Betonblöcke und versuchte, auf die glatte Grasfläche zu gelangen, die an die Eiston Avenue grenzte. Ein paar Schritte vom Gehsteig entfernt hörte ich Pfeifen und einen Knall.
    Ich ließ mich zu Boden fallen, bevor mir noch ganz bewußt war, daß die Schweine schössen. Ich landete auf einem Ziegel, und mir blieb die Luft weg. Schmerzlich japsend drehte ich mich auf eine Seite und fischte in der Innenseite meiner Jacke nach der Smith & Wesson. Ich entsicherte und zielte auf den Vorarbeiter, schoß aber noch nicht, weil ich keinen von der Mannschaft treffen wollte. Als der Cowboy noch einen weiteren Schuß abgab, rollte ich so lange auf dem Boden weiter, bis ich zu einem Betonblock gelangte, der groß genug war, um mir wenigstens ein bißchen Schutz zu gewähren.
    Charpentier hatte den Cowboy mittlerweile eingeholt und senkte den Arm mit der Waffe. Ich setzte mich auf und zielte mit meiner Pistole deutlich sichtbar auf die beiden. Charpentier stolperte zu mir herüber, der Cowboy hinter ihm her.
    »Was zum Teufel machen Sie hier?« Er beugte sich so weit zu mir vor, daß ich seinen feuchten Atem auf meinem Gesicht spürte.
    Ich rappelte mich hoch und wischte mir die Wangen mit vorwurfsvollem Gesicht ab, bevor ich etwas sagte. »Genau das wollte ich Sie gerade fragen. Wieso schießt dieser wildgewordene Affe auf Leute?«
    »Sie haben unbefugt eine private Baustelle betreten.« Er platzte fast vor Wut.
    »Steht nirgends was. Und selbst wenn, welches Recht gibt das dieser Hyäne, auf mich zu schießen?«
    »Ich hab' ihr gesagt, sie soll verschwinden«, sagte der Cowboy. »Sie wollte wissen, ob das hier eine Baustelle von Home Free ist. Ich hab' ihr gesagt, sie soll sich um ihre eigenen Angelegenheiten kümmern.«
    »Und ich wollte gerade gehen. Das hätte Sie doch eigentlich freuen müssen. Wieso ballern Sie dann noch wie wild in der Gegend rum?«
    »Ich hab' ihm gesagt, daß er Sie aufhalten soll«, antwortete Charpentier. »Ich habe mit meiner Frau telefoniert, und die hat mir gesagt, Alec Gantner hat ein Mädchen mit ein paar Dokumenten vorbeigeschickt, die ich unterschreiben soll. Also habe ich mich bei Gantner gemeldet - um mich zu entschuldigen, daß sie mich nicht angetroffen hat. Aber er hat gesagt, er hat niemanden geschickt. Ich möchte wissen, was Sie hier zu suchen haben, warum Sie meiner Frau die Adresse der Baustelle rausgekitzelt haben. Das ist mein gutes Recht.«
    Ein paar der Männer hatten sich in der Zwischenzeit hinter ihm versammelt, immer noch mit den Werkzeugen in den Händen. Was würde wohl passieren, wenn der Cowboy ihnen Anweisung gab, sich auf mich zu stürzen?
    »Ich zahle Steuern hier in Chicago. Ich habe ein Recht, Chicagoer Straßen zu benutzen, ohne mich vor Ihnen zu rechtfertigen.«
    Charpentier hob die Hand, um mich zu schlagen, sah, daß die Männer zuschauten, und überlegte es sich anders. »Sie haben kein Recht, meine Frau zu belästigen. Außerdem ist das hier Privatgrund. Auch in Chicago so llte das noch was bedeuten.«
    »Was versuchen Sie hier zu verstecken? Wenn das alles so privat ist, warum stellen Sie dann keine Schilder auf?«
    »Sie sagt, sie möchte investieren«, teilte der Cowboy Charpentier mit. »Ich hab' ihr gesagt, wenn sie einen Boß mitbringt, kann sie sich hier umschauen.« Charpentier starrte mich an. »Hab' ich Sie nicht schon mal gesehen?... Doch. Sie sind die Detektivin, die Jasper Heccomb bei Home Free ständig auf den Keks geht. Soso.« Er wandte sich an den Cowboy. »Sie ist wertvoll, Anton. Behandle sie wie einen Goldbarren.«
    »Ist das die Warshawska?« Anton verwendete die polnische Form. »Warum... « Er deutete mit der Waffe auf mich.
    Charpentier verzog die Lippen zu einem unangenehmen Lächeln. »Weil jetzt nicht der richtige Zeitpunkt ist. Verschwinden Sie, Detektivin. Aber ich sage Jasper, daß Sie uns beehrt haben.«
    Ich drehte mich um und ging langsam zur Straße. Unter den

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