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Engel im Schacht

Engel im Schacht

Titel: Engel im Schacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Paretsky
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erinnern, aber bevor ich sie reinlasse, muß ich sicher sein, daß Sie dazu imstande sind. Würden Sie mir also bitte Ihren Namen sagen?« »Ich habe eine Kopfverletzung, stimmt's?« Ich runzelte die Stirn und versuchte, mich daran zu erinnern, was passiert war. »Die Fragen stellen sie immer bei Kopfverletzungen, aber ich weiß nicht mehr, was passiert ist. Ich denke die ganze Zeit, daß es was mit Falken zu tun hatte. Das liegt an den Augen.«
    Jetzt bemerkte ich den Eisbeutel, der zwischen meinem Kopf und dem Kissen steckte. Ich tastete vorsichtig mit dem Finger meinen Schädel ab, um zu fühlen, was unter dem angenehm kühlen Gefühl lag: eine empfindliche Beule, vielleicht so groß wie eine Honigmelone. Mein Arm tat mir weh an der Stelle, an der ich darauf gelandet war. Die Schwester bestätigte mir geduldig, daß ich eine Kopfverletzung hatte, und fragte mich noch einmal nach meinem Namen. Ich gab ihr nicht nur Antw ort auf diese Frage, sondern nannte ihr auch das Datum und den Namen des Präsidenten. Wenn er eine Kopfverletzung hätte, müßten sie ihn zur Beobachtung dabehalten, weil er sicher nicht wüßte, wer ich war. Nachdem ich der Schwester diese Schlußfolgerung vorgetragen hatte, lächelte sie und sagte, sie würde den zuständigen Arzt holen und den Leuten von der Polizei sagen, daß sie mir ein paar Fragen stellen könnten.
    Das Licht tat mir in den Augen weh, also machte ich sie zu und döste ein bißchen, bis ich eine Stimme nahe bei meinem Kopf hörte.
    »Ms. Warshawski... Die Schwester hat gesagt, Sie sind wach. Wie fühlen Sie sich?« Ich kannte die Stimme, konnte sie aber nicht zuordnen. Als ich den Kopf drehte, um mich ihr zuzuwenden, schoß mir ein spitzer Schmerz durch den Körper wie ein Blitz und nahm mir den Atem. Die kupferfarbenen, glatten Haare, das starre, maskenhafte Gesicht - doch die Maske hatte sich ein wenig verschoben, und darunter war Mitleid zu erkennen -, ich wußte, wer sie war, aber ihr Name fiel mir nicht ein. »Ich kenne Sie. Sie arbeiten mit Terry Finchley zusammen.« Vor Hilflosigkeit mußte ich fast weinen.
    »Verkrampfen Sie sich nicht«, sagte die Schwester von der anderen Seite. »Sie erinnern sich besser, wenn Sie versuchen, sich zu entspannen.«
    »Ich bin Mary Louise Neely. Officer Calley hat mich begleitet, um Notizen zu machen.« Sie deutete auf einen Uniformierten, der in dem Spalt zwischen den Vorhängen stand, hinter denen der Flur lag. »Können Sie reden?«
    »Ich weiß nicht mehr, was passiert ist«, antwortete ich. »Ich dachte, es sind Falken. Jetzt sehe ich, daß sie Kapuzen getragen haben. Und ihre Augen glänzten hinter den Kapuzen.«
    Mary Louise Neely sah die Schwester stirnrunzelnd an. »Sind Sie sicher, daß sie in Ordnung ist? Sollten wir nicht lieber einen Arzt holen?«
    »Das waren Schläger. Schläger mit Kapuzen.« Ich fing an zu schluchzen. »Schläger. Sie haben sich auf mich gestürzt. Ich hab' gedacht, ich bin vorsichtig, aber sie haben mir im Treppenhaus aufgelauert.«
    Ich kämpfte gegen die Tränen, denn das Weinen verschlimmerte das Pochen in meinem Kopf. Die Schwester brachte mir Wasser. Beim Schlucken taten mir die Rippen weh. Vielleicht hatte ich mir beim Fallen etwas gebrochen - wo war ich gestürzt, auf der Treppe oder im Hof? Ich versuchte, meine Erinnerungen zu sortieren. Ich war zweimal hingefallen, genau: einmal auf der Baustelle und dann die Treppe runter? Nein, jemand war auf mich draufgefallen, deshalb fühlten sich meine Knochen an, als wären sie erst vor kurzem in einen Betonmixer geraten.
    »Ich hab' geschossen«, erinnerte ich mich plötzlich wieder. »Hat Mr. Contreras ...« »Er ist mit den Hunden rausgekommen, um nachzusehen, was los ist. Einer von den Typen hat ihm eine Pistole an den Kopf gehalten und ihm gesagt, er soll die Hunde zurückrufen und wieder in seiner Wohnung verschwinden. Der eine hat sich um Ihren Nachbarn gekümmert, während die anderen beiden Ihre Wohnung durchsucht haben. Deswegen waren sie gekommen, nicht, um Sie umzubringen. Als sie fertig waren, sind sie wieder verschwunden. Mr. Contreras hat uns benachrichtigt und ist dann auf den Flur, um Ihnen zu helfen, aber Sie hatten in der Zwischenzeit das Bewußtsein erlangt und saßen in Ihrem Wohnzimmer. Die Beamten wußten nicht so recht, was sie mit Ihnen anfangen sollten, aber zum Glück hatte der alte Mann bereits den Notarzt gerufen.«
    Ich schüttelte den Kopf, eine winzige Bewegung, die mich so schmerzte, daß ich mich fast übergeben

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